AW: Vom Verschwinden der Kindheit
Ein sehr interessanter Beitrag Corsario, besonders wenn man bedenkt, dass Du selbst Pädagoge bist.
Eigentlich verschwinden ja nicht die Kinder aus Städten, Dörfern, Wäldern, Felder und Fluren. Es gibt nur nicht sehr viele Berichte aus dem Leben von Kindern, die auch viele Erwachsene erreichen würden.
Je nachdem, wie man seine eigene Kinderzeit erlebt hat, erinnert man sich entweder gerne daran zurück oder man verdrängt vieles im späteren Leben.
Ich gehöre zu jenen, die sich gerne zurückerinnern (obwohl nicht immer alles rosarot war) und ich suche diese Stimmung auch in meiner Lektüre. Nicht umsonst ist Hermann Hesse mein Lieblingsautor, und mein Lieblingsbuch "Aus Kinderzeiten".
In meiner Ortschaft ist das Thema Kind immer wieder, und gerade jetzt sehr aktuell. Es wurde eine neue Musikschule gebaut und sie wird morgen feierlich eröffnet. Mein erster Impuls dazu war, dass ich mich sehr für die Kinder gefreut habe. Denn das wäre mein Traum gewesen, etwas mehr mit Musik zu tun zu haben. Für meinen Geschmack hätten wir ruhig öfters etwas gemeinsam in der Schule singen können, oder mehr Musik hören. Leider muss ich sagen, dass meine Lehrer in dieser Richtung nicht sehr viel für uns Kinder taten (mit einer einzigen Ausnahme).
Eine Lehrerin z. B. ertrug es nur sehr schlecht wenn jemand einen anderen Musikgeschmack als die Klassik hatte. Alle anderen Stilrichtungen wurden abgewertet und geringschätzig beurteilt. Auch der natürlichste Weg eines Kindes, die gehörte Musik (z. B. Schlager) nachzuahmen/-singen wurde und wird abgewertet und als "schlecht" eingestuft. Die Kinder hätten noch nicht die Stimmlage für solche Vorbilder, heißt es lapidar (die Begeisterung für Melodien spielt keine Rolle).
Nun ist es soweit, heute ist mir eine Schar Kinder in Festkleidung entgegengekommen, auf dem Weg zum neuen Musikhaus. Das Motto steht auch schon irgendwie fest: Volksmusik muss es sein! Was auch sonst? So haben gute Kinder Musik zu verstehen, oder nicht?
Von Kinderliedern (Chören) habe ich überhaupt nichts gelesen.
Nun weiß ich nicht mehr so recht ob ich mich nun für die Kinder freuen soll (dass sie das, was ich nie hatte, bekommen), oder mehr enttäuscht sein soll (dass schon wieder eine Zielrichtung vorgegeben wird, anstatt kindliche Neugier und Lebensfreude zu befriedigen)?
Nun gut, vielleicht bin ich auch etwas zu pessimistisch; man wird sehen und hören ("aufhOHRchen"), was dabei herauskommt.
Grüße von FirstDay.