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Auf Thema antworten

Bewusst habe ich mich bei dieser anregenden Diskussion etwas zurückgehalten, denn ich hatte plötzlich die Befürchtung, das Thema zu sehr mit den Aspekten zu belegen, die ich mit dem Begriff virtuell verbinde.


Da nun seit einiger Zeit hier Stille herrscht, melde ich mich wieder zu Wort.

Vor mir liegen allerhand Notizen die ich mir zum Thema vor einigen Monaten gemacht habe. Das damals Aufgezeichnete geht in so vielen Richtungen, dass ich mich für das eine oder das andere entscheiden muss.


Da wäre zum Beispiel die Metapher, die eine grosse Rolle spielt im Virtuellen. Denn sie ist es die uns erlaubt, einen Bezug zur Realität herzustellen. Durch das Benutzen der metaphorischen Bilder, wandeln wir manches um, belegen das Beschriebene, mit der Bedeutung des Bildes welches wir als Vergleich einsetzen.


"Mit Hilfe der Metaphern gelingt es den Menschen, neue Verbindungslinien im Denken zu finden und Erfahrungsareale zueinander in Beziehung zu setzen. Metaphern durchdringen Denkgewohnheiten und kognitive Festschreibungen, indem sie neue Sichtweisen denkbar und erlebbar werden lassen. Sie stellen Zusammenhänge dort her, wo sie bislang nicht gesehen wurden. Mit Hilfe der Metaphern erschließen sich die Menschen Bereiche, die ihnen unvertraut, ungewohnt und unverständlich sind. Sie können das Neue „sehen als ...“. 


Metaphern ermöglichen es auch, unterschiedliche Elemente und Szenen aus verschiedenen Welten und Kontexten aufeinander zu beziehen. So können Gegebenheiten in der einen Welt für Elemente und Szenen in einer anderen eine stellvertretende Bedeutung annehmen. Es erscheint, „als ob“ das eine dem anderen gliche, weil es durch das menschliche Denken möglich ist, Beziehungen zwischen unterschiedlichen Erlebensbereichen herzustellen. Die kognitive Fähigkeit des Menschen besteht darin, Ähnlichkeitsbeziehungen herzustellen, die von den Oberflächenphänomenen absieht und unterhalb der Oberfläche strukturelle Gemeinsamkeiten aufspürt."


(Auszug aus einem sehr langen Text mit dem Titel :"Wie virtuelle Welten wirken":


www.bpb.de/publikationen/F9RBMC,0,0,Wie_ virtuelle_Welten_wirken.html - )


Ich aber musste heute sehr lachen, als ich sah, dass auch der arme Orpheus so unterschiedlich als Metapher benutzt werden kann.

Während ich sein Missgeschick benutze um zu warnen vor den Gefahren der Übertragung des Virtuellen ins Reale, finde ich Orpheus ganz anders - doch auch metaphorisch - eingesetzt:


Gegen die vorherrschende repressive Rationalität stellt Marcuse eine ästhetische Vernunft. Der Sänger Orpheus ist ihm mytisches Sinnbild für die Wärme einer anderen, nicht repressiven Vernunft. Orpheus' Sprache ist Gesang und durch ihn verbidet er sich einfühlsam mit Mensch und Tier. Sein Spiel, seine Kunst erinnert uns an unsere wahren Bedürfnisse.

"Selbst wenn wir erkennen, dass die Opposition nicht hilft, müssen wir weitermachen" meinte Marcuse. "Wir müssen weitermachen, wenn wir doch als Mensch arbeiten und glücklich sein wollen, und im Bündnis mit dem System können wir das nicht mehr!"   Und weiter sagt Marcuse:

"Es gibt keine freie Gesellschaft ohne Stille, ohne inneren und äußeren Bereich der Einsamkeit, in dem sich die individuelle Freiheit entfalten kann. In der Stille hören wir wieder das Versprechen des Orpheus".


http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/78481/index.html


Hätte ich gewusst, dass Orpheus schon von einem Marcuse bemüht wurde, da hätte ich mich natürlich nicht an diese mythologische Figur herangewagt. Aber ich tat es in aller Unschuld.

Und stelle nun fest: während ich in meinem kleinen (virtuellen) Universum vor dem Scheitern warne, sagt uns Marcuse, dass wir dies auch in Kauf nehmen sollten.

Denn was bleibt, ist die Hoffnung und das Versprechen des Orpheus.


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