Verbrechen im Kapitalismus
So hätte der andere Thread lauten müssen.
Diesen schließe ich von mir aus ab, wenn sich kein sachdienlicher Beitrag mehr ergibt. – Was in dem anderen Thread „Verbrechen des Kapitalismus“ aufgelistet wurde, krankte von Anbeginn an schweren Mängeln, deren wichtigste waren:
1. Es wurde nicht erkannt (oder wollte nicht erkannt werden), dass Kap. ein System, eine als sinnvoll gedachte Ordnung menschlichen Zusammenlebens ist; eine systemimmanente Diskussion wurde nicht geführt, konnte vielleicht auch nicht, weil das ohne ein Minimum an wirtschaftstheoretischen Kenntnissen kam möglich ist. Dies ist keine Kritik an den Diskutanten als Person, sondern nur eine sie sogar entschuldigende und rechtfertigende Feststellung.
2. Völlig ignoriert wurde, dass alle Gebrechen, die angeblich dies System verursacht, Folge dessen sind, dass seine Bedingungen nicht eingehalten wurden: Nahrungsmittelvernichtung, Imperialismus, Verschuldung der Armutsländer sind Ergebnisse machtpolitischen Handelns (einschl. der Selbstverschuldung besonders der afrikanischen Staaten), haben aber mit dem Kap. herzlich wenig zu tun. Er braucht nicht nur keinen Krieg, er will keinen, weil er mit reichen Nationen besser handeln kann als mit kriegerisch verarmten
3. Zölle, Einfuhrbeschränkungen sind schwere systemwidrige Eingriffe in die Funktionsgesetze der marktwirtschaftlichen Ordnung. Die EU erhebt auf Agrareinfuhren aus Drittländern einen Zoll von 19% (USA: 9%) zum Schutze ihrer Landwirtschaft. Hätten wir Kap. pur betrüge der Zoll 0%, und wir könnten uns die gesamte Entwicklungshilfe sparen.
4. Der Kap. wurde in dem zitierten Thread zum Mülleimer all dessen, was wir verabscheuungswürdig finden. Differenzierung unterblieb, es fehlte nur noch, dass auch fremdenfeindliche Anschläge (natürlich, was etwa sonst?) Ausgeburt des verbrecherischen Kapitalismus seien. – Absoluter Tiefpunkt war die Behauptung, dass gerade die Prostitution zeige, wie der Kap. die Frau zum Marktwert degradiere. Das mit dem Marktwert stimmt sogar, nur diesen Markt gab es bereits im alten Ägypten um 2900 a.C. (!). Sollte der Kap. schon 5000 Jahre alt sein? Donnerwetter, dann hat er sich ja lange und gut gehalten.
5. Ignoriert wurde ferner, dass kommunistische Machthaber Mordbefehle erteilten, Millionen versklavten, ihre Funktionäre Unschuldige töteten. Bitte, wo und wann haben Kapitalisten, also die Eigentümer von Produktionsmitteln Menschen erschossen, Mordbefehle erteilt? Toten kann man nichts mehr verkaufen, der Kapitalist ist im ureigensten Interesse an Lebenden interessiert, nicht an Toten, Sterbenden und Armen. Einer der vielen Grundirrtümer Marxens ist ja die These, der Kap. brauche die Arbeitslosen als „industrielle Reservearmee“. Eben nicht: Nie sind die Gewinne höher, die Firmenzusammenbrüche geringer, das Umsatzwachstum größter als in Zeiten der Vollbeschäftigung wie wir sie in der BRD von 1953 bis 1965 hatten, als der Sozialdemokratismus noch nicht seinen Siegeszug angetreten hatte – und Staatsschulden gab’s auch keine.
6. Und schließlich wurde der Thread missbraucht, um die kommunistischen Verbrechen zu relativieren. – Wehe, jemand hätte eine solche Relativierung für den Nationalsozialismus versucht, er wäre wahrscheinlich sofort aus dem Forum exmatrikuliert worden – zurecht übrigens. Aber den Kommunismus irgendwie doch ein wenig zu säubern, ist seinen Anhängern kein Argument zu billig.
Abschießend bitte ich, sich einmal zu fragen, warum weltweit alle mehr oder weniger am Kapitalismus orientierte Staaten leben, meistens sogar blühen und aufblühen aber bis auf Nordkorea und (noch) Cuba alle kommunistisch/sozialistischen zugrunde gegangen sind? Sollte der Kapitalismus sich – evolutionstheoretisch – als das überlebensfähigere System im Sinne „survival of the fittest“ erwiesen haben?!
Mit Abschiedsgruß - Ziesemann