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Tanja Krienen

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Der schöne rote Sportwagen war sein ganzer Stolz, als dieser stämmige Junge im Sandkasten das Miniaturauto ergriff, und behauptete, es sei seins. Die Balgerei zwischen den Jungen beendete die Kindergärtnerin, in dem sie dem anderen das Spielzeug überließ, und verkündete, Streit wäre dem gemeinsamen Miteinander nicht dienlich.

Der bunte Tornister mit den lustigen Bildern, war in der Grundschule sein Ein und Alles, bevor ihn der Große aus der vierten Klasse eines Tages in den Bio-Teich warf, auf den die ganze Schule so stolz war. Einen neuen Ranzen bekam er nicht, der alte, nun kaputte, sei noch zu gebrauchen, so aufgeschwemmt, so blass die Farben der Figuren auch seien, erklärte der Lehrer mit den Ärmelschonern und dem Backenbart.

Weil er nie besonders gut sehen und hören konnte, sah er es als Notwendigkeit an, während des Studiums einen der vorderen Plätze im Hörsaal zu ergattern. Er schwieg, als ihn der muskulöse Mädchenschwarm nach der Vorlesungspause „bat“, er möge doch nach hinten verschwinden. Dort wurde er zum vortrefflichen Kenner der rückwärtigen Haarschöpfe seiner Mitstudenten.

Jeder, der ihn kannte, bewunderte ihn ob seiner Frau; jeder, der ihn kannte, war aber auch überrascht, warum sie ausgerechnet mit ihm vorlieb nahm. Als mehrere Freunde seine Frau besser kannten als er, und sie besonders einen so gut kannte, dass sie eines Tages bei ihm blieb, zahlte er die Scheidungskosten allein, und auch Unterhalt für ihr gemeinsames Kind, das er nur im ersten Jahr einmal pro Woche sehen durfte, ehe sie ihm auch das per Gerichtsbeschluss verbat.

Als er wieder einmal einen roten Sportwagen besaß, drängte ihn ein anderer Autofahrer ein wenig von der Fahrbahn, doch so genügend, dass er die Kontrolle über seinen Wagen verlor, die Leitplanke durchbrach, und erst an einem stählernen Windrad zum Stehen kam. Weniger bedeutend als der Fakt, dass der Täter nicht gefasst werden konnte, und der Wagen nur noch Schrottwert besaß, war die bedauerliche Tatsache, dass ihm von nun an keine Beine mehr zur Fortbewegung zur Verfügung standen.

Wenig später war es der forsche, und sehr junge, neue Kollege, der in der Firma seinen bisherigen Arbeitsplatz nicht nur während der Unfallvertretung übernahm. Weil nicht überall eine Behindertenquote Flexibilität behindern sollte, war das Angebot, eine Abfindung über sechs Monatslöhne zu erhalten, eines der Pflaster, denen man das Wort „Trost“ voranstellen muss, aber ihm nicht mal das spendete.

Die drei Flaschen Whiskey, die er kaufte, um sich zu Tode zu trinken, wurden ihm von zwei Jungs gestohlen, als er sich gerade umständlich aus dem Rollstuhl hochstemmte. Seine später angeschnallten Prothesen gaben ihm immerhin die Möglichkeit, bis zum Balkon vorzudringen, von dem er sich – angesichts des fehlenden Alkohols – nun zur Wahrnehmung einer scheinbar guten Alternative, kopfüber nach unten stürzte.

In der Leichenhalle lag er nun sicher, sieht man von den beiden Goldzähnen ab, die ihm jemand kurz vor der Einäscherung aus dem Kiefer brach. Nachdem seine Asche durch einen plötzlich Luftzug den Weg in die Urne nicht fand, und spielende Kinder seine Kränze und Schleifen nach der Trauerfeier in Brand setzten, stellte er auf dem Weg nach oben fest, dass man vergessen hatte, ihm zwei Flügel umzuschnallen. So stürzte er in die Hölle. Sie war ihm sogleich vertraut.


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... als er aber nach der ersten Nacht in der Hölle erwachte, war sie wunderschön, genau so schön wie er sich den Himmel immer vorgestellt hatte, und wieder hatte er die Arschkarte, denn er begann endlich, an sich selbst zu zweifeln ...
 
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