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Unser Recht uns zu entscheiden




Céline, da hast du mich missverstanden.

Ich bin, wie ich auch schon schrieb, sehr wohl dafür einen Menschen daran zu hindern, sich sein Leben zu nehmen. Das betrifft aber den Akt selbst, also den Moment, in dem er es versucht.

Ich halte es jedoch für Unrecht, einen Menschen zu einer Therapie zu zwingen, selbst wenn sein Leben in Gefahr ist. Das ist es, worum es mir geht. Die Entscheidungsfreiheit dann zu wahren, wenn es darum geht, mir meine Medizin und meine Behandlung selbst auszusuchen. Das muss doch das Recht eines jeden Menschen sein, meine ich.

Es mag nun tatsächlich ein Widerspruch sein, wenn ich zum einen die Entscheidungsfreiheit eines Depressiven wahren will, ihn aber zugleich am Selbstmord hindern würde. Diesen Punkt möchte folgendermaßen erklären: Es geht hier nicht darum, dass ich den freien Willen des Selbstmörders einschränke, sondern darum dass ich meinen freien Willen gegen seinen stelle. Ich könnte es mir nie verzeihen, dass ich einen Menschen nicht daran hindere, wenn er sich vor meinen Augen das Leben nimmt. Würde ich ihn nicht daran hindern, würde ich ja signalisieren, dass es mir egal ist, wenn er stirbt. So ist es aber nicht.

Oft sind Selbstmordversuche auch Hilfeschreie, ein Signal an die Umwelt "Ich brauche Hilfe!". Von dem her sollte es unsere Pflicht sein, Selbstmörder daran zu hindern sich umzubringen. Ich sagte ja auch schon, dass ich das tun würde.


A B E R


Selbstmordabsichten oder Selbstmordgedanken dürfen einen Menschen nicht das Recht nehmen, sich seine Behandlung auszusuchen. Ein potentieller Selbstmörder oder ein Schwerdepressiver hat das Recht eine ärztliche Behandlung abzulehnen. Jeder körperlich Kranke darf das schließlich auch. Warum sollte es ein seelisch Kranker nicht dürfen?

Wie gesagt, ich würde einen Menschen am Suizid hindern, ich würde ihn aber nicht ans Bett schnallen und zu einer Therapie zwingen. Schließlich würde ich auch keinen Krebskranken ans Bettschnallen und zur Chemotherapie zwingen.

Wenn hier jemand der Ansicht ist, man darf Schwerdepressive zur Therapie zwingen, dann soll er mir bitte die Frage beantworten, warum man Krebspatienten dann nicht auch zur Therapie zwingt? Ich rede ja nicht von unheilbar Kranken, die sterben wollen. Sondern von schwer Kranken, die eine Therapie ablehnen.

Das verwechselst du auch, Sunnyboy. Ich spreche nicht von Ärzten, die einem die Todesspritze geben sollen, weil man Depressionen hat, sondern von Ärzten, die einem zur Therapie zwingen, weil man Depressionen hat.

Das ist es übrigens, was eine Zwangseinweisung ist. Sie zwingt dich zur Therapie. Nun frage ich aber: Warum gibt es keine Zwangseinweisungen für Krebspatienten?

Die können auch in Lebensgefahr sein, genauso wie der Depressive, mit den Selbstmordgedanken, werden aber trotzdem nicht zur Therapie gezwungen. Sie werden zu keiner Therapie gezwungen. Sie werden nicht gezwungen.

Der Depressive schon. Er wird gezwungen. Man zwingt ihn zur Therapie. Er wird dazu gezwungen eine Behandlung anzunehmen. Er wird gezwungen, das zu tun, was die Ärzte wollen. Der Depressive schon. Er wird gezwungen. Der Krebspatient nicht. Er darf die Behandlung ablehnen. Beide können womöglich an der Krankheit sterben. Beide sind in Lebensgefahr. Beide haben eventuell Kinder, haben Angehörige, haben Freunde, Verwandte. Beide wollen womöglich die Therapie ablehnen.

Aber nur einer darf. Der andere, der Depressive, der muss zur Therapie, wenn nötig mit Gewalt.


Nun erkannt, was ich eigentlich meine? Was ich als Unrecht erachte?


Und einen Depressiven mit einen Bewusstlosen vergleichen, ist völlig unpassend. Der Depressive und seine Entscheidungen werden von der Krankheit nicht mehr beeinflusst als der Krebspatient, oder von mir aus Dialyse-Patient.


Niemand hat das Recht uns zu einer Behandlung zu zwingen. Das ist der springende Punkt. Man darf uns nicht zwingen Medikamente zu schlucken, oder uns in ein Krankenhaus sperren.

Wir haben das Recht eine Behandlung abzulehnen. Wir haben das Recht, Ärzten zu widersprechen. Und wir haben das Recht, uns für eine Behandlung zu entscheiden, für die Behandlung, die wir für richtig halten, weil wir das Recht haben, anders zu denken und anders zu handeln. Das ist unser Recht, auch wenn wir deshalb vielleicht vorzeitig sterben.


Punkt.


Ben


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