• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Auf Thema antworten

Zwang zerstört Vertrauen




Die sich freiwillig behandeln ließen oder gezwungen wurden?

Außerdem kann einmal Recht ein anderes Unrecht nicht aufheben.




Ich denke auch, dass du wenig Ahnung hast. Was würdest du sagen, warum wohl Alkoholiker zum Beispiel eher Selbsthilfegruppen aufsuchen als Psychologen oder Ärzte für Suchterkrankungen?

Und so wie dies formuliert hast, hat das ohnehin niemand hier ausgedrückt.




Zwetsche, ich stimme dir zu, dass es Sinn macht jemanden vom Selbstmord abzuhalten, auch wenn man damit seine Entscheidungsfreiheit verletzt, man ihn sozusagen zwingt zu überleben. ABER denke ich, macht das nur für einen Moment sind, weil, wie du selbst sagst, Selbstmordversuche auch immer wieder Hilferufe sind.

Es macht jedoch keinen Sinn jemanden auf Zwang einzuweisen, weil dieser einmal von sich gibt, er möchte nicht mehr leben. So ein Beispiel habe ich selbst erfahren. Eine Freundin hat einem Psychologen gestanden, sie habe schon einmal über Selbstmord nachgedacht. Daraufhin hat der Psychologe mit der Mutter gesprochen und ihr klar gemacht, dass sie in eine Klink muss und dass wenn die Mutter sie nicht selbst dorthin führen will, er die Polizei rufen müsse. Die Mutter, clever wie sie war, hat gesagt, sie würde das machen, ging dann aber zu einem anderen Psychologen, der darauf meinte, dass eine Einweisung nicht nötig sei, obwohl die Tochter ihm nichts anders geschildert hatte als dem Psychologen zuvor.

Wie schon gesagt, kenne ich (von der Rettung aus) mehrere Menschen, die auf Zwang eingewiesen wurden, war also auch schon dabei, wie Polizisten jemanden mit Gewalt ins Rettungsauto geschleppt haben. Und jedes Mal, wenn ich das gesehen habe, wuchs dabei meine innere Überzeugung, dass das einfach falsch ist. Auch von dem her, weil ich selbst einmal an schweren Depressionen litt, und haargenau weiß, was man mit Zwang dem Patienten antun kann - nämlich, dass man ihn noch ängstlicher, noch lebensmüder macht.

Von dem her weiß ich aus der Praxis wie eine Zwangseinweisung ablaufen kann.


Es mag schon stimmen, dass einer, der sich wirklich umbringen will, immer auch einen Weg finden wird, das zu tun.

Aber eine Zwangseinweisung ist meiner Meinung nach von dem her nicht richtig, als dass sie den Menschen in seiner Würde verletzt, ihn einen äußeren Willen aufzwingt und damit sein Vertrauen zerstört. Ich finde, es darf daher rechtlich keine Grundlage dafür geben, einen Patienten, einen kranken Menschen so zu behandeln. Dass sein eigenes Leben in Gefahr ist, kann kein Argument dafür sein, ihn zu einer Behandlung zu zwingen. Ein Krebspatient wird auch nicht gezwungen eine Chemotherapie zu machen. Warum also einen Depressiven zur Behandlung zwingen.

Das Argument, der Depressive können nicht richtig urteilen, ist meines Erachtens nicht haltbar. Auch der Krebspatient sieht die Welt durch seine Krankheit verzerrt. Wie ein Gesunder die Welt durch seine Gesundheit verzerrt sieht. Das möchte ich auch festhalten. Menschen, die gesund sind, können Kranke oft nicht verstehen, weil sie die Welt aus ihrer Gesundheit heraus beurteilen. Die Welt des Kranken unterscheidet sich von der Welt des Gesunden. Nur weil der Kranke krank ist, heißt das jedoch nicht, dass seine Sicht der Dinge falscher wäre, wie die des Gesunden. Sie ist nur anders. Nicht falscher oder richtiger.

Daher können wir im medizinischen Sinne nicht die Argumentation anführen, ein Depressiver darf nicht entscheiden, weil er krank ist. Ein Krebspatient darf ja auch entscheiden, obwohl er krank ist.

Und dass das Blickfeld eines Depressiven dermaßen eingeschränkt ist, dass er nicht mehr unterscheiden könnte, was wer will, das ist schlichtweg Unsinn. Man kann dem Depressiven auch nicht irgendwelche Pillen aufzwingen, von denen es ihm immer schlechter geht, mit dem Argument, er wisse nur nicht, dass sie ihm ja eigentlich gut tun. Außerdem spreche ich auch aus eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass ich zwar depressiv war, aber nicht dumm.


Und nicht zuletzt möchte ich auch gesagt haben, dass fast alle Depressiven für jede Behandlung dankbar sind, für jede Behandlung, die ihnen hilft. Die meisten suchen ja nach Hilfe. Es ist ihnen aber nicht geholfen, wenn man sie beim ersten Gespräch sofort in eine Klinik einweist - zwangsweise. Haargenau so etwas habe ich schon gesehen, und das darf doch nicht vom Gesetzgeber gewilligt werden.


denkt

Ben


Zurück
Oben