Zwang zerstörrt Vertrauen
Grüß dich, Sunnyboy!
Das hört sich für mich aber schon negativ an.
Dann macht es keinen großen Unterschied, denn früher oder später geraten wir sowieso dort hin. Aber ich denke, über solcherlei Mutmaßungen lässt sich keine vernünftige Argumentation aufbauen. Weder für meine Ansichten, noch für deine. Ich weiß, ich habe das Beispiel herangezogen.
Ich werde mich ab nun um eine Argumentation bemühen, die sich auf das Diesseits beschränkt.
Meinungsfreiheit verlangt meines Erachtens auch Entscheidungsfreiheit. Entscheidungen treffen zu dürfen, wie man es seiner eigenen Meinung nach für richtig hält, wohl bemerkt, solange man die Freiheit anderer damit nicht maßgeblich verletzt.
Deine Argumentation über die Endgültigkeit einer Entscheidung halte ich für unschlüssig. Es gibt durchaus Entscheidungen im Leben, die nicht den Tod als unmittelbare Folge haben, aber dennoch nicht rückgängig gemacht werden können.
Oder lass mich das Bergbeispiel ausweiten: Sagen wir, auf dem Berg herrsche jedes Jahr ein sehr strenger Winter, der so manch einem Bergbewohner schon das Leben kostete. Würdest du es dann diesem Menschen verbieten, dort zu leben, weil du es für zu gefährlich, für "lebensmüde" erachtest?
Demnach müssten wir dann aber sehr vielen Menschen das Recht absprechen, frei zu entscheiden. Man müsste jeden Nikotinabhängigen, jeden Alkoholabhängigen, jeden Fettsüchtigen als nicht entscheidungsfähig beurteilen. Oder was ist mit den profitgierigen Menschen, die, wie ein Depressiver nur alles stumpf und sinnlos wahrnimmt, alles durch die Brille des Geldes und des Profites wahrnehmen. Profitgier ist meines Erachtens ebenso eine Art Krankheit. Zumindest fordert sie tagtäglich unzählige Opfer und dabei geht es nicht einmal um das eigene Leben, sondern um das Leben anderer.
Wen können wir dann noch das Recht frei zu entscheiden gewähren? Sind wir nicht alle irgendwo von unseren eigenen (Wahn)Vorstellungen geblendet? Und entscheiden wir uns nicht immer wieder für Dinge, die uns selbst und oftmals auch andere schaden?
Eine absolute Objektivität gibt es nicht. Jede Entscheidung wird subjektiv getroffen. Von Depressiven ebenso wie von Ärzten. Und auch wenn der Arzt bei der Behandlung von 90% der Patienten richtig liegt, würde mir das, als einer von den restlichen 10%, wenig nützen. Allein in Anbetracht dieses Gedankens muss es doch unser Recht sein, über uns selbst zu entscheiden.
Wenn ich mich für einen falschen Weg entscheide, ist das meine Sache. Trifft jedoch jemand anders die Entscheidung, und die Entscheidung schadet mir, dann wird es problematisch.
Ich stimme dir in dem Punkt zu, dass Selbstmord fast immer eine Verzweiflungstat ist. Aber es gehört zu unserer gottgegebenen Freiheit, diese Tat zu vollbringen. Die Freiheit, die uns die Natur gab, darf kein Mensch uns wieder nehmen.
Ich kenne Menschen, die von einem Arzt zwangsweise eingewiesen wurden. Aber keiner von diesen Menschen sagt heute, dass sie über diese Einweisung je dankbar gewesen wären. Eher im Gegenteil. Sie haben Angst sich einem Arzt anzuvertrauen, weil sie befürchten, wieder gegen ihren Willen eingesperrt zu werden.
Auch ich würde mich keinem Arzt mehr anvertrauen.
Das war auch mein Grundgedanke, warum ich diesen Thread eröffnet habe. Ich denke nämlich, dass wann immer man Zwang auf Menschen ausübt, man ihr Vertrauen verliert. Gerade aber für psychisch Kranke ist Vertrauen etwas sehr Wichtiges.
Auch ich würde nicht reglos dastehen, wenn mein Freund von der Brücke springen wollte, mit der Einstellung, dass er doch tun darf, was er will. Ich würde ihn zurückhalten, mit ihm sprechen probieren, gemeinsam mit ihm eine Lösung suchen. Eine Lösung, die auch er akzeptieren will und vor allem akzeptieren kann. Und nicht eine Lösung, die ein Arzt oder sonst wer aufdiktiert.
Aber wenn er sich dennoch das Leben nimmt, dann muss ich mich damit abfinden. Es ist seine Entscheidung. Und es gibt im Leben nun einmal Dinge, die wir nicht kontrollieren können.
Einsperren könnte ich ihn deshalb nicht. Viel zu sehr schätze ich die Freiheit eines jeden Lebewesen. Ich empfinde es als Unrecht jemanden einzusperren, solange dieser jemand niemand anderen gefährdet. Einsperren ist Folter. Einsperren nimmt die Freude am Leben oder schränkt sie zumindest weiter ein. Einsperren ist kein Mittel jemanden zu helfen.
Ben