AW: Unser Recht zu sterben...
Du bist, zumindest mir, nicht zu nahe getreten. In deprofreien Phasen denke ich genau so. Aber während eines Schubes sind solche "Ratschläge" kontraproduktiv. Man sieht dann nur seine eigene "Unfähigkeit" und fällt immer tiefer in das dunkles Loch. Man sieht die helfenden Hände die einem raushelfen wollen nicht mehr.
Wenn ich genau überlege, ist es eigentlich egal was Freunde/Angehörige machen, es ist auf alle Fälle falsch.
Ich schon. Zumindest mir. In solchen Phasen bin ich nicht "denkfähig". Aber ich bin kein Maßstab. Mir ist bewußt, daß mein Denken von Depression beeinflußt ist, und kann es trotzdem nicht ändern. Ich weiß, ich bin auf Hilfe angewiesen und lehne sie gleichzeitig ab.
Das nennt man manisch-depressiv und auch durch diese Gasse bin ich gegangen. (Ich nenn' es heute "meine Teenagerdepression" und bin überzeugt davon, daß man in diesem Alter sowieso nicht denkfähig ist, aber wahrscheinlich kann man das nur, wenn man Jahrzehnte Abstand davon hat)
Ich wurde mehrmals nach Selbstmordversuchen "zwangseingewiesen" und bin heute froh darüber.
Jeder Versuch war ein Hilfeschrei, Ich habe Glück gehabt, an einen Arzt zu kommen, der mir helfen konnte, denn das ist nicht so selbstverständlich.
Ich wurde geheilt, wie auch immer es gelungen ist, ist mir heute ziemlich "wurscht", Hauptsache es ist so.
Diese Fragen sind sehr schwer zu beantworten, da Depressionen so unterschiedlich sind wie die Menschen die sie haben.
Ich kann nur für mich sprechen. In meinem Fall bin ich für Zwangseinweisung, denn ich weiß, daß ich nicht wirklich sterben will, sondern daß mein "Gehirn" verrückt spielt. (Stoffwechselstörung)
Ich spür' sie manchmal auch kommen und habe das Gefühl, machtlos dagegen zu sein. Dazu kommt noch, daß ich auf Grund meiner Krankheit keine Medikamente dagegen nehmen kann und deshalb habe ich, um es meinen Kindern leichter zu machen eine Einwilligung zur Einweisung gegeben, falls es hart auf hart geht, aber zum Glück noch nie gebraucht.
Das liegt möglicherweise daran, daß ich die "Depros" mittlerweile als "ist so und nicht zu ändern" akzeptiert habe und in freien Phasen (die immer länger werden) daran arbeite sie möglicherweise schon im Keim zu ersticken.
Und jetzt kommt der große Widerspruch. Ich bin zwar machtlos wenn sie da ist, aber ich kann verhindern daß sie kommt. Zwar nicht immer, aber immer öfter. Aber dazu muß man genau wissen, was im Gehirn passiert. Ich weiß nicht, ob es auch bei manisch-depressiven Phasen hilft, damals war mein Wissensstand nicht so groß wie heute, aber ich denke schon.
Trotzdem spreche ich niemand das Recht zu sterben ab (ob er es bereut getan zu haben, wird man nie erfahren). Denn wenn jemand den Leidensdruck nicht mehr aushält und unbedingt sterben will, dann soll man ihn lassen. Daß ich froh darüber bin, daß es mir nicht geglückt ist heißt noch lange nicht, daß jeder so empfindet.
Aber wie gesagt, ich bin kein Maßstab. Mir haben die Depressionen eigentlich geholfen heraus zu finden, was ich nicht will. Auf gar keinen Fall "leidend" durchs Leben zu gehen, sondern jeden Tag den ich noch habe zu genießen. Egal wie schlecht es mir körperlich geht.
Denn eines glaube ich erkannt zu haben, es geschieht nichts umsonst im Leben. Es hat alles seinen Sinn, auch wenn man ihn nicht gleich erkennt. Irgendwann kommt man drauf und dann kann man auch das Positive sehen.
Ich bin durch eine harte Schule gegangen und bin heute dankbar dafür, denn sie hat mich zu dem gemacht was ich bin. Ein rundum zufriedener und glücklicher Mensch.
Ich kann von mir sagen, obwohl es schon wieder ein Widerspruch ist, nichts und niemand hat Macht über mein Denken und Sein, nicht einmal mein Gehirn.
Aber ich weiß auch, daß es nicht für jeden Gültigkeit hat.
Ich hoffe damit Deine Fragen beantwortet zu haben.
Lg. Eule
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