In gewisser Weise ist das gar nicht einmal so neu, eher klassisch.
Weiß nicht, wie das heute ist, vor rund 20 Jahren musste jedoch in einem katholisch-konservativen Land wie Spanien z.B., immer die Tür offen stehen, wenn ein Mann und eine Frau allein in einem Raum waren.
Sicher gibt es beim Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz auch Entgleisungen, besonders in den USA. Andererseits finde ich es angenehm, was sich bei diesem Thema getan hat, auch in Deutschland. Denn als Berufsanfänger vor rund 30 Jahren kann ich mich noch gut daran erinnern, wie ein Küchenchef immerzu alle weiblichen Mitarbeiter und insbesondere Auszubildende täglich "umarmt" hat und die sich kaum dagegen wehren konnten.
Und wenn es Kritik dagegen gab, dann kamen da Argumente wie "er ist eben so", "er ist doch verheiratet und hat auch Kinder" und ähnlicher Müll.
Das fand ich schon damals übergriffig, eklig geradezu und ich bin froh, dass dergleichen heutzutage so kaum noch möglich ist.
Wenn Menschen im Einvernehmen so etwas tun: Bitte schön, aber beim Vorhandensein von Abhängigkeitsverhältnissen - und die gibt es am Arbeitsplatz praktisch immer - ist ein echtes Einvernehmen doch mehr als fraglich.
In wie weit der radikale Feminismus im persönlichen Alltag überhaupt eine wirkliche Rolle spielt, ist noch die Frage. Vor allem eine des Ortes, der Situation ... und der individuellen Wahrnehmung. Radikale gibt es zu jedem Thema, aber ob sie wirklich etwas bewirken - das ist eine andere Sache.
Nach meiner persönlichen Lebenserfahrung war der Feminismus zu meiner Zeit in Berlin (West) in den 1980/90er Jahren viel ausgeprägter und war im Alltag wesentlich spürbarer, auch bei ganz lächerlichem Kleinkram. Aber auch dies kann an meiner Situation und meiner jugendlichen Wahrnehmung gelegen haben und nicht unbedingt am Thema selbst.
Versuche, die Sprache konstruktiv zu verändern: Die sind nicht neu, wenn auch aus anderen Gründen. Das gab es auch schon im 19.Jh., manche dieser Konstruktionen haben sich durchgesetzt, andere nicht. M.E. bleiben am Ende nur die Konstruktionen übrig, die einen Sinn ergeben oder eine Verbesserung darstellen, während an anderen vllt. eine Zeitlang herum laboriert wird, sie dann aber auch wieder sang- und klanglos verschwinden.
Ein von mir kürzlich angeschafftes wissenschaftliches Fachbuch (Ernährung) ging einen anderen Weg. Auf Seite zwei erklärte man, dass man aufgrund der besseren Lesbarkeit auf eine genderspezifische Sprache verzichte und selbstverständlich auch alle weiblichen und andere Geschlechter in den männlichen Bezeichnungen mit eingeschlossen seien. Damit hatte man das abgehakt und gut ist's.