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-Super short stories- Folge 2

FU/EL

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14. Mai 2005
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-Super short stories-
Folge 2

"Früh am morgen"

Ich wußte schon den ganzen Tag nicht, was ich tun könnte. Langeweile war es nicht, mehr ein Gefühl von Betäubung. Dieses eigenartige Gefühl von Betäubung, welches weder im Körper, noch im Kopf zu spüren war. Es waren vielmehr die Dinge, die um einen herum geschahen. Alles eine Spur gedämpfter, langsamer irgendwie. Bedeutungsloser schien alles zu sein. In solchen Momenten gehst Du über die Strasse ohne auf herannahnende Autos zu achten. Ich stand an der Ampel und wartete auf das Lichtsignal. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber die Straße war schon in das gelblich warme Licht eines frühen Sommermorgen gehüllt. Die Luft war frisch und ich sog sie tief in meine Lungen auf, als ein alter Lastwagen an mir vorbeipreschte. Die Abgase erfüllten meine Lungen und ich genoß den Geschmack von verbranntem Öl.

Ich schaute auf das gegenüberliegende Haus, das gespickt war mit Satellitenschüsseln. In den obersten Schüsseln spiegelte sich die aufgehende Sonne. Zum gegenüberliegenden Haus waren Wäscheleinen gespannt. Fast alle Leinen waren behängt mit Wäschestücken. Es waren mehr, als ich zählen konnte. Ich dachte kurz darüber nach, daß es an der Zeit wäre sich wieder mal nach einem Job umzusehen. Den letzten Job hatte ich vor über sechs Monaten. Die Wäsche baumelte im Wind. Wenn ich jeden morgen aufwachte, spazieren ginge, dann würde vermutlich jeden morgen derselbe Lastwagen an mir vorüberfahren und jedesmal würde ich zu den Wäscheleinen aufschauen. Es würde sich nichts verändern . Auch wenn ich einen Job hätte. Ich würde trotzdem jeden morgen auf derselben Matratze aufwachen, nur statt meines allmorgendlichen Spazierganges würde ich zur Arbeit gehen und Flaschen waschen. Oder im Supermarkt Paletten stapeln.

Hin und wieder hatte ich auch Jobs, die mir durchaus Spaß machten. So zum Beispiel der Job in dem Sportstudio. Jeden morgen putzte ich die vom Vortage schweißverklebten Geräte. Der Geruch, welcher mir ins Gesicht schlug, jedesmal wenn ich die Türen öffnete, bewaffnet mit zwei Lappen und einem Eimer Putzwasser (Ein Lappen war zum Einweichen und der zweite zum Trockenwischen), gab mir das Gefühl lebendig zu sein. Es blieb etwas übrig vom vergangenen Tag. Ich bemühte mich immer alles augenscheinlich sauberzumachen und doch den abgestandenen Geruch nicht gänzlich verschwinden zu lassen. Dem Besitzer waren meine Gefühle jedoch egal.
Als wir mehrmals wegen unserer unterschiedlichen Auffassungen aneinandergerieten und ich merkte, daß er einfach nicht verstand, kündigte ich auch diesen Job.

Die Ampel sprang auf Grün und ich ging über die Straße. Als mich Sportwagen erfasste und mein Körper wie eine Puppe durch die Luft segelte spürte ich nichts.
Auch nicht, als mein Rückgrat beim Aufprall auf den Asphalt brach wie eine Stange Spaghetti. Ich spürte einen kühlenden Fluß Blutes an meinem Rücken. Mein Kopf bog sich in einem seltsamen Winkel vom Rumpf ab und besah für die letzten Sekunden noch einmal die vielen behängten Wäscheleinen.

Wäsche in allen Farben. Das Gesichtsfeld engte sich immer mehr ein und ich versuchte so lange wie möglich die abwechslungreiche Farbenpracht zu bewundern, doch die Farben verblassten. In diesem letzten Augenblick wollte ich leben. Einfach weiterleben und jeden Tag meinen Spaziergang machen. Ich versuchte aufzustehen, doch das einzige, was ich noch bewegen konnte, waren meine Finger. Als meine Fingernägel über den Asphalt kratzten und abbrachen, sah ich wie eine Frau aus einem Fenster des gegenüberliegenden Hauses gerade die Wäsche einholte.
Morgen würde sie bestimmt wieder Wäsche über der Straße aufhängen. [FU/EL]
 
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super short story -2-

:autsch: Dieser Beitrag wurde sicherlich mit einem sardonischen Lächeln ins Netz gestellt. Aber, endlich mal jemand der Humor hat - wenn mir dabei auch schwarz vor Augen wird!!
 
Zuletzt bearbeitet:
An fuel

Also diese Geschichte ist schon interessant, erzählt sie doch was über die Monotonie des Alltags und der Gleichgültigkeit, mit der ein Tag dem anderen folgen kann. Was kann man also daraus lernen, frage ich dich.
 
Was kann man also daraus lernen, frage ich dich.

Gänzlich nichts. Ich schrieb keine Texte, aus denen gelernt werden soll. Gelegentlich waren Aspekte eingebaut, welche das persönliche Ringen mit Konflikten und Moralitäten auf den Leser übertrugen. Hier wohl dezenter, die beiden Geschichten sind drei und anderthalb Jahre alt.
Man liest sie, im Idealfall fangen sie den Leser kurzzeitig ein, drehen ihn ein wenig durch den Wolf und das wars dann.
Wenn den Leser nach den letzten Zeilen eine beliebige Stimmung befängt und er Sekunden ins Leere starrt, nachdenklich, irritiert oder amüsiert, dann war es das wert.
Beim Schreiben denke ich nicht an einen möglichen Leser. Doch letztlich sind es andere, denen ich die Texte irgendwann präsentiere.

Ich finde es wichtig, einerseits den Inhalt einer Ehrzählung persönlich zu halten. Andererseits die Form und den Schreibstil in einen für andere verständliche und ertragbare Form zu bringen. Oftmals verbringe ich eine halbe Stunde brütend über zwei Sätzen und überlege wie ich die Aussage und Wirkung klarer formulieren kann. Die Wirkung soll unmittelbar sein. Keine Umwege halt.
Das kann als primitiv bezeichnet werden. Ich bin fähig, hochgestochene Schachtelsätze mit Latein zu spicken. Meine Geschichte aber würde darunter leiden.

Aus meinen geschichten ist nichts, aber rein garnichts zu lernen.

fuel.
 
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Hallo fuel

Irgendwie war deine Antwort nicht überraschend, aber gehofft habe ich schon, dass sie anders ausfällt.

Alwin
 
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