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AW: Stadtgeschichten


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Sie haben gerade das Kaufhaus betreten, da steigen ihr Tränen hoch: "Am liebsten würde ich gleich wieder gehen."

"Warum?" kommt die Frage von ihrer Freundin.

"Ich kann das doch gar nicht wieder gutmachen, nicht zurückgeben."

"Meine Liebe", nimmt sie die Freundin am Arm," meine Liebe, wenn ich in der Situation wäre, würdest Du mir nicht auch so entgegenkommen?"

"Ja, Du hast ja recht. Aber es ist schon bedrückend."

"Lass mal gut sein, das ist schon richtig so!" hört sie von der Freundin im weitergehen.

Und sie gehen einkaufen und es ist nicht wenig.


Ein Besuch ist es, den ihre Freundin ihr in Thüringen gemacht hat, der sehr prägende Ereignisse auslöste.

"Verstehst Du? Ich brauche ein amtsärztliches Attest, um die Reise bewilligt zu bekommen."


14 Tage vor dem 70. Geburtstag der Mutter kommt ein Telegramm: Vater schwer erkrankt, erwarten Dich!.

Bei der Behörde Kopf schütteln, nein, nur wenn der Zustand kritisch ist.

Schnell zur Post. Telegramm: Bitte noch einmal, lebensbedrohlich!

Und der Amtsarzt bestätigt: Lebensbedrohlich erkrankt!

Zur Behörde, erneut Antrag ausfüllen. "Wann wollen Sie reisen?" "Ja sofort!!!"

"Kommen Sie in 3 Tagen."


Als sie ihren Reisepass abholt: Bitte Ihren Personalausweis.

Nebenan steht ein Mann. "Wann wollen Sie reisen?" wird er gefragt. "In einer Woche." "Ist sie nun schwer erkrankt oder nicht? Da kann sie ja schon gestorben sein." "Ich muss aber am Samstag die Vorstellung im 'Fettnäppchen' noch geben, die Veranstaltung ist ausverkauft".


Sie nimmt ihren Reispass. Die Beamtin gibt ihr noch den Hinweis, dass sie damit bei der Notenbank noch 70 Mark gegen DM eins zu eins einwechseln darf. Rentner durften nur 15 Mark wechseln, 'die Angehörigen können ja für sie sorgen'. Junge Leute haben ja noch WÜnsche.

Ob der Herr vom Kabarett doch noch zu seiner Reisebewilligung gekommen ist, hat sie nicht mehr erfahren.

Schnell zur Bank, im Reisepass befindet sich ein Stempel mit dem Vermerk "A", der die höhere Wechselsumme genehmigt.

Der Koffer ist schon gepackt. Für die Familie hatte sie vorgesorgt, auch die Wäsche am Tag zuvor gewaschen. Als sie diese zum Trocknen in den Hof brachte, stand da ein Hausbewohner und der ABV (Abschnittsbevollmächtigter der Volkspolizei). Sie hörte noch flüstern, das ist sie und dann verließen die Herren den Ort.


Zum Bahnhof! Die Fahrkarte nach Vorlage des Reisepasses gelöst. 

Der Zug ist fast leer. Gerstungen, das Herz blubbert bis zum Hals. Kontrolle! Die Pässe bitte! Ein Blick in den Pass, ein Blick ins Gesicht und das Ganze noch einmal. Stempel. Gute Weiterfahrt!

Bebra, Kontrolle! Die Pässe, bitte! Die blauen Pässe der DDR nimmt der Beamte gar nicht erst in die Hand. Danke, gute Weiterfahrt!

Wie kommt sie sich da vor? Kleines Würstchen aus der DDR.


Herleshausen, Fulda, Frankfurt! Frankfurt am Main!

Die Aufregung macht sich bemerkbar. Ihr wird ziemlich flau.

"Vater!!!" Sie liegen sich in den Armen. "Wie lange kannst Du bleiben?" Es ist Dienstag. "Bis Donnerstag" - Pause - "nächster Woche". Sie umarmen sich wieder. "Dann nur schnell nach Hause, wir fahren morgen nach Würzburg und am Sonnabend in die Heide, wenn noch ein Platz mehr frei ist."

Der Platz war frei und es wurden wunderbare Tage. 

Sagt auf einmal die Muter: "Wir müssen mit Dir noch einkaufen gehen. Reginchen wird uns fahren."


Es ist Mittwoch und sie stehen im Kaufhaus und für jeden daheim hat sie ein Geschenk in ihren Taschen.


:)


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