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AW: Spaziergang...


Ich laufe 2, 3 Schritte und…breche zusammen. Ich kann nicht mehr. Meine Kraft ist zu Ende. Wie soll es jetzt weitergehen? Die Gedanken arbeiten auf Hochtouren. Unmengen von Bildern schiessen an meinem geistigen Auge vorbei. Das kleine Mädchen, der Teenager, die junge Frau…

Was ist mit der Gegenwart? Sie existiert nicht…nicht im Moment. Ich fühle mich hilflos, traurig und sehr allein. War ich nicht schon immer allein, selbst in einer Menschenmenge? Nein, nicht immer. Bis vor kurzem war es anders. Ich fing doch gerade an, jemandem zu vertrauen. Hätte ich das nicht tun sollen? Warum habe ich meinen eigenen Grundsatz gebrochen? Und jetzt? Wieder Schweigen. Unzusammenhängende Worte nur in meinem Kopf.


Es ist ein Haus, das sie noch nicht lange kennt. Erst kürzlich hat sie es zum ersten Mal gesehen. Vom Hof dringt Lärm und Gelächter durch die offene Haustür. Sie kann und will nicht fröhlich sein. Neben ihr sitzt ein Mann. Sie kannte ihn bis vor ein paar Tagen nur von Bildern und aus manchen Träumen. Er ist ihr nicht sehr symphatisch und viel zu nahe. Auf Abstand ist er zu ertragen, aber so nicht. Sie rutscht ein Stück von ihm weg, er hinterher. Sie fühlt sich unbehaglich. Er redet auf sie ein, aber sie versteht nicht, was er sagt. Ihre Gedanken sind woanders. Er kommt noch näher. Sie kann nicht mehr ausweichen. Er legt eine Hand auf ihren Oberschenkel. Sie erstarrt. Eine einzelne Träne rollt ihre Wange hinunter…


Es war doch alles nur ein Traum, oder? Es MUSS ein Traum gewesen sein.

Ich will das alles nicht sehen…und doch zwinge ich mich dazu. Warum tue ich mir das an? Wie oft noch?


Sie liegt im Bett und kann nicht glauben, dass es wahr ist. Sie hat es sich bestimmt nur eingebildet. Er würde so was niemals tun. Er ist doch ihr Vater. Sie redet sich ein, dass es nie passiert ist und irgendwann im Laufe der Nacht glaubt sie es sogar. Erleichtert ob der Erkenntnis kann sie endlich einschlafen.

Am nächsten Morgen ist alles wie immer. Er lässt sich nichts anmerken, was sie darin bestätigt, dass es Einbildung gewesen sein muss. Und trotzdem kann sie es nur schwer aus ihren Gedanken verbannen. Sie greift zu dem Mittel, das immer etwas geholfen hat, schon seit sie 15 Jahre alt war: Alkohol. Sie betäubt sich leicht, auch wenn es noch früh am Morgen ist. Nach einer Weile ist alles nicht mehr so schlimm…


Ich will weiterlaufen. Ich will weglaufen vor den Erinnerungen. Es geht nicht. Ich komme nicht mehr hoch. Vor Verzweiflung laufen mir die Tränen übers Gesicht. Ich bemerke es kaum. Ich gebe auf. Erschöpft lasse ich mich fallen. Ich schliesse die Augen und hoffe, es geht schnell vorbei. Ich nehme nichts mehr wahr, nur noch diese tiefe innere Leere. Vor vielen Jahren war ich schon mal an einem solchen Punkt. Ich erinnere mich. Es ist NICHT vorbei…es wird niemals vorbei sein…


Sie ist knapp älter als 20 Jahre. Sie will nicht mehr weitermachen. Die junge Frau hatte schon seit längerer Zeit solche Gedanken. Es scheint ihr nicht gut zu gehen. Sie ist blass und kraftlos, schleicht langsam ins Bad. Es ist niemand da, der sie daran hindern könnte. Sie schaut auf die Uhr und schätzt die Zeit ab, die ihr bleibt. Es sollte reichen.

Sie weiss, dass es der einzige Weg ist, endlich Ruhe zu finden. Sie hat versagt.

Langsam wird es dunkel um sie herum. Der ersehnte Friede ist so nah. Sie spürt nichts mehr, ist ganz ruhig.

Nach einer ungewissen Zeit kommt sie zu sich. Und wieder hat sie versagt…


Diese Bilder sind mir nur allzu vertraut. Sie schmerzen unglaublich. Ich lasse es geschehen, kann mich nicht mehr dagegen wehren. Es ist zu spät.

Noch immer ist es Nacht auf einer verlassenen Strasse mitten in der Stadt.



Off...

30.08.2007


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