AW: Spaziergang...
Die Nacht scheint endlos. Ich laufe sehr langsam, geniesse den aufkommenden kalten Wind. Der Mond scheint manchmal ein wenig durch die dunklen Wolken, die Blätter der Bäume rascheln unheimlich. Ich habe ein ungutes Gefühl. Etwas/jemand in mir hat Angst. Wovor?
Die Wolken ziehen in einer Geschwindigkeit weiter, wie ich es noch nie wahrgenommen habe. Sie werden immer dichter und dunkler, sind kaum noch vom schwarzen Nachthimmel zu unterscheiden. Ich denke wieder einmal daran…
…wie das kleine Mädchen mitten in der Nacht am Fenster steht und zum Himmel hochsieht. Sie sollte eigentlich schlafen, kann es aber nicht. Ein paar Stunden zuvor kam SIE wütend ins Zimmer gestürzt, schon mit dem Rohrstock in der Hand. Das Mädchen wusste, was das bedeutet. Wie gern hätte sie sich versteckt, aber wo sollte sie hin? Ihr blieb nichts anderes übrig, als die Arme vor ihr Gesicht zu halten, um wenigstens das zu schützen. Es half nichts. Der Rohrstock traf zielsicher. Immer und immer wieder. Ihr ganzer Körper schmerzt. Sie hat immer gehofft, sich daran zu gewöhnen und den Schmerz irgendwann nicht mehr zu spüren. Noch war es nicht so weit.
Vorsichtig und unter Schmerzen legt das Mädchen sich wieder ins Bett. Sie vergräbt das Gesicht im Kopfkissen, den Teddy fest im Arm…und weint leise…
Ich muss diese Gedanken und Erinnerungen loswerden. Sie tun zu sehr weh. Ich schüttle den Kopf, als könnte ich sie so vertreiben, atme tief durch und gehe weiter.
Neue Bilder tauchen auf…zunächst nur schemenhaft, wie durch Nebel. Ich will das alles nicht sehen…nicht fühlen. Ich bleibe stehen und schliesse die Augen. Die Bilder verschwinden nicht.
Der Raum ist ihr fremd, das Mädchen war noch nie hier. Sie ist nicht allein. Ein Mann ist bei ihr. Er ist viel älter als sie. Sie kennt ihn nicht sehr gut, ist etwas misstrauisch und zurückhaltend…hat kein gutes Gefühl bei der Sache. Trotzdem ist sie hier und redet ein paar belanglose Worte mit dem Mann. Das Mädchen überspielt seine Unsicherheit mit äusserlicher Kälte und Härte. Es ist durchschaubar und wirkt unecht. Sie würde am liebsten aufstehen und gehen, bleibt aber sitzen. Sie schweigt. Der Mann steht auf, setzt sich neben sie. Er grinst.
NEIN!!! Entschlossen, mir das nicht anzutun, öffne ich die Augen. Ich renne los. Weg von den Bildern…weg von dem Mann…weg von mir selbst…und somit auch immer weiter weg von der einzigen Person, die mir jemals nahe war…
Ich habe nur noch einen einzigen Gedanken: Ich will niemanden mehr verletzen! Rückzug und Einsamkeit ist die Konsequenz. So laufe ich immer weiter weg.
Aber es tut immer noch so verdammt weh…
Off...
28.08.2007