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Sollte die Metaphysik überwunden werden oder ist das gar nicht möglich?

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Ich zitiere mal Günter Figal zur aktuellen Lage in der Heidegger-Debatte (Martin Heidegger, zur Einführung, Junius Verlag,, 7.Auflage, 2016, S.8f.):

"(...) Außerdem ist das Werk eines Philosophen, der zu den wirkungsvollsten seiner Zeit und nicht nur seiner Zeit gehört und sich zugleich zum Nationalsozialismus bekannte, eine Herausforderung. Ist Heideggers Denken, zumindest sein Denken seit dem Anfang der 1930er Jahre, so tief von seinen politischen und ideologischen Verblendungen geprägt, dass man es im Ganzen für ideologisch halten müsste? Oder lässt sich das Denken von den politischen Überzeugungen des Denkers trennen? Die Antwort ist schwierig, und sie ist seit der Veröffentlichung der so genannten <Schwarzen Hefte > im Rahmen der Gesamtausgabe noch schwieriger geworden. Heideggers Aufzeichnungen in diesen bis in die späten Jahre geführten Notizbüchern lassen deutlich werden, dass sein nationalsozialistisches Engagement tiefer war und auch länger andauerte, als man allein auf der Grundlage der früher zugänglichen Quellen annehmen musste, und sie zeigen, dass er sich auch in den Nachkriegsjahren nicht zu einem klaren und selbstkritischen Wort des Bedauerns durchringen konnte. Während Heideggers im engeren Sinne philosophischen Texte aus den 1930er und frühen 1940er Jahren von ideologischen und politischen Äußerungen so gut wie frei sind, findet man in den <Schwarzen Heften> jener Jahre ein irritierendes Gemisch aus philosophischen Überlegungen, politischen Überzeugungsbekundungen und abstoßenden, von Ressentiment geleiteten, zum Teil aggressiven antisemitischen Äußerungen. Wie das Verhältnis von Philosophie und Ideologie einzuschätzen ist, wird sich nur in gründlichen Einzeluntersuchungen klären lassen. Doch gewiss wird man Heideggers Philosophie von der Ideologie, die ihn zumindest eine Zeit lang beherrschte , unterscheiden können. Es gibt philosophische Gedanken, auch aus den 1930er und 1940er Jahren, die auch ohne die ideologischen Konkretisierungen , die Heidegger von ihnen gibt, formuliert und kritisch diskutiert werden können. Und erst recht sollte man Heideggers ideologische Prägung in den 1930er und 1940 er Jahren nicht auf die 1920er Jahre, wohl seine philosophisch wichtigste und produktivste Zeit, zurückprojizieren. Nicht zuletzt die Philosophie der 1920er Jahre, wie sie in Heideggers Hauptwerk Sein und Zeit kulminiert, macht seine philosophische Wirkung aus. Wollte man auch dieses Werk und so Heideggers Philosophie im Ganzen als ideologisch geprägt verstehen, müsste man auch sagen, dass eine Reihe bedeutender Philosophe des 20. und 21. Jahrhunderts , ohne es zu bemerken, durch ein nationalsozialistisches oder faschistisches Denken beeinflusst gewesen seien, und das ist eine wenig plausible Annahme. "

Gerade den letzten Satz von Figal würde ich unterschreiben, weil mir das auch so einleuchtend ist.

Zudem sagt Figal, um es noch mal in Erinnerung zu rufen (2016, S.164):
" Heideggers Texte brauchen wache, kritische und selbstständige Leser, keine Heideggerianer".

Auch dieser Satz hat meine Zustimmung.
 
Und es werden, wie aus dem Artikel aus der Zeit zu entnehmen ist, auch immer einige Dokumente fehlen. Etymologische Sophistereien bezüglich der Wortverwendung bedeuten ja nicht wirklich einen Erkenntnisgewinn.



Was davon wäre denn von Bedeutung bezüglich der Frage, ob die Metaphysik überwunden werden soll?

Ja das stimmt. Z.B. werde soweit ich gesehen habe, fünf Seminare Heideggers unveröffentlicht bleiben. Der einzige Trost, wenn man so will, ist der, dass wenigstens die Schwarzen Hefte komplett veröffentlicht werden. Allerdings muss hier die Bemerkung erlaubt sein, dass diese erst ab den 1930er Jahren von Heidegger angelegt worden sind. Und nicht in der Phase von Sein und Zeit.

Naja aus den Schwarzen Heften finden man Reflexionen wie Heidegger weiter über die Überwindung der Metaphysik nachgedacht , gerade Band 97 enthält einige Aufzeichnungen dazu. Und ich kann mir vorstellen, dass auch in den anderen Schwarzen Hefte dazu was zu finden sein wird..

Ich weiß nicht, ob man Heidegger Sophistereien hinsichtlich der Wortverwendung vorwerfen kann, falls du das meinst.

Die französischen Philosophen haben zum Teil an Heideggers kritische Gangart bezüglich der Metaphysik angeknüpft (ich denke hierbei an Derrida und andere, die dafür mehr oder weniger bekannt sind).
 
Gerade den letzten Satz von Figal würde ich unterschreiben, weil mir das auch so einleuchtend ist.

Zudem sagt Figal, um es noch mal in Erinnerung zu rufen (2016, S.164):
" Heideggers Texte brauchen wache, kritische und selbstständige Leser, keine Heideggerianer".

Auch dieser Satz hat meine Zustimmung.

Fragwürdig bleibt die Metaphysik alleine aus der christlichen Lehre zu begründen. Ab Kant wird eine angebliche Tiefe gesehen, die nach meiner Meinung nie zum wahren Frieden führen kann. (s. dazu Antisemitismus ist der Beweis) Monotheismus hat ein Antisemitisches Problem!
 
Sehe ich auch so! (Wie bei Nietzsche und da musste man ihn ja revidieren.)

Aber gerade bei Heidegger finde ich es interessant, wie gewisse Kreise ihn decken. Und diese 'dunkle Macht' die nicht immer öffentlich agiert, aber umso emsiger arbeitet, interessiert mich.

Gesamtbilder-, sagt ja schon das Wort, trifft immer den Kern. ;) Gerade wenn man auch 'SuZ' richtig deuten will.
Dichtet ein Mensch ein schön klingendes Gedicht, kann man ja noch nicht sagen, ob er auch wirklich so ein liebender Mensch ist.
Wenn Heidegger Hölderline verehrte und ihn 'nachäffte' sagt das noch nichts über ihn aus.

Nun die ganze Situation ist nicht einfach zu beurteilen. Aber die Unterscheidung von Trawny finde ich bedenkenswert.

Ob man wirklich davon sprechen, dass bestimmte Kreise ihn "decken" (vermutlich meinst du da sein Verlag oder seine Familie), weiß ich nicht, ob man das so einfach sagen kann...Aber ich glaube es ist nicht sinnvoll diesen Punkt hier zu vertiefen (aufgrund der vermuteten Meinunsgverschiedenheiten in diesem Punkt).

Ein Gesamtbild ist immer besser als ein Teilbild.

Nun ob Heidegger ein lieber Mensch , lässt sich natürlich nicht unbedingt anhand eines schön klingendes Gedichts beurteilen. Heidegger hat sich ja nicht nur mit Hölderlin beschäftigt, sondern auch mit Rilke u.a.. Er hatte so seine Lieblingsdichter . Und vor allem schätzte er als "Grieche" auch die greichischen Dichter. Ich würde nicht unbedingt von Nachahmung bei Heidegger in Bezug auf Hölderlin sprechen , falls du das meinst.
 
Gerade darin sehe ich aber eine große Gefahr! Mich erinnert dies an die Redner von AfD, die ja nichts gegen Muslime haben, aber...?!
Möchte dich aber persönlich nicht angreifen, da ich dich nicht kenne.

Ja danke. Nun ich habe halt meine Meinung dazu und sich gegenseitig angreifen bringt nichts und führt in einer sachlichen Diskussion auch nicht weiter.

Ich bin nicht unbedingt der Auffassung, ob man Heidegger so einfach mit den Rednern der AfD vergleichen kann. Ich halte Heidegger für klüger als die Leute aus der AfD. Der AfD fehlt es an wirklicher philosophischer Substanz aus meiner Sicht (falls eine Partei überhaupt sowas haben kann). Die NSDAP war auch eine Partei ohne philosophische Substanz. Und ich würde sagen, dass Hitler keine wirkliche Ahnung von Philosophie hatte, obwohl er von Schopenhauer in Mein Kampf spricht und das Nietzsche-Archiv besuchte. Das war für mich eher Propaganda. Ich glaube nicht, dass Hitler als der Redner seiner Partei ein wirkliches Verständnis dieser Philosophen hatte. Heidegger hatte da mehr Ahnung von Philosophie als Hitler und Co.
 
Fragwürdig bleibt die Metaphysik alleine aus der christlichen Lehre zu begründen. Ab Kant wird eine angebliche Tiefe gesehen, die nach meiner Meinung nie zum wahren Frieden führen kann. (s. dazu Antisemitismus ist der Beweis) Monotheismus hat ein Antisemitisches Problem!

Ich würde eher zwischen einer christlichen und einer philosophischen Metaphysik unterscheiden.

Auch Kant hat natürlich über Metaphysik nachgedacht.

Es gab auch Christen wie Luther, die antisemitisch waren. Gerade Luther ist da problematisch in der Hinsicht.
 
Nun die ganze Situation ist nicht einfach zu beurteilen. Aber die Unterscheidung von Trawny finde ich bedenkenswert.

Ob man wirklich davon sprechen, dass bestimmte Kreise ihn "decken" (vermutlich meinst du da sein Verlag oder seine Familie), weiß ich nicht, ob man das so einfach sagen kann...Aber ich glaube es ist nicht sinnvoll diesen Punkt hier zu vertiefen (aufgrund der vermuteten Meinunsgverschiedenheiten in diesem Punkt).

Ich meine die Kirche und ihre 'heimliche' Macht!

Philosophisticus schrieb:
Nun ob Heidegger ein lieber Mensch , lässt sich natürlich nicht unbedingt anhand eines schön klingendes Gedichts beurteilen. Heidegger hat sich ja nicht nur mit Hölderlin beschäftigt, sondern auch mit Rilke u.a.. Er hatte so seine Lieblingsdichter . Und vor allem schätzte er als "Grieche" auch die greichischen Dichter. Ich würde nicht unbedingt von Nachahmung bei Heidegger in Bezug auf Hölderlin sprechen , falls du das meinst.

Welcher Mensch ist immer lieb? Darum geht es mir nicht! Eher um die vorgetäuschte Tiefe, die kein Gesamtbild ergibt, erst recht nicht bei Heidegger!
(Immanuel Kant ist da schon schwieriger, obwohl er ein Antisemit war.)

Wenn Heidegger aber über Hölderline schwärmt, wirkt dies eher 'äffisch' für mich.
 
Ja danke. Nun ich habe halt meine Meinung dazu und sich gegenseitig angreifen bringt nichts und führt in einer sachlichen Diskussion auch nicht weiter.

Ich bin nicht unbedingt der Auffassung, ob man Heidegger so einfach mit den Rednern der AfD vergleichen kann. Ich halte Heidegger für klüger als die Leute aus der AfD. Der AfD fehlt es an wirklicher philosophischer Substanz aus meiner Sicht (falls eine Partei überhaupt sowas haben kann). Die NSDAP war auch eine Partei ohne philosophische Substanz. Und ich würde sagen, dass Hitler keine wirkliche Ahnung von Philosophie hatte, obwohl er von Schopenhauer in Mein Kampf spricht und das Nietzsche-Archiv besuchte. Das war für mich eher Propaganda. Ich glaube nicht, dass Hitler als der Redner seiner Partei ein wirkliches Verständnis dieser Philosophen hatte. Heidegger hatte da mehr Ahnung von Philosophie als Hitler und Co.

Dann hast du dich noch nicht intensiv mit der AfD auseinander gesetzt! Denn selbst in der AfD sind kluge Köpfe die klug genug sind, Menschen an sich zu binden.
Und von den vielen 'versteckten' Menschen, die nur warten ihre Machtgier befriedigen zu können, spreche ich noch gar nicht, obwohl sie vorhanden sind. Heute wie damals!
 
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Welcher Mensch ist immer lieb? Darum geht es mir nicht! Eher um die vorgetäuschte Tiefe, die kein Gesamtbild ergibt, erst recht nicht bei Heidegger!
(Immanuel Kant ist da schon schwieriger, obwohl er ein Antisemit war.)

Wenn Heidegger aber über Hölderline schwärmt, wirkt dies eher 'äffisch' für mich.

Ja verstehe. Heidegger hatte ja einen kirchlichen Hintergrund insofern er zunächst Theologie studierte und dann zur Philosophie wechselte. Sein Studium ist durch die Kirche gefördert worden. Aber er was gewiss kein Theologe im traditionnellen Stil, ich sehe ihn auch als kirchenkritisch zum Teil. Er ist aber ambivalent in dem Punkt.

Ich glaube niemand ist immer lieb, allgemein sagt. Auch Heidgger war es nicht, und Nietzsche hatte da auch zum Teil seine problematischen seiten. Ob Heidegger ein tiefer Denker oder nicht, darüber kann man natürlich auch recht lang diskutieren.. Die einen halten ihn für einen tiefen Denker , die anderen nicht

Nietzsche meinte sogar, dass man Kant für tief hielt, er das aber gewiss nicht so sah. Nietzsche kritisierte auch Kant in vielerlei Hinsicht, nannte ihn z.B. den "Chinesen von Königsberg" oder einen "Begriffskrüpel"....das sagt Nietzsche tatsächlich über Kant, und ist eher kritisch polemisch zu sehen...Warum Nietzsche Kant so kritisch beurteilt, lasse ich mal offen...

Nun Heidegger hat Hölderlin, als den "Dichter der Deutschen", wie er es nennt, eben geschätzt..das war eben sein Geschmack.
 
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