AW: Scharia und die Folgen
Ayaan Hirsi Ali
Seit etwa zehn Jahren ist sie uns bekannt – und es gilt festzuhalten: nicht ohne, dass über sie kontrovers diskutiert wurde. Die gebürtige Somalierin nutzte 1992 eine Zwischenlandung in Frankfurt um nicht wie vorgesehen nach Kanada weiterzufliegen, sondern nach den Niederlanden weiterzureisen. Dadurch entzog sie sich den vorgesehenen Zweck ihrer Reise nach Kanada – der Zwangsehe die ihre Familie in die Wege geleitet hatte.
Es war nicht für das erste mal, dass die in Somalia lebende Familie in ihrem intimsten Leben eingreifen wollte bzw. es auch tat. Als sie fünf Jahre alt war, wurde sie gegen den Willen der Eltern und auf Betreiben der Großeltern zwangsbeschnitten.
Mich persönlich macht die Tatsache etwas stutzig, dass Ayaan Hirsi Ali in keiner Weise mit ihrer Familie abrechnet – sondern betont, dass Familie eben Familie bleibt. Sogar die Mutter, die sie völlig ausgenutzt und auch furchtbar geschlagen hatte, genau wie auch die Großeltern verurteilt sie nicht, sondern betont, dass sie ihnen gegenüber Mitgefühl empfindet.
Persönlich lese ich diese Behauptungen mit sehr gemischten Gefühlen – denn sie könnten wie eine Art Bremse wirken bei denjenigen, meist Frauen, die sich auch aus den Zwängen einer archaisch denkenden und zum Teil grausam handelnden Familie und Gesellschaft, befreien möchten.
Dieser Widerspruch wird noch deutlicher wenn die Autorin über ein aufgeklärtes Europa spricht bzw. dessen Werte und dabei verlangt, dass man sehr konsequent gegenüber denen die die Freiheit des Individuums nicht respektieren, handelt.
Dies sind aber nur sehr kleine kritische Anmerkungen meinerseits - am Rande.
In erster Linie ist Ayaan Hirsi Ali eine Kämpferin für die Rechte der muslimischen Frau.
Mit dem niederländischen Filmemacher Theo Van Gogh, startet Hirsi Ali ein gemeinsames Projekt, den Film „Submission“. Van Gogh wird noch während der Dreharbeiten ermordet. Auf seiner Brust liegt ein Drohbrief an Ayaan Hirsi Ali.
Kurz zum Film: er ist eine Anklage gegen die Art wie Frauen in den nicht aufgeklärten Schichten der muslimischen Gesellschaft behandelt werden und offenbart die Tatsache, dass die Gewalt im Namen des Islams verübt wird.
Der Film löst einen Skandal aus, lange vor den Karikaturenstreit.
„Submission“ wird nur ein einziges Mal gezeigt – mir drängt sich die Frage auf ob da vielleicht ein Vergleich zur Absetzung der Oper Idomeneo zu finden ist? In jeden Fall sind solche Selbstzensuren von der Angst gesteuert – und über diese Angst müssen wir im Grunde genommen nachdenken.
Genau hier wäre es wichtig gewesen mehr über Islam, Scharia und Fatwa zu sagen – ich erwähne nur in einem Satz: gegen Van Gogh wurde eine Fatwa ausgesprochen. Im Gegensatz zu Scharia, werden Fatwas und ihr Aussprechen, nicht von allen Muslimen anerkannt.
Doch wir werden diesen wichtigen Aspekt vielleicht ein anderes mal diskutieren, denn meines Erachtens werden zu oft diese Begriffe und deren Wertigkeit in den Diskussionen verwechselt.
(Fortsetzung folgt)