Also ich für meinen Teil hab´ noch mal darüber nachgedacht, über das Selbstverteidigungsrecht, denn es erscheint mir als das aktuell wichtigste Thema in der Weltpolitik.
Erstens: Selbstverteidigen kann sich im Grunde nur ein Einzelner, wie das Wort selbst schon sagt. "Selbst" ist nicht auf eine abstrakte Institution, auf keinen Staat und keine Verfassung bezogen, es ist immer auf eine Person bezogen. Insofern kann sich ein Staat eigentlich nicht auf ein Selbstverteidigungsrecht berufen. Das ist ein Abstraktum ohne konkreten Bezug. Oder bin ich der Staat? Inwiefern?
Zweitens: Selbstverteidigung im zivilen Leben ist immer dadurch gekennzeichnet, dass sie spontan oder im Affekt geschieht, also praktisch ohne zu denken. Würde ein Denkvorgang, ein konkreter Plan dahinter stehen, wäre es Vorsatz, und das wäre dem Tatbestand des Mordes zughörig. (Ich bin kein Jurist, aber ich glaube, dass das so richtig ist, zumindest dem Inhalt nach).
Bei der Selbstverteidigung im Kriegsfall aber ist ein konkreter Plan und damit ein Vorsatz gegeben, und damit wäre die Selbstverteidigung im Krieg rein formal mit dem Begriff des Mordes gleichzusetzen, denn er nimmt den Tod Unzähliger fraglos in Kauf.
Das heißt, dass die rechtliche Grundlage der Selbstverteidigung nicht dem Grundsatz der Gleichheit entspricht. Im zivilen Leben dient nämlich die Selbstverteidigung dem Erhalt des Lebens, während sie im Krieg der Tötung von Menschen dient. In beiden Fällen aber geht es um das Gleiche, nämlich um den Menschen.
Folglich handelt es sich bei der Formulierung des staatlichen Selbstverteidigungsrecht um eine menschenverachtende Fiktion...