Gysi, nun wundert es mich aber schon wieder, warum du dich als aktiver Atheist dann auf Paulus beziehst und nicht auf Jesus. Ist für dich der Paulus das bessere Argument als der Urheber der Lehre oder passt es besser in den atheistischen Kontext?
Und vielleicht wird es jetzt auch klarer, dass es nicht „den Gläubigen“ gibt, nicht „den Christen“, sondern Menschen, die nach Antworten suchen und gelegentlich auch bei der Religion fündig werden. So würde es sich durchaus lohnen, nicht alle in einen Topf zu werfen – es könnten sich gute Ideen dahinter verstecken.
Und auch das mit der Erlösungslehre ist so eine Sache, die man verschieden Auslegen kann. Gehst du einen Schritt weiter, dann geht auch Jesus davon aus, dass deine Taten für dich sprechen und du daran gemessen wirst. Das ist auch richtig so, denn alles was du tust ist dir zuzuschreiben und muss von dir alleine vertreten werden. Das ist aber keine Konzentration auf das ICH, da auch die nicht gewährte Hilfe für andere und Handlungen gegen andere eben zu deinen Taten gehören. Im Grunde betreffen deine Handlungen immer die anderen und daher ist es auch richtig, dass man dich an deinen Taten misst. Wo du da nun das Problem siehst, ist mir nicht klar und Jesus geht in der Tat davon aus, dass du dich bekennen musst. Das sehe ich allerdings auch so.
Was die Kirche dann mit dem Seelenablass etc. gemacht hat, das hat nichts mehr mit der Lehre zu tun.
Trägt man den Gedanken nun zur Sexualität zurück, dann kannst du dir eigentlich im Sinne der Lehre Jesu selbst ausmahlen was geht und was nicht geht. Blickt man auf Werte wie Respekt, Nächstenliebe, Liebe und Hilfe für andere, dann sind manche Dinge einfach nicht drin. Das gilt aber auch für andere Bereiche gleichermaßen.
Die „Vergöttlichung“, wie du das nennst, spielt im Grunde für einen denkenden Menschen keine Rolle. Respekt ist das was zählt und wenn ich das Leben Jesu und seine Lehre nehme, dann steht er nun einmal ganz oben. Wenn das schon die Etage des Göttlichen ist, dann sei es so. Da Jesus aber selbst keinen besonderen Wert auf diese Qualifikation gelegt hat, spielt es auch nicht die große Rolle.
Was aber zählt ist, ob du jemanden vergewaltigst oder gegen seinen Willen zu Handlungen zwingst. So gibt es auch in der Lehre Jesu Unterschiede und immer wieder zählt deine Intention, deine Absicht und dein Motiv bei deinen Handlungen. So gesehen wird hier der gesunde Menschenverstand angesprochen und beim Thema Sexualität wird jedem sehr schnell klar sein, was noch im Rahmen ist und was nicht.
Zu unterscheiden ist aber zwischen der Lehre Jesu, der Bibel und den von der Kirche geschaffenen Regeln.