Sehe ich auch so. Wir Erkenntniswesen neigen dazu, unseren Erlebnisumkreis bis zum geschlossenen Weltbild zu deuten, auch wenn wir dazu (noch) gar nicht fähig sind. Das ist ja auch noch kein Verbrechen, ganz im Gegenteil: Jede Forschung beginnt im Feld der Spekulation. Aber wenn wir unseren (erdachten) Geschichten nicht die berühmte Ceteris-Paribus-Klausel ("unter gegebenen Voraussetzungen") hintan stellen, zweifeln und weiter denken und forschen, dann betrügen wir uns selbst.
Als die großen, heute noch maßgebenden, Weltreligionen entstanden, da war die Wissenschaft noch ein Keimling. Unseren Urvätern kann man keine Irritationen vorwerfen. Aber wir müssen uns heute vorwerfen, dass, oder wenn, wir wider besseres Wissen, auf das wir heute zugreifen können, einer Religion eins zu eins folgen, nur weil wir die so gelernt haben und weil wir die Hosen voll haben vor dem "jüngsten Gericht".... Aufrichtigkeit sollte unsere erste Tugend sein. Und wir haben die Instrumente, die Welt (Existenz) besser zu erkennen, als unsere Vorväter und -mütter das konnten. Das Wissen explodiert.
Der Monotheismus ist in einer Zeit entstanden, als es noch keine Staaten und keine ausgereiften Gesetzgebungen nach heutigem Muster und Umfang gab. Der monotheistische Gott stand für Moral und Recht!
Wenn wir heute noch so reden, wie unsere Vorleute das taten mit den selben (erdachten und/oder wirklich geglaubten) Heilsbildern (ewiges Leben als Lohn für Folgsamkeit und Sittlichkeit), um die Völker zu disziplinieren, dann haben wir die - quasi - Sünde begangen, unsere gewachsene Kenntnis und unsere äußeren Hirnlappen zum Wohl der Menschen nicht zu nutzen - der äußeren Hirnlappen, die uns nicht als Schmuck gewachsen sind - sie sind uns gegeben worden, um sie zu nutzen!
Gysi