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Aus dem im Heiligenlexikon verlinkten wissenschaftlichen Bibellexikon:


3. Die Frage der Historizität

Die Abraham-Erzählungen spielen nach der biblischen Chronologie im zweiten Jahrtausend v. Chr. (ca. 19./18. Jh. v. Chr.). Die Überlieferungen über Abraham sind jedoch sämtlich erst in viel späterer Zeit entstanden bzw. verschriftlicht worden. Daher ist es aufgrund der Quellenlage unmöglich, Aussagen über die historische Faktizität Abrahams zu treffen. Archäologische Funde (insbesondere aus → Mari und → Nuzi) erhellen die Lebensweise, Sitten, Rechtsbräuche und religiösen Vorstellungen des von der Bibel anvisierten Zeitraumes, bringen aber keine Evidenz für eine historisch greifbare Existenz oder Nicht-Existenz Abrahams. Die von der Bibel reflektierte Lebensweise Abrahams entspricht in manchen Punkten der außerbiblisch belegten Lebensform von sog. Randnomaden, nichtsesshaften Gruppen, die auf der Suche nach Weideland sind und bisweilen Kontakt zu sesshaften Stadtbewohnern aufnehmen bzw. selbst im Begriff sind, sesshaft zu werden (vgl. Worschech, 1983). Insofern lässt sich aus außerbiblischen Quellen ein ungefähres Bild der Welt zeichnen, die die Verfasser der Abrahamerzählungen vor Augen hatten. Allerdings liegt ihnen nicht an einer möglichst korrekten Einbettung Abrahams in diese Welt. Wenn sie dem Ahnvater z.B., um seinen Wohlstand zu veranschaulichen, den Besitz von Kamelen zuschreiben, handelt es sich um eine Rückprojektion aus späterer Zeit. Das Kamel ist nämlich erst im ausgehenden 2. Jahrtausend v. Chr. gezähmt und im Alten Orient erst weit nach 1000 v. Chr. als Lasttier verwendet worden. Der in den 1960er und 1970er Jahren aufgekommene Optimismus hinsichtlich einer historischen Rekonstruierbarkeit Abrahams (Albright, 1961; de Vaux, 1965) ist deswegen mittlerweile wieder aufgegeben worden (Thompson, 1974; van Seters, 1975; Finkelstein / Silberman, 2002). Auch der Versuch, eine nomadische „→ Väterreligion“ zu rekonstruieren (Alt, 1929; Noth, 1948) wird bestritten (Köckert, 1988) und scheitert wohl an dem späten, kompositionellen Charakter der Verheißungsreden und an der Beobachtung, dass die angeblichen Kennzeichen der Väterreligion aus einer lange Zeit und allgemein gültigen Familienfrömmigkeit stammen, die keine spezielle Datierung ermöglicht.


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