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Österreichische Doppelpässe

interlocutore

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30. September 2016
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1.892
Die Idee unserer Regierung, italienischen Staatsbürgern in Südtirol ("Regione Alto Adige") österreichische Reisepässe wie eigenen Staatsbürgern, also nicht Staatenlose (?), auszustellen, hat gerade der Südtiroler Volkspartei eine historische einmalige Wahlniederlage eingebracht. Man konnte sich gegen die "Wahlhilfe" von Kurz und Strache nicht wehren. Die Südtiroler sind sehr stolz darauf, zu den erfolgreichsten Regionen Europas zu gehören und damit Österreichs Regionen abzuhängen.

Abgesehen von der rechtlichen Problemlage, in welcher Italien als deklariert anti-nationalistischer Staat Differenzierungen nach Sprachen in der Nachfolge des faschistischen Regimes nicht zulässt, wäre so ein Doppelpass auch politisch gesehen ein gefährlicher Unsinn.

1. Unsere österreichische Regierung möchte diese Pässe nur an Südtiroler ausstellen, die Deutsch oder Ladinisch sprechen. Wahrscheinlich würden nämlich überwiegend Italiener ohne deutsche Sprachkenntnis solche Pässe beantragen. So eine von außen eingebrachte Entzweiung in Sprachgruppen würde der italienischen Verfassung widersprechen, weil Italiener als Staatsbürger nicht nach Sprachfähigkeit unterschieden werden darf. Es würden sich sicherlich einige Millionen Italiener finden, die solche Doppelpässe sofort beantragen würden. Wenn der italienische Staat so ein Unding zulässt, würde er zur Feststellung der sprachlichen Eignung für den Doppelpass wohl kaum seinen Beamtenapparat zur Verfügung stellen. Österreich müsste in so einem Fall eigene Behörden auf italienischem Territorium installieren und finanzieren. Da müssten dann Beamte speziell ausgebildet werden, die auch die italienische Sprache sprechen können, denn es gibt ja "Südtiroler" nach dem rassistischen Verständnis unserer Regierungsparteien, die sich nur auf Italienisch echt verständlich machen können. Natürlich hat das für die romanischen Sprachgruppen dasselbe Erfordernis.

2. Es gibt wahrscheinlich keine zweite Region in Europa, die so wie die Südtiroler eine schnellere Verwirklichung einer echten EU herbei wünschen. Man würde dort einen EU-Pass bevorzugen, in welchem die Region der Herkunft bzw. des Wohnsitzes eingetragen ist.

3. Wenn diese staatliche Unart, dass Nachbarstaaten sich gegenseitig Doppelpässe mit zugehöriger Doppel-Staatsbürgerschaft ausstellen, in Europa einreißt, dann wäre Österreich bald in einem Dilemma. Slowenien würde den Kärntnern eine solche Möglichkeit anbieten, Italien vielleicht als Revanche den Bewohnern der Bezirke Hermagor und Villach, Kroatien vielleicht den Burgenländern im Süden des Burgenlandes, Ungarn im Sinne der Freundschaft unserer Politiker zu Orban gleich das ganze Burgenland, Tschechien würden gleich ganz Wien mit dieser Möglichkeit beglücken und den Rest erledigt dann Deutschland oder vielleicht nur Bayern.

Wo man jetzt so viel von Sicherheit spricht und diese auch in den Vordergrund stellt, bekommt man graue Haare bei dieser verworrenen und unbedachten Handlungsweise unserer Regierung. Man wiegelt die Emotionen in der Bevölkerung auf, mit Projekten, die von vornherein keinen ernsthaften Inhalt haben - und schon gar nicht eine Aussicht auf Verwirklichung. Zum Glück!

Unsere Regierung handelt nach dem Grundsatz "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's völlig ungeniert". Ein Österreicher, der schon lange amerikanischer Staatsbürger war, hat immer gesagt, wenn er einen Österreicher entdeckt hat, "Ah, Österreicher? Ein Österreicher wird rot, wenn er die Wahrheit sagt". Jetzt muss es heißen: "Wenn Österreicher politische Vorschläge machen, denn bestimmen düstere Hintergedanken die Absichten" - und sie werden gar nicht rot - alles nach unserem Motto, "Du glückliches Österreich, lasse die anderen in Konflikt geraten!"
 
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Du hast es hier auch schon versucht. Für mich gibt es nur eine Frage: Weshalb nicht die heimische Staatsbürgerschaft & zusätzlich einen Europapass? (meinetwegen auch die "Europäische Bürgerschaft")

Österreich ist nicht die einzige Regierung, die aktuell Murks "gegen" Europa fabriziert.....
 
Du hast es hier auch schon versucht. Für mich gibt es nur eine Frage: Weshalb nicht die heimische Staatsbürgerschaft & zusätzlich einen Europapass? (meinetwegen auch die "Europäische Bürgerschaft")

Österreich ist nicht die einzige Regierung, die aktuell Murks "gegen" Europa fabriziert.....
Oh je! Ich habe heute nur die Ergebnisse der Wahl in Alto Adige erfahren und hatte es vergessen, dass ich dazu meinen Senf schon abgegeben hatte.
Ich entschuldige mich für diesen Lapsus und bedanke mich, dass Du dieses "Link zurück" in Deinen Beitrag eingesetzt hast.

"Europapass" mit heimischer Zuordnung - ob staatlich oder regional - wäre für mich fast so gut und konsequent wie "Europäische Bürgerschaft"
 
Was ist denn "katholisch links" ?
https://www.sueddeutsche.de/politik...ch-fuer-die-suedtiroler-volkspartei-1.4180007
Die "deutschen Rechten" verlieren und die "italienischen Rechten" gewinnen ?

Kannste das mal etwas entwirren?
1. "katholisch links" - ich kann mich nicht erinnern, wo ich dies geschrieben haben könnte bzw. in welchem Zusammenhang.
Aber: "links" und "rechts" gibt es in meinem Denken nicht, es sei denn ich zitiere die allgemein gebräuchlichen Schlagworte bestimmter Gruppen, die hinter diesen Einteilungen eine Differenzierung zwischen "gut" und "böse" vornehmen wollen - je nach Standpunkt. An "katholisch" kann man ablesen, wie sich die Beurteilungen und Standpunkte durch die Zeiten wandeln. Noch vor 15 Jahren hätte jeder bei "katholisch" sofort "rechts" geschrien, obwohl jene, die schreien, sich genau auf "katholische Werte" in der Politik beziehen. Nur hat die katholische Kirche als organisierter Körper sich dazu nicht sehr laut geäußert. Heute beklagen sich gerade die sog. "Rechten" in der Politik, dass die "katholische Stellungnahme" zu politisch relevanten Prozessen so eindeutig "rechts" wäre. Die Zeiten, als Priester von der Kanzel aus für sog. "rechte Parteien" Werbung gemacht haben, sind seit 60 Jahren vorbei, weil es auch innerhalb der Kirchen bewusst geworden ist, dass sie eigentlich für die Ethik der sog. "Linken" predigten. Jörg Haider hat die SPÖ deshalb so gereizt, weil er genau mit diesen Worten, welche die SPÖ in ihrer Propaganda viele Jahre lang nach dem Krieg ins Verständnis der Wähler eingepflanzt hatte, seine revolutionären Erfolge einfahren konnte. Er war nur eloquenter und für den sog. "einfachen Bürger" glaubhafter. Nur weil Strache zur Dramatisierung seiner Ablehnung von Zuwanderern einmal ein Kreuz ins Bild der Fernseher gehalten hat, ist er noch lange kein Katholik.

2. Die "deutschen Rechten" verlieren und die "italienischen Rechten" gewinnen ? Dazu ist nichts zu sagen und nur auf den "Erfolg" der CSU, im Kampfmodus gegen Merkel und mit der Unterstützung unserer österreichischen Regierung, aufmerksam zu machen. Die AfD ist ja nicht mit "links" oder "rechts" zu qualifizieren, da sie von jeweils einer Gruppe als so etwas bezeichnet wird. "Links" wäre sie, weil sie ein Kollektiv als mystisches Gebilde schaffen und sich nutzbar zu machen versucht. "Rechts" weil kulturfeindlich, fern rationaler Konzepte und so Gewalt erzeugend. In Italien hat doch die "Lega" und "Cinque Stelle" abgeräumt, die von unseren sog. "Linken" Moralisten immer als "rechts" bezeichnet werden, was nur möglich ist, weil ein simpler Österreicher einfach nicht imstande ist, bei Wahl-Motiven eines Italieners aus diesen starren Denkstrukturen auszubrechen, die unsere Politik so vergiften. Ich habe die Vermutung - nach Gesprächen mit Italienern -, dass mehr italienisch sprechende Wähler SVP als etwa "Lega" gewählt haben und dass wiederum viele Deutsch-Sprachige italienische Parteien gestärkt haben. Die SVP ist zwar eine bürgerliche Partei aber geradeso viel rechts wie links, nämlich gar nichts, eben so wie bei uns die Türkisen. Kompatscher hat sich bei manchen "deutschen" Südtirolern aus dem Rennen geschossen, weil er sich nicht eindeutig zu Südtirol bekannt und die Doppelstaatsbürgerschaft abgewiesen hat, obwohl er wusste, dass dieses Programm undurchführbar und Konflikt erzeugend wäre.
 
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Der Artikel in der SZ war mir eh bekannt. Nur leider haben die Schreiberlinge in der SZ nicht einen Hauch von Kenntnis italienischer Verhältnisse. Die Lega Nord ist nämlich diese Partei, die von ihren Anfängen an mit einer Loslösung italienischer Regionen von italienischen Zentralstaat Werbung macht. Die würden sofort für den österreichischen Doppelpass stimmen, wenn sie was bei diesem Thema zu sagen haben. Im Südtiroler Landtag ist nämlich die Sitzverteilung zwischen Italienisch sprechenden Abgeordneten, deutschen mit Ladinischen festgelegt und kann durch eine Wahl nicht verändert werden. Es bleiben immer gleich große Gruppen, was die deutschsprachige Minderheit im Bestand und Einfluss sichern soll. Nur weil die Süddeutsche was schreibt, muss der Blödsinn ehemaliger deutschtümelnder Studenten nicht wahr werden. Das stört einen ja, dass mit solchen Emotionen-beladenen Begriffen so leichtfertig umgegangen wird. "Rechtsnationalistisch" ist z.B. so ein Begriff, der einen Italiener in keiner Weise schreckt. Im Gegenteil, er freut sich dass einer, der solche Begriffe nutzt, damit zeigt, wie er im herrschenden Meinungssystem sich angegriffen und schwach fühlt. Die SZ hätte es vielleicht gern, dass die sog. "Bumser" wieder von Bayern aus nach Italien fahren, um dort nach dem Modell des IS zu spielen.
 
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