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AW: Organisationstheorie


 Nein, das wäre leider nicht zu bestreiten. Wir werden uns zwar darin einig sein, daß "Sozialismus" und "Kapitalismus" nur Antagonisten sind, wenn man sie willkürlich zu solchen erklärt - wie Du ja schon darlegtest, kann man auch jede Form der Sozial- oder besser Wohlfahrtsstaatlichkeit als "sozialistische" Organisationsformen ansehen, die - schon durch Bedürftigkeitsprüfungen oder die Kriterien der Beitragserhebung - letztlich die Freiheit einschränken, weil ich Bürger mich vor dem Staat ausziehen muß, seiner Sozialleistungswilligkeit jedoch kaum entgehen kann. Aber: will ich das nicht auch? Sichere Rente und so? Oder bin ich freier, wenn nur meinem Sparstrumpf vertraue oder, anderes Beispiel, wenn ich Unternehmer bin, keiner von der Baubehörde kommt und meinen Fabrikneubau überprüft? Schließlich schränkt das doch meine Freiheit ein, daß ich bestimmte Baukriterien zu erfüllen habe! Langer Rede kurzer Sinn: Die politische Rede von "Freiheit vs. Sozialismus" ist freilich Humbug, es ist kein Antagonismus sondern eine Dialektik: der Rechts- Wohlfahrts- oder Ordnungsstaat ist kein quasi sozialistischer, sondern die Ordnung soll das Gerüst für freie Entfaltung in Sicherheit gewährleisten. Klingt doch sehr vernünftig, und alle anderslautende politische "Semantik" ist Dummfug! Und das weiß auch die FDP sehr genau: "richtige" Liberale halten diese Partei ja für den größten Verhinderer des Liberalismus in Deutschland, hehe...



Genau, gib Gas, ich will Spass! Wie wär's mit ner kleinen Spritztour in meinem 300 SL? Ich meine, wo ich dir doch inhaltlich (wieder einmal) überhaupt nicht widersprechen will?



Einverstanden, wie gesagt. Mit ein paar fragenden "Abers".


 Wobei die Organisation letztlich auf amtlicher Ebene staatfindet und politischen Gremien (auf Kommunalebene: Bürgervertretungen) ein zäh verhandelndes Mitspracherecht eingeräumt wird. Warum zäh? Weil die Behördenvertreter am Ende oft über größere Sachkenntnis verfügen. Auf höherer Ebene allerdings bestimmt die Politik: Richtlinien der Behördenumstrukturierung z.B. Also auch hier in der Praxis ein Ineinandergreifen, das sich begrifflich nicht ohne weiteres auflösen läßt. Ergo sehe ich zwischen Organisation und Politik auch keine Hierarchie im Sinne eines Oben / Unten oder eines Primats des einen oder anderen, sondern ein vermitteltes System mit nuancierten Rollenzuweisungen.


 Ja, das war nichts mit dem Durchregieren. Ist nun mal nicht drin in einer Demokratie, daß ein einzelner die Hoheit über die Begriffe erlangt.


Aus linguistischer Sicht wäre das jedoch schon rein theoretisch nicht möglich, Sprache (hier vor allem: deren Semantik als teilweise oder besser: ganze, denn jede Umdeutung verschiebt das gesamte Gefüge) kann sich nur sehr langsam wandeln, insbesondere bei einer explodierenden Inflation der Mehrfachbedeutung von Wörtern. Klingt paradox, nicht? Aber Merkel kann gar nichts neu definieren: sie fügt bestenfalls den vorhandenen Bedeutungen ein paar weitere hinzu, und nichts garantiert, daß sie so verstanden wird, wie sie verstanden werden möchte. (Oh, mein Lieblingsthema!) Vielleicht aber kann sie tatsächlich Akzente verschieben - vor allem der Handlungsprämissen, und vielleicht wird die Wortwahl da zweitrangig, wo neue Normen gesetzt werden?


 

Okay, meine Frage nach der "Autopoiesis von Sprache" mag nebensächlich erscheinen, ist aber eine von den schwierigeren, die bei mir entstehen, nach dem ich mich mit der Systemtheorie allmählich angefreundet habe. Die ältere Semiotik kam ja noch zu dem Schluß, daß wir den jeweils kulturell bestimmenden Sprach-Codes nicht entgehen können - und das deutest Du doch hier - "meist stärker als Logik oder Vernunft" - auch an?



Seufz... tja, Habermas und die Daten des DIW haben den Vorzug (?) der einfachen Griffigkeit, auch wenn wir natürlich ahnen, daß sich in Wirklichkeit alles ganz anders verhält ;)


Ich beginne jedoch zu ahnen, daß wir auf sprachtheoretischem Wege hier nicht weiter kommen: nützt nüscht, eine neue Semantik entwerfen, wo es um - du sagst es - schlicht um eine pragmatistische Sicht der Dinge geht. Wenn wir den politischen verbalen Aufputz abblättern, ist allerdings auch schon viel gewonnen.


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