Die Diskussion über skrupellose Gewinn-Maximierung führt unweigerlich zu der Frage:
wie hoch darf denn eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals ausfallen, ohne moralisch verwerflich zu sein ?
Eine Milchmädchenrechnung auf der Basis von Annahmen, die derzeit in Österreich realistisch erscheinen,
soll auf diese Frage eine erste Antwort geben.
Annahme für die Geldentwertung: durchschnittlich 2,4 Prozent pro Jahr.
Annahme für Kapitalertragssteuer: 25 Prozent vom Ertrag.
Bei diesen Annahmen gilt, dass ein Sparguthaben mit mindestens 3,2 % p.a. brutto verzinst werden muss,
damit das Guthaben am Ende der Sparperiode die gleiche Kaufkraft besitzt wie am Beginn der Sparperiode.
Bei 3,2 % Verzinsung erhält der Sparer aber noch keine Belohnung für seinen Konsumverzicht.
Inklusive einer solchen Belohnung ergeben sich Zinssätze im Bereich von 3,5 bis 5 Prozent.
In diesem Bereich lagen in der jüngeren Vergangenheit sowohl die Zinssätze für Kapitalsparbücher
als auch die Sekundärmarktrendite für Bundesanleihen.
Bis zu 5 Prozent reicht somit derzeit die moralisch unbedenkliche Verzinsung bei einer sehr risiko-armen
Veranlagung und mittlerer Veranlagungsdauer (das konnte jedes Muatterl für ihr Kapitalsparbuch bekommen).
Vollzieht man nun noch den Schritt von der sehr risiko-armen Veranlagung auf einem Kapitalsparbuch
zu einer eher risiko-reichen Veranlagung in einem Unternehmen, dann ist noch eine Risiko-Prämie
aufzuschlagen.
Für diesen Aufschlag kann der langfristige Durchschnittswert von 2-3 Prozent angesetzt werden.
Die moralisch unbedenkliche Verzinsung für mittelfristige Veranlagungen mit durchschnittlichem Risiko
liegt unter den derzeitigen Gegebenheiten somit
in der Grössenordnung von etwa 8 Prozent pro Jahr brutto.
Vor diesem Hintergrund müssen Ankündigungen von Unternehmensführern in Geschäftsberichten und
Bilanzpressekonferenzen, dass
"durch rigorose Sparmassnahmen die Eigenkapitalrendite von 11 % auf 14 % angehoben werden muss"
als schlichtweg unmoralisch bewertet werden.
Dies umsomehr dann, wenn die angepeilten Sparmassnahmen nahezu ausschliesslich die Personalkosten
bzw den Beschäftigtenstand betreffen.