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Mietpreise in Ballungsräumen: Mieter abschrecken?

PhilippP

Well-Known Member
Registriert
8. April 2003
Beiträge
931
Hallo zusammen,

bekannt ist, dass Mieten und Immobilienpreise seit Jahren stetig steigen. Insbesondere in größeren Städten und Umgebung sind die Preise inzwischen in Höhen geklettert, dass es für Normalverdiener schwer sein dürfte, sich solch eine Wohnung überhaupt noch leisten zu können.

Heute habe ich eine Freundin in einer Großstadt (Deutschland) besucht. Sie wohnt in einem Neubaugebiet (ehemalige Industriegegend) in Wohnblocks dicht auf dicht. Klar, die Wohnungen sind schon neu und wohl auch bautechnisch auf der Höhe der Zeit, aber wirklich nichts, was einen nun in neidvolles Staunen versetzen müsste - ganz normale Wohnungen in einer gar nicht mal so tollen Wohnlage halt. Die Aussicht vom Balkon direkt auf denjenigen der Nachbarn (und umgekehrt). In Innenhöfen wird der Straßenlärm (Kita, Spielplätze, Baustellen etc.) reflektiert und stetig durch offene Fenster transferiert - auch das normal für eine Großstadt.

Gar nicht normal sind die Mietpreise. Eine 3-Zimmer-Wohnung (ca. 80 qm) kostet warm 1800 Euro. Jährliche Mietpreiserhöhungen um 10% inklusive.

Da darf es einen nicht wundern, wenn viele Wohnungen (trotz akuter Wohnungsnot) im Leerstand sind. Leute ziehen ein und wieder aus - wie nennt man eigentlich solche Wohnungen in Fachkreisen, die nur als Sprungbrett nutzbar sind, weil schlicht zu teuer für Normalsterbliche - gibt es dafür mittlerweile einen Fachbegriff?

Auch besagte Freundin sucht und wird hier nicht auf Dauer bleiben können. Offenbar lohnt sich solch ein Leerstand für große Aktiengesellschaften sogar, ließ ich mir sagen. Könnte es sein, dass horrende Mietpreise und saftige jährliche Mietpreiserhöhungen einen steten Mieterwechsel bzw. Leerstand erst provozieren sollen? Denke ich hier vielleicht zu pessimistisch oder einseitig?

Ich selbst wohne in einer mittelgroßen Stadt und bin von dergleichen Perversitäten (noch) nicht betroffen, aber auch hier gehört günstiges Wohnen längst der Vergangenheit an.
 
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Gründe:
Fiatmoney sucht sich Sachwerte, für die vorhandene Geldmenge fehlt es einfach an Alternativen,
anhaltende Attraktivität von Ballungsräumen für junge Leute,
Bevölkerungspressing in Richtgung Innland...was sich in westlichen Großstädten kondensiert,
aktuell hohe Neubau- und Sanierungskosten,
Immobilienmantra : Lage, Lage, Lage
[Herdenverhalten, Einkommen, Reduktion des Individualismus auf Sexualverhalten und Cyber-Identitäten)]

Solche Wohnungen werden meist aus beruflichen Gründen bezogen und verursachen beim Mieter erhebliche Umzugs-, Neuanschaffungs-, und Bereitstellungskosten. Die Freude über den gut bezahlten Job und das damit verbundene neue Leben mit einer unerschöpflichen Zahl potentieller Sexualpartner in der Großstadt überwiegt genauere Kalkulationen.

Diese hohen Mieten drängen nach einem Ausgleichsverhalten, man sucht sich, sobald man fest im neuen Job sitzt und Zeit für eine genaue Recherche im Umland hat, was billigeres. Oft verzögert sich "sicher sein" jedoch um mehrere Halbjahresverträge. Große Immobiliengesellschaften sind vorrangig Kapital-Sammelbecken...erst zweitrangig sind sie, anders als z.B. kleine Wohnungsbaugenossenschaften, gewinnorientiert und an langfristigen Kundenbindungen interessiert. Oft liefern sie die Umzugsdienste und Renovierungsdienste gleich mit und gleichen damit die kurzen Leerstände durch eigene Einnahmen etwas aus. In diesen Umzugsdiensten werden dann oftmals arme Leute oder teils Behinderte ausgenutzt. Die Alternativen zu "Geld in Immobilienfonds stecken" bieten im Moment geringe Konkurrenzzinsen. Aktien sind natürlich etwas drüber, aber Investoren, die in Mietshäuser gehen, haben meist schon Aktien, sie brauchen einfach noch ein weiteres Standbein, bei dem es nicht vorrangig um die höchste Rendite, sondern um einen Risikoausgleich geht.

Hier prallen also das Interesse an bezahlbaren Mietwohnungen und das momentane Nichtinteresse an einer lückenlosen Vermietung auf einander. Momentan hab ich mal unterstrichen. Dir kann ich nur raten, die anderen in solche Ballungsräume pilgern zu lassen, wie in die Impfzentren und die möglichen Vorteile, die sich daraus derzeit ergeben, bei Bedarf umzusetzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Große Immobiliengesellschaften sind vorrangig Kapital-Sammelbecken...erst zweitrangig sind sie, anders als z.B. kleine Wohnungsbaugenossenschaften, gewinnorientiert und an langfristigen Kundenbindungen interessiert.

Ein guter Beitrag zum Thema. Ab Minute 14 wird auf die von mir aufgeworfene Frage näher eingegangen:
 
Ja, mei, das ist Kapitalismus mit Marktwirtschaft, da wird spekuliert, um Geld zu machen und dafür ist das Produkt Wohnung oder Immobilie hervorragend geeignet, kaum einer kann sich dem entziehen.
Der Staat regelt den freien Markt nicht, er hat Angst so in eine Planwirtschaft zu geraten. Es bleibt nur zum Wohnen Alternativen zu finden und auf die Spekulationsobjekte nicht hereinzufallen, auch, wenn sie hohe Renditen versprechen.
Es ist der mündige Bürger, der für sich im Kapitalismus eine Lösung findet und wer das nicht kann, wird erbarmungslos über den Tisch gezogen. Man muss nicht nach München ziehen um Leben zu können und mit den teuren Mieten
konfrontiert werden, es gibt so viele andere Orte. Jedoch grundsätzlich ist Spekulation auf dem freien Markt in diesem System erlaubt.
 
Der Staat regelt den freien Markt nicht, er hat Angst so in eine Planwirtschaft zu geraten. Es bleibt nur zum Wohnen Alternativen zu finden und auf die Spekulationsobjekte nicht hereinzufallen, auch, wenn sie hohe Renditen versprechen.

Der Staat versucht schon, hier im Sinne einer "Sozialen Marktwirtschaft" (Kapitalismus pur haben wir hierzulande noch nicht) regulierend einzugreifen, auch wenn dies offensichtlich nicht von spürbarem Erfolg gekrönt ist.

Es ist eben befremdlich, wenn man in einer Großstadt durch eine Neubausiedlung fährt und dort viele Wohnungen im Leerstand sind, andererseits aber die Nachfrage nach Wohnraum in der Region so groß war wie selten zuvor. Auch hier gab es im Vorfeld Versprechungen der Stadt (ich habe recherchiert), die aber ganz offensichtlich nicht annähernd eingehalten wurden. Man darf hier freilich verschiedener Auffassung sein, aber ich denke nicht, dass es langfristig auch im Sinne einer (gesunden) Marktwirtschaft funktionieren kann, wenn Wohnraum so teuer ist (sein muss?), dass er nicht mehr dauerhaft bewohnt werden kann. Wenn Neubauwohnungen nicht mehr adäquat vermietet werden können (das zahlungskräftige Klientel hierfür auf lange Sicht ausbleibt), dürfte/müsste doch die Rechnung negativ ausfallen. Eine Wohnung mag zwar auf dem Markt zu höheren Preisen verkäuflich sein, wenn sie aktuell unbewohnt ist (und/oder es vielleicht noch nie war), aber wenn sie gar nicht mehr bewohnt werden kann (vom Käufer selbst vielleicht abgesehen, diese Option dürfte bei großen und z.T. im Ausland sitzenden Konzernen aber entfallen), sehe ich keine weitere Wertschöpfungsmöglichkeit. Von einer irgendwann platzenden Spekulationsblase einmal abgesehen.
 
Du brauchst Dir nicht den Kopf der Spekulanten zerbrechen, die wissen schon wie man trotz Leerstand viel Geld macht. Da geht es nicht um den Bedarf der Bevölkerung wie es Politiker gern benennen, es geht einfach nur eiskalt ums Geschäft und dafür bietet dieses System die ideale Grundlage. Soziale Marktwirtschaft war auch mal in den Reden der Politiker zu hören aber das ist Augenwischerei, die Wirtschaft bestimmt im Kapitalismus wo es lang geht und nicht die Politiker.
Natürlich gibt es gerade in Deutschland ganz viele soziale Verbände und Institutionen, die kann man nutzen, wenn man im normalen Alltag durchgefallen ist, um aufgefangen zu werden, aber das bedeutet, dass die Sozialstation ansagt was zu tun ist.
An der Spekulation mit Immobilien lässt sich in diesem System nichts ändern, es gehört dazu, auch ein Mietendeckel wie einige Parteien fordern können die Preissteigerung aufhalten aber nicht die Spekulation und den Leerstand.
Man kann im Kapitalismus den Geschäftsleuten nicht das Geschäft versauen, dann wäre es keine Marktwirtschaft mehr. Der Staat kann Wohnungen bauen in Eigenbesitz und sozial vermieten, will er aber nicht, denn im Kapitalismus ist der private Eigentümer zuständig, auch als Baufirma. So bauen viele private Großfirmen Häuser als Abschreibeobjekt, Luxusappartements, die stehen dann leer, weil niemand die enormen Mieten zahlen möchte. Die Firma hat ihren Gewinn gemacht.
Ob Menschen eine bezahlbare Wohnung brauchen, spielt dabei keine Rolle, die private Großfirma ist ein kapitalistisches Unternehmen und muss laut Gesetz des Kapitalismus Profit machen und nicht Menschen Wohnraum ermöglichen mit sozialer Gesinnung wie bei der Arbeiterwohlfahrt. Natürlich ist es Mist den Leerstand zu sehen während man weiß wie viele Menschen eine gute Wohnung suchen. Nur wir profitieren mit unserm 'Wohlstand' und der 'Meinungsfreiheit' vom Kapitalismus, dann muss man die unangenehmen Dinge auch in Kauf nehmen oder gaukelt die Fantasie ein Schlaraffenland vor wo es nur noch lieb ist? Das wird mit Menschen wie sie aktuell sind nicht zu machen sein.
 
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"Der Staat", das sind doch wir. Und egal was wir für Volksvertreter etablieren, sie versagen. Durch Selbstüberschätzung und/oder Dummheit. Witzig, dass Berlin plötzlich Wohnungen teuer zurückkauft, die vor einigen Jahren noch an Wohnungskonzerne verschleudert wurden. Dass Wohnungen im Eigentum Berlins genauso teuer vermietet werden wie die von privaten Anbietern. Müssen halt möbliert sein, hebelt jeden Deckel aus. Und dass gesetzliche Regularien wie in Berlin dazu geführt haben, dass es immer weniger mietbaren Wohnraum gibt, wurde vorher vor gewarnt. Doch wenn Ideologen sich etwas in den Kopf setzen, muss es der Bürger ausbaden. Leider kann nicht jeder in die Provinz ziehen und Homeoffice machen, da bleibt nur die Hoffnung. Polt bringt es auf den Punkt, aber nur die Auswüchse. Sozial eingestellte Vermieter gibt es dennoch, doch da agiert der Staat anders als erwartet. Finanzämter streichen bei zu billig erscheinenden Mieten bundesweit die Werbungskosten der Vermieter. Und hält daran fest.
 
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