AW: Michael Haneke's "Funny Games"
Auch bei mir ist es schon eine Weile her, dass ich "Funny Games" gesehen habe, und obwohl ich den Film auf Video besitze scheue ich davor zurück, ihn mir nochmal anzutun - insofern kann ich da jetzt nicht auf Details eingehen. Aber ich bin doch ziemlich schockiert in deinem Kommentar zu lesen:
tatsächlich? also bei mir konnte er (wie ja anzunehmen ist...) so ein gefühl nicht hinterlassen. aber ich möchte hier mal anmerken das es genau zwei filme gibt, die ich mir obwohl ich sie toll fand, aufgrund der art der darstellung von grausamen handlungen nicht nochmal ansehn werde - "irreversible" und "i stand alone". rein vom blutgehalt liegen diese beiden weit unter vielen filmen die ich so kenn, aber die darstellung der gewalt... brrr. es gibt im gegensatz dazu eigentlich keinen film, bei dem es zu blutig zugeht als das ich ihn mir nicht nochmal ansehen wollen würde.
Ähm, ja, gemessen an "Hostel" oder ähnlichem wird hier natürlich vergleichweise wenig explizite physische Gewalt dargestellt - Haneke will diese Art von Film aber ja auch gar nicht nachahmen, sondern die Erwartungshaltungen des Publikums unterlaufen.
naja man muss aber auch anmerken das explizite gewalt in drama/thriller-mixes in den 90ern noch kaum angewandt wurde. das wurde ja so hab ich das gefühl erst in den letzten jahren mit filmen wie zB "a history of violence" "salonfähig".
Insofern geht es da eher darum, dass sich die sich immer mehr aufbauende Spannung nie entlädt, durch irgendeine Befreiung, einen "Gegenschlag", durch die letztliche Rettung der Familie.
das ist find ich ja auch ein guter ansatz, aber vielleicht hätte man zB zu beginn die familie ein wenig kennenlernen müssen, sodass man "besser" mit ihnen leiden kann.
ich glaube mich hat auch das verhalten "bösewichte" ziemlich genervt, da sie ihre opfer in einer art verarscht haben, wie aussenseiter in der schule gequält werden - wobei natürlich die physischen "maßnahmen" heftiger ausgefallen sind, aber ich sprech hier halt die verbalen qualen an.
wenn man die bösewichte also nicht deshalb grauenvoll findet, weil sie furchtbare dinge mit den leuten anstellen, sondern weil sie wie vollidioten daherreden und man sich mit der familie nicht wirklich identifizieren kann - schlechte voraussetzungen für mich.
Deinem letzten Absatz entnehme ich, dass dir nicht bewusst ist, dass Haneke das Hollywood-Kino GANZ PAUSCHAL (!) zutiefst verachtet und deswegen sowieso kein Teil davon sein möchte - erstaunlich ist aber eben, dass ein Hollywood-Studio meint, mit dem 1:1-Remake eines Euro-Kunstfilms in den USA sonderlich Geld verdienen zu können.
noch erstaunlicher das er mitmacht wenn er es so tief verachtet.
ich muss sagen ich find es recht schlimm wenn leute hollywood konsequent ablehnen. wenn jemand sagt er hat was gegen blockbuster, so kann ich das noch verstehen, aber hollywood ist doch viel mehr als das. es werden dort ja auch genug innovative, gesellschaftskritische indie-filmchen produziert. wie herr boll letztens in einer videobotschaft so eloquent ausgedrückt hat: "social critic george clooney bullshit" (
http://www.youtube.com/watch?v=45F_JxrNoq0 )
P.S.: Zu "Princess" siehe den "Telepolis"-Artikel "Mit der Hacke in die Weichteile" (
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27591/1.html) , wo der (in Österreich bislang noch nicht gestartete) Film als "christlicher Hassfilm" und als "ein obszöner Gewaltporno im Gewand der Filmkunst" bezeichnet wird...
wow... das hier jemand schon von dem film gehört hat, hätt ich nicht erwartet.
ob er je in österreich im kino startet wag ich zu bezweifeln, tippe eher auf direct-to-dvd. ich war zum glück grad in deutschland als das fantasy film fest war. sowas bräuchten wir echt auch in österreich...
wie auch immer - in bezug auf den artikel:
das der film viele moralisch fragwürdige aussagen, die vom christentum inspiriert sind, tätigt, streit ich nicht ab und das ist auch der grund warum ich den film so furchtbar fand.
ich wollte nun schreiben das ich die bezeichnung "obszöner gewaltporno" allerdings lächerlich finde, aber gerade habe ich mich an eine szene des films und die reaktion des publikums erinnert. wie man meinen bisherigen postings entnehmen kann bin ich ja nicht gerade jemand, der etwas gegen gewalt in filmen hat, was ich allerdings tatsächlich erschreckend fand war die angesprochene reaktion. und zwar gibts in dem film eine szene, in der zwei burschen (wohl 5-10 jahre alt) das 5-jährige mädchen, um das es sich dreht, vergewaltigen wollen - der "held" august kommt allerdings dazwischen und bricht kurzerhand einem der beiden burschen so heftig den arm das der knochen raussteht... zum einen war ich schockiert wegen der darstellung (auch wenn ich sie durchaus passend fand), zum anderen wegen der wahnwitzigen aussage dieser handlung. nicht so der rest vom publikum... es erklang fröhliches gelächter rund um mich herum.
nun mag man vermuten das die gelacht haben weil diese "schweine" bekommen haben was sie verdienen (was ich schon bedenklich genug finden würde...), aber ich glaub 1-2 tage davor hats dort "the hills have eyes 2" gespielt, wo es eine recht derbe vergewaltigungsszene gibt, bei der niemand zur hilfe eilt und ... da haben die leute auch gelacht!
ich weiß nicht, vielleicht bin ich mit meiner moralischen einstellung nicht mehr am "puls der zeit", aber für mich waren diese reaktionen welche der schockierendsten dinge der letzten jahre.
das merkwürdige ist ja - ich frag mich woher diese leute solche einstellungen kriegen... ich hab in meinem leben so einige personen kennengelernt, die massig brutale horrorfilme in ihrer jugend geguckt haben und logischerweise auch viele, bei denen das nicht der fall war. und ich muss sagen das meiner erfahrung nach horrorfans oft sanftmütiger sind und sich in der realität mehr gegen gewalt aussprechen als leute, die horror ablehnen. insbesondere daher waren die erlebnisse in dem kino so heftig für mich und ich hab mich auch gefragt ob es da möglicherweise einen unterschied zwischen österreich und deutschland gibt - aber das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen...
zurück zu princess:
also ich denke nach wie vor das es leute gibt, die sich nicht an gewalt aufgeilen. und als jemand dieser gruppe muss ich sagen das ich finde das der film durchaus nette ansätze hat - prinzipiell hätte princess eine interessante, kontroverse story, wenn sie nicht von dieser pro-christentum/pro-selbstjustiz-sache dominiert werden würde. auch der visuelle stil hat interessante aspekte, wobei der film auf der leinwand plötzlich recht billig gemacht aussieht - im gegensatz zu den screenshots bzw. trailern mit geringer auflösung. eines was nichts mit qualität zu tun hat und ich sehr nett fand waren die einspielung von realen homevideo-aufnahmen um rückblenden zu erzählen. und ja, auch das gewaltausmaß fand ich gut - bloß waren die handlungsmäßigen begründungen furchtbar.