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Auf Thema antworten

Hinterfragen muss nicht zwangsläufig zur Erkenntnis führen, sondern kann auch Stagnation oder Resignation hervorrufen, weil man einfach zu keinem Ergebnis kommt.


Gysi, bitte entschuldige, dass unsere Diskussion jetzt vielleicht etwas zu persönlich wird, aber da du in deinem Profil auf deine Homepage verweist, dürfte doch einigen von uns dein atheistischer Werdegang nicht unbekannt sein.


Während du katholisch erzogen wurdest und erst als erwachsener Mensch diese Erziehung in Frage stelltest, die dich regelrecht traumatisierte, bin ich evangelisch erzogen worden.

Versteh mich nicht falsch, ich halte den protestantischen Glauben zwar für menschlicher und individueller, aber das non plus ultra ist er für mich trotzdem nicht.

Ich stamme aus einer Familie, die seit mehr als 200 Jahren in jeder Generation zumindest einen Theologen hervorbrachte - bin also mehr als "vorgeschädigt".


Zum Glück hatte ich einen Vater (eine Super-Mutter aber auch), der zwar Theologe war, es aber verstand, meinen Bruder und mich fast religions-neutral aufwachsen zu lassen. Wir wurden natürlich getauft, aber es wurde uns freigestellt, ob und wann wir uns konfirmieren lassen wollten. Während mein Bruder planmäßig mit 14 zur Konfirmation ging, hab ich mich erst mit 16 dazu entschlossen. Das Abendgebet gehörte natürlich zum Ritual dazu. Als mein Bruder und ich noch klein waren, da war es für uns so normal, wie der Gutenachtkuss oder die Einschlafgeschichte. Als wir noch klein waren, da war es selbstverständlich, dass wir mit meiner Mutter zusammen den Gottesdienst besuchten, den mein Vater abhielt. Als wir älter wurden, d.h. so ab 12, da wurde uns auch das freigestellt.

Als wir älter wurden, da begannen die Gespräche zwischen unserem Vater und uns und die gaben uns mehr, als uns jeder Konfi- und Religionsunterricht hätte geben können. (Ich spreche jetzt einfach mal für meine Bruder mit).


Aber bevor ich mich total vom Thema entferne:


Wie kannst du Rentenversicherungen, Gewerkschaften, Krankenkassen und med. Neuerungen mit dem Gefühl der Hilfe und Hoffnung vergleichen, die die Religion Gläubigen vermittelt???


Bist du dir sicher, dass du später überhaupt noch Rente bekommst? Bist du dir sicher, dass deine Enkel? einen  Kindergarten- oder Studienplatz bekommen? Kriegen wir alle die Pflegestufe 1, damit uns ein Platz im Altenheim sicher ist? Schaff ich meinen NC und bringt mit mein Studienfach etwas?

Der Glaube kann in existentiellen Fragen kaum helfen, aber er kann stärken, aufrichten, uns belastbarer machen (ok, auch leidensfähiger)

Was hat denn die "funktionierende Gesellschaft" in den kommunistisch-sozialistisch-regierten Ländern erreicht??? Die Glaubensausübung wurde zwar per Gesetz verboten, aber das hat niemanden daran gehindert, in einer winzigen Ecke seines Wohnzimmers ein Kreuz, eine Ikonen-Imitation oder sonstiges aufzustellen und in den Situationen, in denen  man wirklich Hilfe brauchte, Kerzen vor diesen christlichen Symbolen zu entzünden, weil der Staatsappparat damals wie heute nicht zu wahrer und wirksamer Hilfe fähig war und ist.

Und nun komm mit bitte nicht damit, dass Religion nur etwas für die Ungebildeten, fürs einfache Volk ist, während der Intellektuelle nach Höherem strebt, zweifelt und sich ausschließlich auf die Theorien der Wissenschaftler verlässt.


Und noch etwas: ( Ist eben ein sehr emotionaler und persönlicher Beitrag)

Hätte ich dieses bißchen Restglauben nicht, dann hätte ich die Situation, in der ich mich seit Januar befinde, sicher nicht so gut auf die Reihe bekommen, wenn man da von "gut" überhaupt reden kann.


Reicht das zum Thema " wie Religion Menschen helfen kann"?

Nicht die Religion als solche hat mir geholfen, aber die Tatsache, dass mein Vater hinter ihr stand, aber das nicht kritiklos.


Mit dem Glauben konfrontiert zu werden, für sich selber abzuwägen, was man davon fürs Leben verwerten kann und was nicht, das finde ich ok, weil auch das für mich zur Allgemeinbildung dazu gehört.


Na ja, das alles bringt sicher nichts, weil jemand, der den Glauben nur als etwas Abschreckendes erlebt hat, meine Gedanken sicher nicht nachvollziehen kann.


Rhona


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