Hi, Manni!
Welcher Philosoph lehnt den Urgrund (erste Ursache) ab? Nicht jeder diskutiert ihn (sie), lehnt ihn aber nicht ab! Bertrand Russell hält ihn für undiskutierbar (vor einem halben Jahrhundert!), sagt damit aber nicht, dass es ihn (sie) nicht gibt. Gewiss behauptet er, wie Nietzsche auch, dass der Urgund nicht ein Gott ist!
Schön, dass du was von Nietzsche aufgreifst. Aber diesen Text verstehe ich mehr - sarkastisch. Schildert er nicht das abivalente Verhältnis der Menschen zu Gott? Schildert er nicht die Ambivalenz Gottes selbst? Einsamkeit fokussiert sich manchmal auf überhöhte Bilder, die nicht der Realität entsprechen, die Erfahrung haben doch gewiss schon viele von uns gemacht.
Was deine Gegenwartskritik betrifft: Schütte das Kind nicht mit dem Bade aus! Wir haben ein Zusammenleben, ein Gesetzeswerk, eine Moral, Arbeit, Bildung, Wissenschaft, Kunst geschaffen, die von keiner Epoche der Vergangenheit annähernd erreicht oder gar übertroffen wird, das willst du doch nicht ernsthaft behaupten? Klar gab es damals Hochkulturen, die uns auch heute in Staunen versetzen und tausend unbeantwortete Fragen aufwerfen, und manche Forschungsergebnisse revidieren alte Vorstellungen - das ist nicht in Abrede gestellt.
Natürlich gibt es einiges zu Kritisieren an den heutigen Lebensumständen. Kritik bringt uns nach vorn. Kritik muss aber Ziele haben, und die sollten auf Zukunftsvisionen fokussiert bleiben: Vergangene Gesellschaften bieten unserer Zukunft nmM keine Ziele mehr.
Du sagst, wenn du das AT verstehen willst, schau auf Abraham. Ich sage, wenn du den Monotheismus verstehen willst, schau auf die vorgesetzlichen und vorstaatlichen Lebensbedingungen der Leute damals. Schau auf Moses. Schau auf Mohammed. Du isolierst den Abraham mit seiner Gottesbeziehung von den anderen Menschen. Ich sage: Religion ist keine isolierte Mensch-Gott-Beziehung, sondern ein Gesellschaftphänomen. Und Unrecht habe ich nicht...
Ich kann Gott (Ewigkeit) erst verstehen, wenn ich Ewigkeitserfahrungen habe... Das typische Argument der Gläubigen: Kannste nicht wissen, ist unkommunizierbar - weil so gewaltig! - ich bin dir voraus... 
Bist du dir sicher, dass deine Ewigkeitserfahrung unkommunizierbar ist?
Gut. Ich kann damit nicht dienen. Ich habe nur meinen speziellen, wissenschaftsgetrübten, Blick darauf. Vielleicht fühle ich ja auch Ewigkeit, aber ich weiß es nicht. Aber deine Position kann ich nun mal nicht nachvollziehen. 
Gysi