Diese Unterscheidung zwischen Identität im Fluss: Kontinuität und starrer Identität ist hochinteressant: Wenn es diesen Gott gäbe. Nach unserer Erfahrung ergibt sich das Leben, das Lebensbewusstsein, weil es im Fluss ist, sich ständig verändert. Das tut Gott, nach deiner Theorie nicht. Lebt Gott also nicht? Aber er redet mit uns? Dann ist er auch einem Veränderungsprozess unterworfen. Und er ist es noch mehr, wenn wir Menschen, auch aus der Gottperspektive, einem freien Willen unterliegen sollten: Jede unserer Entscheidungen müsste auch Gottes Erfahrung ändern. Steht im AT, in der Genesis, nicht auch, dass wir Gott gleich sind?
Was für Eigenschaften werden diesem (monotheistischen) Gott zugeschrieben?
Schöpfung und Gerechtigkeit (zur Gerechtigkeit zähle ich den Zorn, die Liebe. Barmherzigkeit). Die Schöpfung muss einer feste Größe sein, denn die liegt in der Vergangenheit. Die Schöpfung muss aber nicht ein Gott vollzogen haben. Das geschlossene Weltbild (erste Ursache) kommt auch ohne einen Gott aus.
Der Monotheismus ist entstanden, als die Gesetzeswerke (10 Gebote) entstanden. Auch der Koran war die Bemühung, durch ein neues Gesetzeswerk eine sich einander feindlich gesinnte Region zu befrieden. Die Leute hatten noch keinen Schimmer davon, aus welchen Teilen (Legislative, Exekutive, Judikative) ein funktionierender Staat wie aufgebaut werden muss. Das einzige Konzept, das die hatten, war zudem der Totalitarismus. Nicht die Demokratie. Da kam ein Gott, der die eherne Gerechtigkeit in sich vereinte, mächtig strafen, und mächtig belohnen (Himmel), konnte, gerade recht... (so die Konzepte Moses' und Mohammeds).
Jetzt sind ein paar Jährchen vergangen, und wir wissen, dass die Gesetze durch den Menschen gemacht werden. Wir wissen, wie man einen Staat aufbaut, und wir können das heute etwas besser, als wie es die Peoples damals "mit Gottes/Allahs Hilfe" taten... Unsere Strafsprechungen sind auch etwas gerechter als die z.B. von Mohammed: "Du glaubst (unterwirfst dich), dann: Fließende Gärten und Jungfrauen ohne Ende." - "Du glaubst nicht (willst über den Koran diskutieren!), dann: Rübe ab und ewige Verdammnis!" Ich glaube, dass wir das, ohne direkte Weisung von Gott, etwas besser machen, oder? Aber, zum Aufbau einer funktionierenden Gesetzgebung, hatten die Leute eben keinen anderen Plan, als es mit einer Hyper-Autorität namens "Gott" zu machen.
Und noch was: Die Juden waren der Auffassung, dass man von Gott keine Bilder machen soll. Weil er eben kein Mann mit weißem Bart ist, weil er eben kein Aussehen hat, nach unserer Vorstellung. Weil "Gott" so abstrakte Größen wie "Schöpfer" und "Gerechtigkeit" ist. Sollten wir dann zu diesem "Gott" nicht auch einfach: "Die Schöpfungsinstanz" (was immer sie auch ist) und "die Gerechtigkeit" sagen?
Gysi