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Mae

Charis

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Registriert
23. Juni 2007
Beiträge
167
Hallo =)

Ich habe in einem anderen Forum bei einem Wettbewerb mitgemacht.
Da ging es drum, einen Charakter zu erstellen, der gewisse Fähigkeiten aufweist, gewisse Schwächen hat und eine Vorgeschichte und dann mit diesem Charakter gegen einen ausgelosten anderen Charakter eines anderen Users anzutreten.

Aufgabe: die beiden Charaktere müssen sich in der Geschichte treffen und, gemäß ihren Fähigkeiten und Vorgeschichten, einen Kampf miteinander ausfechten. (DAS war der Part, der mir NICHT so gefiel, aber was will man machen^^)

Ich würde euch das sehr gerne mal vorstellen...vielleicht habt ihr ja Lust, das hier auch aufzuziehen, es macht sehr viel Spaß.

Aus urhebertechnischen Gründen kann ich natürlich nur MEINEN Charakter hier reinschreiben und MEINE Geschichte, den anderen fasse ich kurz zusammen.


...Charis...
 
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AW: Mae

I. Name:
MAE

II. Rasse und Geschlecht
Mensch, weiblich

III. Aussehen

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1,70 m groß, 59 kg schwer, schwarze Augen, halblange verwehende Haare, Hosentyp, schmal, aber drahtig…das Blutmal, das ihre rechte Gesichtshälfte bedeckt, ist nicht angeboren, sondern wurde ihr bei dem Überfall zugefügt, als ihre komplette Familie ausgerottet wurde. Sie bekam eine Ladung Schrot mitten ins Gesicht und wurde somit entstellt und für ihr Leben gezeichnet. Warum sie der Schrot aus nächster Nähe nicht umbrachte? Lest die Vorgeschichte.

Ihre langen, kräftigen, aber doch feingliedrigen Hände sind das schönste an Mae. Leider wird wahrscheinlich nie etwas wie ein Ring ihre Finger zieren, da sie von „Frauenkram“ absolut nichts hält.

IV. Waffen
1. Bheyhok
(Brustgurt mit zwanzig ausfahrbaren Klingen in vier verschiedenen Größenstufen)

Die Klingen des Bheyhok sind so angebracht, dass sie sich aufstellen, oder auch herausschießen können. Im „Ruhezustand“ liegen sie eng am Futter und sind nicht wirklich für den Feind erkennbar. Mae ist in der Lage durch ihre telekinetischen Fähigkeiten einzelne Klingen aufzustellen, sie einzeln, oder auch alle gleichzeitig abzuschießen. Der Gurt ist breit und liegt quer über ihrem Herzen. Selbst, wenn sie nicht schießt, der Gurt und das Metall der Klingen schützen ihr Leben.

2. A6-54.i
(Resonanzfrequenzer)

A6-54.i ist ein Gerät, dass Mae von einem ihrer „Streifzüge“ erbeutete. Ein Frequenzer, der in der Lage ist die Herzfrequenz des Gegenübers zu messen und diese dann empfindlich zu stören. Getötet hat Mae damit bisher noch niemanden, aber möglich ist es durchaus. Das kleine Gerät passt in die hohle Hand, allerdings ist es bei Mae in die große Gürtelschnalle ihrer Jeans eingearbeitet, worauf sie jederzeit, außer beim Duschen, Zugriff hat.

V. Fähigkeiten
1. Körperliche absolute Top-Fitness
Mae hängt jeden ab, der ihr bedrohlich zu nahe kommt. Egal, ob eine Hetzjagd durch Wälder und Straßen sie fordert, oder eine steile Bergwand ihren Weg kreuzt. Mae sprintet, klettert, springt, schwimmt… und dies alles mit einer unglaublichen Ausdauer und unter Erreichung von absoluten Höchstleistungen. Sie scheint niemals an Kraft zu verlieren, was ihr schon oft zugute gekommen ist.

2. 10. Dan (-Ju-Dan) in Jiu Jitsu (jap. Kampfsport)
Ein japanischer Kampfkunstmeister erblickte Mae eines Tages beim Sprinten und Klettern und bot ihr an sie zu unterrichten. Mae zeigt seit jeher unglaubliche Begabung für diesen Verteidigungssport, der, nach Nichtverfügbarkeit von Waffen am effektivsten im Kampf sein soll. Mae hat den höchsten Grad erreicht und besiegt ihren Meister inzwischen im Schlaf. Stolz? Ist gar kein Ausdruck. Tagori Mhakawoto ist so dankbar, dass er eine Schülerin wie Mae trainieren darf, dass er sich gerne besiegen lässt. Mae lässt das kalt. Sie nimmt es mit ihrer ihr eigenen Gleichgültigkeit hin, dass sie auch ohne Waffen zu den tödlichsten menschlichen Waffen der Welt zählt.

3. Gedächtnis
Mae hat die Gabe sich fotografisch jede kleinste Begebenheit einzuprägen und diese auch nicht mehr zu vergessen. Egal, ob es sich um eine Landkarte, ein Gedicht, einen Bericht oder Instruktionen handelt, sie vergisst NICHTS. Sie lernt ganze Bücher in einer Woche auswendig und wurde von DENEN, denen sie den A6-54.i entwendete, oft für die „Zwischenlagerung“ von Formeln benutzt. Sie waren bei ihr anscheinend besser aufgehoben, als auf jedem Stück Papier.

4. Gedanken lesen
Keine Idee, kein Gedanke ist vor Mae sicher. Sie durchschaut Strategien, Pläne, die Sorge ums nächste Mittagessen, Fantasien und Zweifel. Kopf und Seele ihrer Gegenüber liegen vor ihr wie ein offenes Buch. Maes Geist ist unglaublich sensibel und kann jegliche Gemütsregung sofort bemerken und deuten, sowie sämtliche Denkvorgänge speichern. Allerdings geht dies nur, wenn sie emotional absolut gefestigt ist. Wie oft dies der Fall ist, lest in der Vorgeschichte.

5. Orientierung
Egal, wo Mae sich aufhält, sie findet sich zurecht. Die Karten des gesamten Kontinents befinden sich in ihrem Kopf, sie weiß IMMER exakt, wo sie ist und wie sie ihre Wege suchen muss. Kein Dschungel ist zu dicht, kein Wald zu groß, kein Ozean zu weit. Mae findet immer ihren Weg. Und das ohne Irrungen. Einziges Problem hierbei: die Dunkelheit...wenn es dunkel wird...dann...aber lest die Vorgeschichte.

VI. Spezialfähigkeit
TELEKINESE
Mae ist eines der seltenen menschlichen Exemplare, die über telekinetische Fähigkeiten verfügen. Dinge zu bewegen, zu beeinflussen, zu zerstören, zu verändern, das ist für sie absolut kein Problem.

Fenster und Türen schließen sich wie von Geisterhand, Dinge fliegen durch die Gegend, es wird brennend heiß auf der Haut, Stahlrohre verbiegen sich… Mae kann mit ihren geistigen Kräften viel Unheil anrichten. Gut, wenn sie sie absolut unter Kontrolle hat und daduch zur gefährlichen Gegnerin wird. Vom verbogenen Teelöffel bis zur Sprengung von Felsen, alles ist im Bereich des Möglichen. Momentan hat sie damit allerdings so ihre Probleme.


VII. Vorgeschichte



Aufgeschreckt.

"NEIN!!!"
Eine stark zitternde Hand tastete fahrig nach dem Schalter neben dem Bett. Kaum flammte das Licht auf, suchten weit aufgerissene, schwarze Augen hektisch den kompletten Raum ab. Das Motelzimmer war winzig, äußerst spartanisch eingerichtet und, selbst für den geringen Preis, äußerst dreckig und armselig.

Niemand, außer der jungen Frau, die sichtlich bemüht war, ihre Panik zu kontrollieren, war anwesend.

Mae atmete schwer und fuhr sich bebend über die schweißnasse Stirn. DIE konnten sie hier nicht erwischen, das war einfach unmöglich. Nicht hier. Die schmale junge Frau ging hinüber zu dem alten fleckigen Waschbecken und benetzte das Gesicht mit kühlem Wasser. In die klaren Tropfen kühlen Nasses mischten sich salzhaltige Tränen. Mae weinte. Ihr ganzer Körper erzitterte in verzweifeltem Schluchzen und in der Erkenntnis, auch auf dieser Flucht ganz alleine zu sein.

Allein.

Allein war Mae ihr ganzes Leben lang gewesen. Mit einem schwer drogensüchtigen, dadurch oft gewalttätigen und kriminellen Vater und einer Mutter, die in sich zurück gezogen lebte, die Augen verschließend, unfähig für ihre kleine Tochter zu sorgen, musste sich Mae früh selbst durchschlagen. Queens und sein Klientel war nicht wirklich geeignet, einem sehr kleinen Mädchen, das mehr auf der Gasse zu Hause war, als in der verlotterten Wohnung, Vorbild zu sein. Zwar hatte Mae einen Bruder, der ca. 4 Jahre älter war als sie, aber ihn hatte sie nie kennen gelernt. Damals zur Adoption freigegeben, war er von der Familie weggekommen. Oft wünschte Mae sich nichts sehnlicher, als an seiner statt mitgenommen worden zu sein…einfach nur weg…
Freunde hatte Mae nicht wirklich. Sie war stets äußerst misstrauisch, einsiedlerisch gewesen, ließ sich nie auch nur für einen Moment auf jemanden Anderen ein. Und das Misstrauen bekam sie auch stets zurück. Es fällt nun mal nicht wirklich leicht, auf jemanden zuzugehen, der einen mit einem derartigen Blick bedenkt und oft dann noch hinterrücks bestiehlt. Viele Menschen sah Mae nur einmal in ihrem Leben.

Dafür war sie eins mit der Natur. Sie hatte auf ihren Streifzügen viele Landstriche mehrfach durchkämmt, brauchte ein Gebiet nur einmal zu sehen und kannte es…die Bäume sprachen zu ihr, die Sonne erzählte ihr Geschichten… Mae liebte es, alleine in den Wäldern umher zu laufen, oder durch Wiesen zu rennen. Sie war den ganzen Tag lang auf den Beinen…und meist so weit wie möglich von der Stadt und ihren Bewohnern weg.

Aufmachen!

„Sofort aufmachen!!“ Draußen hämmerte es gegen die Tür und riss Mae aus ihren Gedanken. Sie schrie panisch auf und presste sich mit keuchendem Atem hinter der Türe gegen die Wand. Das tropfend nasse Gesicht mit der schmalen Nase und dem hübsch geschwungenen Mund befeuchtete die Wand, als Mae angestrengt nach draußen lauschte. Ihre beiden Waffen lagen auf dem Boden vor ihrem Bett. Mae verfluchte wieder einmal ihre Sorglosigkeit. Erneut schlug jemand mit der Faust gegen die Türe:
„Verdammt, ich weiß, dass du da drin bist, Puppe!! Hab dich vor zwei Stunden reingehen sehen!! Ich will SOFORT mein Geld für die nächste Woche haben, sonst kannst du unter ner Brücke pennen!“

Ein leichtes, hysterisches Lachen durchfuhr das zitternde Mädchen, so sehr nahm ihr die Erleichterung über die Erkenntnis, wer vor der Türe tobte, die starke Beklemmung. Sie fasste sich kurz, trocknete ihr Gesicht, griff in ihre Manteltasche und öffnete ein wenig die Türe, ein paar Scheine in der Hand:
„Ja doch…tut mir leid, wollte ja nachher noch runterkommen…hier….“
Der dicke Vermieter vor der Türe riss ihr wutschnaubend das Geld aus der Hand, drehte sich wortlos um und ließ Mae stehen.

Sie schloss die Türe und drehte den Schlüssel wieder zweimal. Anschließend setzte sie sich aufs Bett, atmete tief durch und lauschte ihrem Herzschlag, der ihr immer noch schier die Brust zertrümmern wollte.

Angst.

Mae verfluchte ihre Angst. Sie war ihr ständiger Begleiter. Sie hetzte sie, sie trieb sie, sie ließ sie nie los.
Panik im Dunkeln, Verfolgungswahn, ständig auf der Hut…entspannte Momente hatte sie nur sehr selten. Oft träumte sie einfach von einem Ort, an dem sie sie selbst sein konnte… Wo niemand sie greifen wollte, wo niemand Dinge mit ihr tat…wo sie vor niemandem davon laufen musste. Mae wischte sich die Tränen mit einer wütenden Handbewegung weg und begann damit, sich für einen ihrer nächtlichen Streifzüge fertig zu machen. Das war das Schlimmste. Tagsüber war es nicht möglich draußen über die Straßen zu gehen, ohne dass sie nicht Angst haben musste von denen gefasst zu werden. Und nachts kam die Panik dazu vor allem, was sich hinter den Schatten verbergen konnte. Aber gegen DIE war die Nacht mit ihren Tücken eindeutig das geringere Übel. Mae konnte sich nicht erklären, woher diese panische Angst vor jeglicher Dunkelheit kam. Als Kind hatte sie diese nicht gehabt. Sie wusste nur, dass sie ihr die Kehle zuschnürte und ihre Konzentration für die wichtigen Dinge enorm abnahm. Ihre besonderen Fähigkeiten waren im Dunkeln äußerst unzuverlässig…na ja, das waren sie momentan sowieso… Mae atmete tief durch. Sie konnte sich früher immer auf ihre Fähigkeiten verlassen, die sie anderen gegenüber um so vieles mächtiger machten… Im Moment war da nicht dran zu denken. Sicher…ein Glas Saft zu holen, ohne aufzustehen war immer noch möglich…doch in Stresssituationen waren die Kräfte nicht kontrollierbar, so dass Mae sie gar nicht erst zum Einsatz bringen wollte, weil sie sich nie sicher war, ob sie sich nicht auch mal gegen sie richteten…

Irgendetwas war geschehen. Etwas war passiert, was Mae in einen andauernden Anspannungszustand versetzte. Wenn sie doch nur ENDLICH wüsste, was es denn war! Doch in der Zeit zwischen dem Alter von vierzehn und siebzehn klaffte ein riesiges schwarzes Loch. Es gab keine Erinnerung. Nicht den leisesten Anflug einer Idee, was ihr in der Zeit widerfahren war. Heute war sie 22 und wurde oft von gequält von plötzlichen Panikattacken, die sie sich einfach nicht erklären konnte.

Uhrzeit? 20.13h… noch zu früh um hinauszugehen…sie hatte noch mindestens eine Stunde.
Mae legte sich aufs Bett und schloss die Augen…blitzartig durchfuhren sie Momente ihrer Kindheit…ungeordnet und wild schossen sie ihr durch den Sinn…Mae ließ sich treiben.

Anders.

Herbst…nachmittags.

Die Blätter flogen auf einer kleinen, abgeschiedenen Lichtung…der Wind trieb sie, ließ sie fallen, hob sie wieder auf, spielte mit ihnen…plötzlich formatierten sie sich…nahmen Gestalt an…
Grund dafür: ein kleines, sechsjähriges Mädchen, das, auf dem Boden an einen Baum gelehnt, mit aufgerissenen und brennenden Augen das Spiel verfolgte. Sie formte die Blätterschwärme…mit ihrem Geist, baut sich Bilder…die Hände fest in den Erdboden gekrallt, die Zunge an die Lippen gelegt, ließ sie die Herbstboten zu ihren Untertanen werden.

Hochsommer, morgens.

„Mama, du lügst.“
„Wie bitte??“
„Du lügst, Mama. Du hast eben gedacht, dass es besser wäre, wenn es mich nie gegeben hätte.“
„Nein…das….“
„Doch, Mama. GENAU das.“
„Mae…“
„Und jetzt hast du gerade gedacht, dass ich dir Angst mache.“
„Mae!“
„Ach, lass es Mama.“

Ein sehr schmutziges, siebenjähriges Mädchen ließ seine erschrockene Mutter im Flur stehen.


Winter…morgens.

„Mae? Kannst du mir das Gedicht vortragen?“
„Sicher…das und auch die nächsten 56 in diesem Buch…“
„Wiebitte????“
„DAS und auch die nächsten 56 in diesem Buch!“
„Mae…das…das wäre aber…“
„Ich zeigs Ihnen…“

Und ein kleines neunjähriges Mädchen rezitierte Text um Text eines Buches, das die Klasse gestern zum Auswendiglernen eines kleinen Gedichtes bekommen hatte….

„Mae….MAE….und warum hast du dann vorhin in der Klasse geschwiegen??? Wie…wie hast du das gemacht?? Das ist wundervoll… DU bist ganz wundervoll!“

Das kleine Mädchen strahlte die verwunderte Lehrerin an.

Winter…nachts.

„Hey, Kleine! Bleib mal stehen!! Wo willst du denn spät in der Nacht hin, so schönes Kind?“
„Heim…schlafen…“
„Ich hätte da was für dich…du müsstest nur mitkommen…was Schönes…“
„Nein. Lassen Sie mich bitte los. Ich möchte nach Hause.“
„Nun komm mit, Kleine…es wird dir gefallen.“
„NEIN.“
„Jetzt stell dich nicht so an!“
„Lass mich los, du Hurenbock!!!!!!!!!!! Fass mich nicht SO an!!!!!!“
„Du bist kratzbürstiger, als ich annahm, du…ah…was passiert hier…was…was ist das?? WAS MACHST DU?????? AAAAAAAAAH!!! HÖR AUF!!!!! HÖR……..AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH!!!!!!“

Und ein kleines, neunjähriges Mädchen sah irre lächelnd auf den Toten nieder. Der Mann lag mit dem Kopf nach unten auf der Straße, die Beine waren ihm scheinbar weggezogen worden und hingen über einem Lattenzaun. Zwei der spitzen Holzpfähle hatten sich durch seine Genitalien gebohrt – mitten hindurch…das ungläubig erstarrte Gesicht durchzog blutige Rinnsale aus Mund und Nase.

Sommer…abends.

Ein zehnjähriges Mädchen stand an der Undergroundstation und schien auf den nächsten Zug zu warten. Hätte man genau hingesehen, hätte man Unglaubliches bemerkt. Blitzschnell schossen Geldbörsen von wartenden Passagieren, an die sich das Mädchen dicht drängte, aus den Hosen- und Manteltaschen und in die Hand der Kleinen. Eine Sache von jeweils einer Sekunde. Niemandem fiel es auf.

Winter…nachts.

Die Schüsse, die die maskierten Männer abgaben, waren nicht zu hören. Die 14jährige Tochter des Hauses schrie voller Todesangst, als sie sah, wie ihre Eltern tödlich getroffen zusammen sackten. Ihre Augen suchten nach dem Waffenschrank, die Tür dessen flog auf und eine Schrotflinte schoss auf sie zu, direkt in ihre Hände. Doch sie hatte nicht einmal die Möglichkeit sich umzudrehen, schon war einer der Männer hinter ihr und riss ihr die Waffe grob aus den Armen. Er lachte scheppernd und sagte zu den Männern, die auf das Mädchen zielten:
„Lasst die Prinzessin mir!“
Er schlug das Kind fest ins Gesicht, so dass es mit einem markerschütternden Schrei nach hinten in sich zusammensackte. Er trat ihm in die Magengegend und richtete dann den Schrotflintenlauf auf es. Zweimal drückte er ab und sah, wie der Körper sich zusammenkrampfte und dann regungslos liegen blieb. Der Täter spuckte aus und verließ die Behausung mit seinen Gefährten, die ihn wüst beschimpften, da die Schüsse dieser Flinte weit zu hören gewesen waren.

Die Polizei, die sofort von aufgeregten Nachbarn gerufen worden war, betrat das Haus gerade in dem Moment, wo sich die einzige Überlebende stöhnend vor Schmerz leicht bewegte und orderte hektisch einen Krankenwagen, der das schwer verletzte Mädchen mit in die nächste Klinik nahm.

Die Ärzte waren fassungslos, wie sie ihr später mitteilten. Sie hätte tot sein müssen… hatte sie doch eine Ladung Schrot in den Bauch und eine Ladung mitten ins Gesicht bekommen. Doch die Kugeln steckten nur unweit unter der Haut. Sie würde einige Narben und Male zurück behalten, das Gesicht würde ihr Leben lang gezeichnet sein, aber es waren beileibe nicht die Verletzungen, die man sah, wenn eine Ladung Schrotkugeln mit voller Wucht in einem zarten Gesicht landete. Wie war das möglich? Bei einem Schuss aus dieser Nähe? Niemand konnte es sich erklären. Niemand hatte gesehen, wie die Augen des Mädchens die Schrotkugeln mit aller letzten geistigen Kraft verlangsamt hatten.

Herbst…mittags

Eine junge Frau von ungefähr 17 Jahren hastete durch den Wald. Wie sie dahin gekommen war, war ihr schleierhaft und auch sonst hatte sie keinerlei Erinnerungen an die letzte Zeit. Sie wusste nur, dass sie schon ewig am Laufen war, dass ihre Glieder schmerzten und der Schweiß ihr von der Stirn in die Augen rann. Und sie wusste, dass sie rennen MUSSTE. Dass sie in Gefahr war. Aber WER…WAS verfolgte sie?

Abendausgang.

Mae wälzte sich auf den Bauch und grub ihr Kinn in die Kissen. Sie rieb sich verärgert das nasse Gesicht. Inzwischen wusste sie, wer sie verfolgte. Und dass sie nicht mehr lange leben würde, wenn DIE sie fanden. Mae hatte zwei Dinge gestohlen. Sie hatte sie damals bei ihrer Flucht in einem Rucksack dabei gehabt und wusste zwei Jahre lang nicht, was sie damit machen sollte. Ein Brustgürtel mit Messern und ein Hosengürtel mit einer merkwürdigen Schnalle. Dann saß sie eines Abends nach ihren Diebesstreifzügen in einer Bar und zwei Männer kamen herein. Mae spürte damals sofort eine derartig gefährliche Aura um diese beiden, dass sie sich versteckte. Atemlos verfolgte sie das Gespräch, das sich um sie drehte. Irgendwie war sie damals aus der Klinik gar nicht mehr herausgekommen, sondern wurde nach einigen Tests für die Forschung „gebraucht“. Mae schnaubte. Missbrauch war es wohl eher gewesen. Ihr Gedächtnis, das Gedankenlesen, sowie die Fähigkeit zur Telekinese wurden ihr bis zur totalen Erschöpfung abverlangt. Erinnern konnte sie sich allerdings immer noch nicht daran. Sie wusste nur, dass sie seit der Zeit große Probleme mit ihren telekinetischen Kräften und der Kontrolle darüber hatte und dass sie kaum mehr des Gedankenlesens fähig war, es sei denn, sie hatte absolute Ruhe. An manchen Tagen war sogar kaum etwas zu erbeuten, weil ihr Sinn die Geldbörsen nicht zu fassen bekamen.

Auch wenn Mae sich nicht wirklich erinnern konnte, sie wusste, dass in ihr die Informationen über viele Projekte, Formeln, Geständnisse und andere Dinge existierten, die nur abgerufen werden mussten. Dazu kam noch, dass die beiden Waffen absolut geheime Prototypen waren, wenn sie den Gedanken der beiden Barbesucher trauen durfte. Dank ihren Erinnerungen wusste Mae dann auch, wie mit den Waffen umzugehen war.

Mae überlegte damals nicht lange und ging gar nicht erst zu ihrer damaligen Unterkunft zurück. Sie wusste, DIE würden auf sie warten. Seitdem war sie auf der Flucht. Auf der Flucht vor ... einem einzelnen Drahtzieher? Einer Gruppe? ... sie hatte nicht die geringste Ahnung.

Sie begann zusätzlich Kampfsport zu trainieren und sich zu rüsten. Sie wollte eine Kampfmaschine sein, die es ihren Gegnern nicht leicht machte, sie zurück zu holen. Jahrelang trainierte sie jeden Tag mehrere Stunden bei Tagori Mhakawoto, einem wundervollen Lehrer und Menschen, der sie wie seine Tochter behandelte. Was Maes Vergangenheit anging, war er allerdings absolut nicht eingeweiht. Mae war einfach krankhaft misstrauisch, obwohl Tagori einer der wenigen Menschen war, bei denen Mae kurz davor war, ihm wirklich zu vertrauen. Sie wusste, sie war körperlich unglaublich fit und sie wusste, dass sie in Tagori einen Freund haben könnte, wenn sie es wollte.

Und noch etwas wusste sie:
Wenn DIE sie in die Finger bekämen, würden ihr furchtbare Dinge geschehen. Also hatte sie dafür Sorge zu tragen, dass DIE sie niemals fanden.

Mae setzte sich seufzend auf, atmete tief durch und begann sich für die nächtliche Tour fertig zu machen. Dann verließ sie punkt 21.30h das Motel.
 
AW: Mae

Ich hoffe, in diesem Fall sind Doppelposts erlaubt...ich weiß sonst nicht, wie ich das alles strukturiert in EINEM Beitrag unterbekommen soll... =(


Loki, die Gegnerin, die ich hatte, ist eine Feuerhexe, also eine Fantasygestalt, die durch die Jahrhunderte reist und völlig psychopathisch ist. Sie hat Spaß an Schmerzen, ist sehr stark, kann alles um sich herum in Brand setzen. Sie hat rote Haut und eine sehr sadistische Ader...

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Hier nun meine Geschichte dazu:

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Aufgehalten

untitled28fn6.jpg


Die Türe glitt lautlos ins Schloss, als Mae sich auf ihren allnächtlichen Streifzug begab. Sie schlich gerade erst durch den dunklen Hof, als ihre Schritte sich verlangsamten und Mae letztendlich stoppte. Sie duckte sich, ging in die Hocke und schaute sich misstrauisch um. Katzenhaft schlich sie mit langsamen Bewegungen in den Schatten der nächsten Hauswand. Etwas war heute anders als sonst. Dieses Gefühl...diese Unruhe...sie atmete stoßweise, versuchte, die aufsteigende Panik zu bekämpften, die sich mit langen Klauen um ihre Kehle schloss, doch sie scheiterte. Ruckartig drehte sie sich um und stürzte mit großen Schritten zurück zu ihrer Appartementtür, ihre zitternden Finger verfehlten zweimal das Schlüsselloch. "Bitte..........bitte!!"... Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Oberlippe, als sie das Stoßgebet losschickte. Wohin auch immer. Und anscheinend erhörte sie das Schicksal, denn die Tür gab endlich nach und für das bebende Mädchen den Weg in die schützende Räumlichkeit frei.

Mae schlug die Tür zu, taumelte ans Waschbecken und hielt den Kopf unter den kalten Wasserstrahl. Sie prustete und schüttelte wild den Kopf, als wolle sie die Angst aus ihren Hirnwindungen herausschleudern. Die tropfenden Haare eingepackt in ein hartes Handtuch, setzte sie sich aufs Bett und griff darunter. Eigentlich ging sie immer unbewaffnet aus dem Haus und wurde eins mit der Nacht. Bheyhok war eindeutig zu auffällig, weil er nicht unter der Kleidung, nur unter dem Mantel getragen werden konnte. Da Mae vom Taschendiebstahl lebte, konnte sie sich einen zu hohen Wiedererkennungswert, oder jedwede Auffälligkeit einfach nicht leisten. Ihr Gesicht machte ihr da schon genug Probleme, auch wenn sie immer die Haare darüber kämmte. Klingen, die quer über ihrem Körper lagen, würden ihren Unterfangen wohl eher entgegen gearbeitet haben. Und der Resonanzfrequenzer war einfach zu gefährlich. Mae wollte nicht töten. Sie wollte einfach nur leben...und einfach nur am Leben gelassen werden. Und sie war sich nie so sicher gewesen, wie stark dieses Ding sendete, somit hatte sie es immer vorgezogen, ohne diese beiden gestohlenen Waffen auf Beutezug zu gehen, zumal immer die Gefahr bestand von DENEN entdeckt zu werden.

Doch heute war irgendetwas anders. Mae fühlte das. Sie war versucht, sich die Decke über den Kopf zu ziehen, doch der Hunger trieb sie. Nichts war mehr vorrätig und vorhin hatte sie das gesamte Geld ihrem Vermieter in den hungrigen Rachen gestopft. Somit war es an der Zeit, wieder auf Beutefang zu gehen. Mae atmete tief durch und rieb sich die Arme, als könne sie sich so die Furcht abstreifen. Dann trocknete sie sich die Haare, legte sich anschließend Bheyhok um ihren schmalen Oberkörper und zog den Gürtel mit dem Frequenzer durch die Schlaufen ihrer schwarzen Leinenhose. Sie fühlte sich nun sicherer, aber nicht weniger unwohl.

Seltsamerweise hatte sie niemals wirkliche Furcht vor DENEN gehabt. Sicher, sie wollte nicht gefasst werden, sie wollte nicht zurück. Aber sie fürchtete sich nicht. Wenn DIE nicht in der absoluten Überzahl waren, war sie durchaus in der Lage körperlich mit ihnen fertig zu werden, auch wenn sich ihre telekinetischen Fähigkeiten momentan nicht so stark zeigten. Sie war durchtrainiert, absolut fit und im Kampfsport nahezu unbezwingbar, das wusste sie genau. Mit drei ausgewachsenen Männern, die sich im Halbsuff mal einen „Spaß“ mit ihr erlauben wollten, war sie schon fertig geworden und würde es sich auch jederzeit wieder zutrauen. Die Angst, die sie gerade verspürte, war eine andere und sie belastete sie so stark, weil sie tief aus ihrem Innern kam und sich nicht personifizieren ließ. Es war nicht nur die Nacht, es war mehr…viel mehr…und Mae hatte eine dumme Vorahnung, dass diese Angst absolut gerechtfertigt war. Sie schloss die Augen, sicherte ihre Waffen, zog die Jacke über Bheyhok zusammen und verließ endgültig ihre Bleibe.

Bewusstlos

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Auf ihrem Weg zum Bahnhof geschah nichts Gravierendes. Eine Katze kreuzte zwar maunzend ihren Weg und erschreckte sie zu Tode, aber sonst blieb es ruhig. Es waren zu der Zeit nur wenige Menschen auf den Straßen. Sie saßen entweder zu Hause vor dem Fernseher, oder waren am Bahnhof, um die letzten U-Bahnen in die anderen Vorstadtteile zu bekommen. Mae erreichte die Station und mischte sich unauffällig unter die Leute. Zuerst spazierte sie einfach nur hin und her, als warte sie auf einen Zug. Die Menschen mussten sich immer erst an ihr Gesicht gewöhnen. Die vernarbte rechte Gesichtshälfte zog immer Aufmerksamkeit auf sich und diese war dann doch eher hinderlich beim Stehlen. So ließ sie es ruhig zu, dass die Leute sie anstarrten und bemühte sich, möglichst friedfertig auszusehen und dann, als die Menschen sich wieder von ihr abwandten, schlug sie zu. Die erste Börse rutschte wie von Geisterhand aus der Gesäßtasche eines geschäftig telefonierenden Bankers und schlüpfte in Maes Hand. Sie war froh, dass sie ihre Kräfte da wenigstens nicht im Stich ließen. Sie blieb noch einen Moment hinter dem Mann stehen und ließ ihre Gedanken mit seinen verschmelzen. Er telefonierte mit seiner Frau. Die hatte natürlich keine Ahnung, dass er eben noch einen gemütlichen Abend mit seiner netten neuen Kollegin verbracht hatte und es wunderschön war endlich mal wieder ein Paar knackige Brüste zu streicheln, nachdem seine Frau ihn kaum mehr ranließ. Armes Frauchen. Wartete wahrscheinlich mit dem Essen und bekam jetzt zu hören, dass es halt leider später geworden war… Mae schüttelte verächtlich den Kopf und ging langsam weiter. Das nächste Opfer war eine junge Frau mit Paillettenjackett und zehn Zentimeter hohen Absätzen. Die grell blond gefärbten Haare standen ihr nicht wirklich und wirkten nuttig. Mae bemächtigte sich ihres Portemonnaies und dann auch ihrer Gedanken. Diese verrieten ihr, dass die Dame, entgegen ihres Aussehens, glücklich und schwanger war und gerade eine Liste der Lieblingsnamen erstellte. Mae war sich sicher, dass eine verschwundene Börse in solch einem Fall wohl eher nicht besonderen Anlass zur absoluten Aufregung geben würde, sie freute sich: Das Gedankenlesen kam zurück. Zwar ging es wirklich nur kurz und auch nicht immer, aber es kam wieder und es war kontrollierbar. Eine Weile hatte sie einfach nur Stimmen gehört und konnte diese weder zuordnen, noch bündeln. Jetzt war es besser. Sie schritt weiter und trat in die Nähe eines Mannes um die 34, der sehr sportlich wirkte und blendend aussah. Mae betrachtete ihn unauffällig von der Seite. Er gefiel ihr ausnehmend gut. Sehr gerades Profil und ebenmäßige Züge, dunkles, dichtes Haar, lange schwarze Wimpern…groß, stattlich… Mae seufzte innerlich. Was würde sie dafür geben, einfach mal mit einem wirklichen Partner und Freund Hand in Hand durch die Stadt zu laufen. Jemand, der einfach für sie da war, dem sie vertrauen konnte. Aber das war wohl unmöglich. Sie biss die Lippen zusammen und konzentrierte sich auf die Hosentasche, in der sie die Konturen eines Portemonnaies erkannt hatte. Der Mann stand und las in einem Buch, während die Börse langsam aus seiner Tasche glitt. Mae steckte sie flink ein und blieb in seiner Nähe, um seine Gedanken aufzufangen.

„Aaaaaaaaaaaaaaaaah!“
Es schleuderte sie richtiggehend nach hinten, so stark hatte sie ein stechender Schmerz in die Schläfe getroffen. Sie hielt sich den Kopf und versuchte panisch den Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, der sich festgesetzt hatte. Zwei rotglühende Augen, umgeben von Feuer, eine girrend lachende Stimme und entstellte Fratzen toter, glimmender Körper. Der Mann drehte sich um, beugte sich zu ihr nieder, wie sie da wimmernd kauerte und fragte besorgt:
„Was ist mit Ihnen? Geht es Ihnen nicht gut?“
Mae fühlte sich all ihrer Kraft beraubt. Der furchtbare Schmerz ließ sie schwindeln und die Bilder vor ihren Augen verschwimmen. So nickte sie nur wie betäubt mit dem Kopf. Der Mann legte ihr die Hand auf die Schulter und strich ihr die wirren Haare aus dem Gesicht. Mae war überrascht, dass er bei Anblick ihres Wundmals nicht irritiert zurück schreckte. Nein, im Gegenteil. Er sah ihr in die Augen und ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Der Druck auf ihrer Schulter wurde etwas stärker und Mae hörte ihn nur noch leise in seinen Kragen flüstern:
„Zugriff!“
Das Entsetzen über die Erkenntnis, was nun mit ihr geschehen würde, lähmte Mae einen Moment zu lang. Noch halb abwesend durch ihren malträtierten Kopf kam nur ein leises „Nein…“ über ihre Lippen.
„Nein….NEIN…..NEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIN!!!!!“
Sie holte mit einem Arm aus um den Nacken des Angreifers zu packen, doch schon wimmelte es auf dem Bahnsteig von Männern. Schneller als sie agieren konnte, wurde sie bei Armen und Beinen gepackt und das letzte, was sie spürte, war eine Nadel, die sich ihr in die Schultermuskeln bohrte.

Danach umfing sie die Nacht.

Chaos

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Der schale Geschmack in ihrem Mund war furchtbar und das grelle Licht, das sie beim Aufwachen blendete, einfach unerträglich. Mae stöhnte leise und wollte sich an den schmerzenden Kopf greifen. Doch es war schier unmöglich. Man hatte ihr Arme und Beine mehrfach fixiert, sogar der Kopf war „beruhigt“ worden. Bitter zischte Mae durch die Zähne. Wieso erinnerte sie das nur an ein Kinderbuch? Gullivers Reisen…
„Sie ist wach!“
„Lassen Sie uns allein, Kirby.“
Mae öffnete, immer noch benommen, die Augen und erblickte eine zierliche, aber drahtige, hübsche Frau, die neben ihr am Kopfende auf einem Stuhl Platz genommen hatte. Ihr Bein legte sie auf einem kleinen Hocker hoch. Dann sah sie Mae an.
„Da sind wir also.“
Mae schluckte trocken:
„Was…was…“
„Was das hier soll, meinen Sie?“
Mae nickte, soweit ihr das durch die Kopffesseln gestattet war.
Die Frau setzte eine Schnabeltasse an Maes trockene, aufgeplatzte Lippen an und ließ sie etwas trinken. Dann blickte sie ihr wieder ins Gesicht.
„Die Lawson-Klinik ist vor ein paar Jahren aufgeflogen. Nach fast zwei Jahrzehnten Missbrauch an Kindern und Jugendlichen zur Erforschung der Telekinese und der Entwicklung verbotener psychisch bedienter Waffen, ist es dem FBI endlich gelungen, die Haupttäter dingfest zu machen. Keine Ahnung, was diese Wichser dort vorhatten…“
Die Frau atmete tief ein, eine schwellende Ader an ihrer Schläfe zeigte ihren verdeckten Zorn:
„…aber wir konnten nach mehreren Jahren harter Arbeit und Einschleusung eines Doppelagenten einen erfolgreichen Zugriff starten und alle Opfer befreien. Diese befinden sich inzwischen in psychologischer Betreuung.“
Mae sah, wie die Frau sich bewegt die Haare zurück strich:
„Ich habe selten so verängstigte, verwahrloste Kinder gesehen. Das ist wirklich eine furchtbare Sache. Mir völlig schleierhaft, wie das so lange unentdeckt bleiben konnte.“

Die junge Telekinesin sah sie verwirrt an. Sprechen und über diese unglaublichen Neuigkeiten nachdenken konnte sie noch nicht wirklich. Ihr ureigenes Misstrauen ließ sämtliche Alarmglocken schrillen. Die Agentin schien das zu spüren.
„Entschuldigen Sie…ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Alexa Springs, ACS. Ihre Akte war die einzige, der wir kein Kind, oder in dem Falle junge Erwachsene zuordnen konnten. Sie fehlten, was eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit war, denn eine Flucht war schier auszuschließen, aufgrund absolut fehlender Möglichkeit, so wurden wir, von der ACS, gerufen... Warum, erkläre ich Ihnen später. Wir haben Sie eine ganze Weile suchen müssen, bevor wir Sie observieren konnten. Sie haben sich wirklich gut versteckt.“
Alexa Springs lächelte. Mae rüttelte an ihren Fesseln.
„Oh, ja, nochmals Entschuldigung…da wir von ihren Fähigkeiten wissen und nicht klar war, was Sie eigentlich sind, hielten wir es für das Beste, Sie erst einmal ruhig zu stellen, dass Sie nicht uns und sich selbst schaden. Es tut mir leid, dass wir Sie betäubt haben und hier nun erstmal festbanden…aber wir haben den Akten entnommen, dass sie die eindeutig beste Telekinesin und auch Kampfsportlerin waren, die die Klinik je gesehen hatte. Bitte verzeihen Sie uns also, dass wir so handelten…wir wollten die Opferrate niedrig halten.“
„Sie…Sie…sind nicht…DIE….“
„Ähm, wie bitte?“
„Sie…sie gehören nicht zu…denen, die…“
„Ach…zu denen, die Sie als Versuchskaninchen benutzt haben? Nein, ich verspreche Ihnen, dass ich von der guten Seite bin.“
Alexa Springs schaute die schmale, blasse Gestalt auf dem Bett vor ihr warm an und stand gequält auf.
„Ich würde Sie nun losbinden, wenn Sie mir versprechen, ruhig zu bleiben. Ich versichere Ihnen, dass wir nicht von der anderen Seite sind. Wirklich. Bitte, glauben Sie mir das.“
Mae nickte. Agent Springs humpelte schmerzverzerrt um das Bett herum und löste der Reihe nach die Fesseln und Mae setzte sich auf.
„Was ist mit Ihrem Bein?“
„Ach…längere Geschichte. Das ereignete sich vor ein paar Wochen. Ist jetzt nicht so wichtig. Eine andere Sache, die die Section komplett in Atem hält…“
Mae sah die Agentin forschend an, als wolle sie tief in ihrer Seele einziehen.
„Ich…ich bekomme keinen Zugang…“
„Für was?“
„Ihre Gedanken…ich…ich kann sie nicht lesen…mein Kopf…da herrscht nur Chaos…dabei ging es gerade erst wieder besser!“
Mae schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen und stöhnte. Alexa Springs strich der verzweifelten jungen Frau übers Haar.
„Eigentlich bin ich ganz froh darüber. Es ist mir nicht wirklich wohl zumute, wenn ich wüsste, dass Sie in mir lesen, wie in einem Buch….“
Alexa Springs lachte leise.
„Das war das Feuer…irgendwas ist da passiert…“
Die Agentin zuckte zusammen und erstarrte in ihrer streichelnden Bewegung:
„WAS sagten Sie da eben?“
„Ich habe in Ihrem Kollegen gelesen…da war Feuer…und…und Augen, rote… und Schmerz….ich… seitdem ist mein Kopf wie zerbrochen…“
Mae versuchte mit ihrer Kraft den Zahnputzbecher aus Plastik vom Waschbecken empor zu heben. Er zitterte kurz und fiel dann scheppernd in die Porzellanmulde hinein. Alexa Springs war auf ihren Stuhl gesunken:
„Sie haben…Sie haben…Feuer gesehen?! Und rote Augen?! Das…das ist doch…moment…“
Die Agentin verließ kurz den Raum und kam dann mit dem Mann zurück, dem Mae auf dem Bahnsteig die Gedanken entlocken wollte, die zu ihrer schmerzvollen Blockade geführt hatten.
„Mae, das ist Agent Kirby. Kirby, ich bin der Ansicht, sie sah Ihre Erinnerungen von vor drei Wochen. Sie hat tatsächlich Inferno durch Sie gesehen, Kirby! Und was das bei ihr ausgelöst hat, brauche ich ja nicht nochmals zu erwähnen. Das hat man ja deutlich gesehen.“

Mae sah, wie beide sichtlich mit einer großen Erregung zu kämpfen hatten und hakte nach:
„Bitte…ich möchte wissen…um was geht es hier eigentlich??“
Die beiden Agenten blickten erst sich, dann das Mädchen an. Alexa Springs biss sich auf die Lippen:
„Nun…vielleicht ist es ganz gut, wenn Sie es erfahren…es scheint eine Verbindung zu geben zwischen Ihnen und Inferno…Sie…Sie können sie aus irgendeinem Grund…na ja, wir werden sehen.“
Springs setzte sich mühevoll wieder, krempelte das rechte Bein ihrer weiten Stoffhose ganz nach oben und löste den Haftverband an ihrem Oberschenkel. Mae starrte entsetzt auf eine mehrfach vernähte, große Fleischwunde, die Haut im Umfeld sah schwer verbrannt aus.
„Dieses Drecksding hat mich voll aus der Affäre gezogen!“
Die Agentin brachte wütend ihr Beinkleid wieder in Ordnung und klärte Mae auf.
„Ein…ein Antihumanum??“
Mae stand der Mund offen.
„Und davon gibt es…mehr als 200??“
Sie schluckte trocken. Die Zunge schien am Gaumen fest zu kleben. Diese Neuigkeiten waren nur höchst schwer verdaulich für eine junge Frau, die nur an sich selbst glaubte.
„Ja. Wir sind von der ACS, der Antihumanum Constrict Section. Eine Einheit, die Antihumanoide katalogisiert und sie beaufsichtigt. Viele der Antihumanoiden sind absolut ungefährlich. Sie leben hier, sind dann manchmal für mehrere Wochen „weg“, kommen dann zurück, aber viel mehr Bewegung lässt sich nicht feststellen, schon gar keine negative. Doch manche meinen, sie müssten die Erde als Spielplatz verwenden!!“
Die Gesichtszüge von Springs verhärteten sich.
„Und hier haben wir eine der schlimmsten…und eine der stärksten…ja, so ist das leider. Eine gefährliche Mischung, wenn diese Macht und diese Hirnverbranntheit zusammen treffen. An ihr ist kein Vorbeikommen, sie scheint unbesiegbar und fast unverwundbar. Vor ein paar Jahren war sie schon mal hier in unserer Zeit und die Verwüstungen, die sie anrichtete, waren unbeschreiblich. Seitdem haben unsere Forscher fieberhaft an einer Waffe gearbeitet. Und vor drei Wochen konnte ich mit dem neuesten Update des Prototypes Inferno wenigstens Einhalt gebieten.“
„Was war das denn für eine Waffe?“
„Eine PHX-3544. Ein Zwischending zwischen Harpune und Pistole, obwohl sie die äußere Form einer Pistole hat, mit einer breiten Öffnung vorne. Sie schießt fast lautlos. Es gibt keine Kugeln, sondern viele winzig kleine Nadeln, die mit einer magnetischen Ladung zusammen gehalten werden. Drückt man den Auslöser, polarisiert sich die Ladung um und die Nadeln schießen mit großer Macht vorne heraus. Inferno konnte früher die Pistolenkugeln einfach schmelzen, doch diese hier kann man nicht sehen. Im Dunklen sieht man gar nichts und im Hellen gleicht es eher einem Lichtstrahl durch die Spiegelung an den Nadeloberflächen. Diese Nadeln bohren sich mit einer mittleren Streuung in den Körper hinein und verursachen schwere innere Blutungen. Außerdem ist jede einzelne Nadel mit Curare getränkt. Absolut tödlich für jeden Menschen, allerdings sind wir uns über die Wirkung bei Antihumanoiden nicht wirklich sicher. Ich hab ihr eine Ladung verpasst. Leider hat sie mich ebenfalls noch derb erwischt und war dann zur Flucht fähig, durch eine plötzliche starke Qualmentwicklung, von der wir ausgehen, dass sie sie selbst produzierte. Als ein erneuter Vorstoß möglich war, war sie weg. Seitdem ist sie nicht mehr aufgetaucht. Doch wir glauben nicht, dass sie tot ist…das ist hundertprozentig nur die Ruhe vor dem Sturm…“
Mae machte große Augen, sie war restlos überfordert.
„Und…warum erzählen Sie mir das alles? Das sind doch sicher geheime Informationen…und ich bin nur eine Fremde…?“

Alexa Springs schaute nachdenklich durch Mae hindurch.
„Der Gedanke, der mir jetzt kam, ist der: Sie sind aus irgendeinem Grunde fähig, eine gedankliche Verbindung herzustellen. Sie haben sie spüren können! Hier im Quartier lagert ein Halluzinogen, das, injiziert, externe Verbindungen verstärken kann. Wir fanden es bei den Materialien vor, die wir aus der Lawsonklinik beschlagnahmten, es ist hier vorrätig.“
Springs blickte auf Kirby, der ruhig nickte. Mae sah ihn an:
„Ich soll nun dieses Halluzinogen bekommen und dann…?“
Kirby nickte erneut und seine Stimme klang sanft, als er das Wort an Mae richtete:
„Das wäre ein Versuch wert… Wir würden es niemals ohne Ihre Erlaubnis tun, doch ich verspreche mir davon einige neue Erkenntnisse, beziehungsweise, ich habe die starke Hoffnung, dass es uns weiter helfen könnte. Wir hatten nicht die leiseste Ahnung, dass es möglich sein könnte, Inferno über diesen Weg zu packen. Es könnte der Durchbruch sein. Wir werden gut auf Sie achten und den Versuch sofort abbrechen, wenn mir merken, dass es Ihnen nicht gut tut…aber…diese Chance verstreichen lassen, es wäre schlimm…“
Kirby blickte auf Mae. Er sah ihr ins Gesicht. Sie erkannte nur ein Wort in seinen Augen: Bitte.
„Und wie soll das ablaufen?“
Der Agent atmete tief durch:
„Soll das bedeuten, dass Sie uns helfen wollen?“
Mae schaute in die dunklen Augen des Mannes, die ihren nicht unähnlich waren:
„Sie…Sie sind die Ersten, die mich fragen…die mich um etwas bitten und es nicht einfach tun…ich…ja, ich mach’s.“
Die strahlenden, dankbaren Gesichter von Springs und Kirby entschädigten Mae im Voraus schon für die bevorstehende Ungewissheit. Was kam da auf sie zu?
Sie glitt vom Bett, stand unsicher, aber schaute die beiden Agenten nun ins Gesicht:
„Ich habe aber noch zwei Bedingungen.“
„Ja?“
„Ich möchte meinen Messergürtel zurück…und ich möchte Einsicht in meine Klinikakten. Mir fehlt so unheimlich viel von meinem Leben…ich möchte wissen, was da war.“
Springs und Kirby wechselten einen Blick. Springs antwortete:
„Nunja…bei dem Gürtel werden wir sehen, was sich machen lässt. Obwohl mir unwohl ist, wenn diese Art Waffe hier offen herumliegt…aber wenn das Bedingung ist…hm….Was aber die Akteneinsicht anbetrifft, so muss ich da striktes Veto einlegen. Die Akten wurden beschlagnahmt und werden noch ausgewertet. Der Prozess gegen die Verantwortlichen ist noch nicht einmal in der heißen Phase. Das ist momentan einfach unmöglich.“
Mae seufzte:
„Na gut…aber ich will sie sehen, sobald es geht, ok?“
„Sobald wir die Möglichkeit haben, bekommen Sie Ihren Einblick. Versprochen.“

Die beiden Agenten verließen den Raum und gingen den langen Flur entlang.
„Sie haben nicht vor, Mae Einsicht in ihre Akte zu gewähren, sehe ich das richtig, Agent Springs?“
Alexa Springs blickte Kirby an und nickte heftig.
„Momentan hat sie dafür einfach nicht die mentale Stärke. Wie es in einiger Zeit aussieht, kann ich nicht sagen, aber momentan: nur über meine Leiche. Danach können wir das Mädel seelisch abschreiben und das ist gerade das Letzte, was ich ihr antun möchte. Es wäre nicht nur kontraproduktiv für unser Vorhaben, sondern auch für sie selbst. Meine älteste Schwester hat eine Tochter, die nur unwesentlich jünger ist… Meine Güte, wenn ich mir vorstelle, dass Courtney…“
Die Agentin atmete tief durch und Agent Kirby vermeinte in ihrem Augenwinkel eine funkelnde Träne zu entdecken…sehr untypisch für die hübsche, aber knallharte Einsatzleiterin.
 
AW: Mae

Fortsetzung:

Durchführung

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Mehrere Tage nun waren 20 Agenten der ACS-Untereinheit mit Mae zugange. Leider ohne Erfolg, was die Verbindung zu Inferno anging. Mae bekam abends das Halluzinogen gespritzt, jeden Tag eine höhere Dosis, aber nichts passierte. Sie träumte lediglich wesentlich intensiver und sprach im Schlaf, aber ansonsten gab es keine neuen Erkenntnisse. Täglich besuchte Alexa Springs das Mädchen und nahm sich viel Zeit, um sich von ihrem Wohlergehen zu überzeugen. Mae ging es tatsächlich immer besser. Sie bekam endlich genug Schlaf, sie war nicht mehr in Hetze und Eile, sie aß regelmäßig und gut und hatte manchmal sogar schon wieder rosige Wangen. Als sie einmal laut auflachte, weil einer der Agenten einen Witz gemacht hatte, erschrak sie über sich selbst. So etwas hatte sie seit Jahren nicht mehr getan…Lachen…sie wusste gar nicht mehr, wie das ging…nun kam es wieder. Sie konnte sich zwar immer noch kein Stück an das erinnern, was in den paar Jahren ihrer absoluten Dunkelheit vorgefallen war, aber sie vertraute Alexa Springs, dass sie Einsicht in ihre Akte bekam, sobald es möglich war.

Da sie viel Freizeit hatte, saß Mae oft im Innenhof in der Sonne, las, oder bekam die Sporthalle zur Verfügung gestellt, wo sie viel trainierte. Auch übte sie sich in ihrer Telekinese und stellte fest, dass sie so langsam aber sicher den Weg zurück in ihre alte Form fand. Manchmal wünschte sie sich, der Test würde noch ewig dauern, denn zum ersten Mal in den letzten Jahren war sie…manchmal richtig glücklich.

Leider überschattete der Misserfolg bei der Testreihe die gute Laune der Truppe. Es ging einfach nicht vorwärts. Als Mae den Abend wieder im Bett lag und ihre wieder einmal erhöhte Dosis bekam, hörte sie, wie über das Aufgeben des Projektes gesprochen wurde.
„Nein! Nicht aufgeben! Ich…ich schaffe das schon…“
Die drei Männer sahen sie lächelnd an:
„Ganz ruhig, Miss. Sie sind daran nicht schuld, dass es nicht funktioniert. Wenn wir keinen Kontakt bekommen, ist das schade, aber es ist so.“
„Dann spritzen Sie doch einfach mal mehr!! Vielleicht reagiere ich dann!“
Mae war verzweifelt. Sie wollte den Menschen, die ihr so gut taten, unbedingt unter die Arme greifen. Die drei Agenten sahen sich an.
„Wir haben unsere Vorgaben. Wir können nicht einfach mehr verabreichen. Es könnte Ihnen schaden, Miss.“
Nachdem Mae nicht locker ließ, riefen sie Alexa Springs in den Raum und diskutierten mit ihr die Lage. Die junge Frau trat an Maes Bett und sah sie ernst an:
„Mae…wir können nicht einfach die Dosis so hochschrauben. Das könnte gefährlich sein. Wer weiß, wie Sie darauf reagieren…?“
„Macht es einfach!! Meine Güte, irgendwann MUSS ja mal was passieren…“
Mae schien wild entschlossen.
„Ich bin so bereit dazu! Ich will’s wissen! Wissen, was da ist.“
Die Agentin blickte nachdenklich zur Seite und schürzte den Mund. Dann blickte sie auf, sah Mae klar an und sagte:
„Wenn Sie sicher sind, wirklich sicher, dass Sie das wollen, dann erhöhen wir die Dosis, statt um einen Schritt um zweieinhalb.“
Mae nickte bestimmt.
„Ja, ich will das. Sterben werde ich schon nicht, aber vielleicht erfahre ich dann endlich mal was!“
Alexa Springs wiegte unentschlossen den Kopf, gab dann aber auf Drängen von Mae und nach einer Einschätzung des Arztes, dass Lebensgefahr wohl eher nicht bestünde, nach.
„Vorher musst du aber noch die Einverständniserklärung unterschr…oh, sorry, ich habe Sie geduzt…ach, weißt du…du bist hier wie meine Tochter. Sag ruhig du. Ich bin Alexa.“
Mae lächelte, als sie unterschrieb, sie lächelte, als sie die Nadel fühlte. Und als sie einschlief, lächelte sie immer noch.

Erkannt

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Als Mae am nächsten Morgen recht spät erwachte, fühlte sie sich wie durch den Fleischwolf gedreht. Die Glieder waren schwer und das Zimmer lag wie im Dunst. Ihr war schwummerig und sie taumelte erstmal, als sie aufstand. Sie wusch sich und kleidete sich schnell an, dann verließ sie das Zimmer. Als sie den langen, dunklen Gang entlang ging, der nie wirklich richtig beleuchtet war, musste sie sich an der Wand festhalten um nicht zu stürzen. Verdammt, das Zeug hatte ihr doch gehörig eins übergebraten. Aber gesehen hatte sie wieder nichts.
Das Haus war recht leer, um diese Uhrzeit waren die meisten Agenten unterwegs.

Mae betrat die Küche des großen ACS-Gebäudes und stellte die Kaffeemaschine an. Es war zwar schon fast Mittag, aber wen kümmerte das. Vier Aufbackbrötchen in den Ofen für sich und Alexa, die jeden Morgen mit ihr frühstückte. Hoffentlich hatte sie nun noch nicht gegessen. Mae liebte es, mit dieser tollen Frau Brötchen kauend am Tisch zu sitzen und sich mit ihr zu unterhalten, erst gestern hatte Alexa ihr vor dem Einschlafen noch das DU angeboten. Mae war glücklich, denn sie mochte die Agentin sehr… niemals hatte sie eine richtige Mutter oder Schwester gehabt. Sie hatte den Gedanken noch nicht fertig gedacht, da packte sie ein solcher Schwindel, dass sie rückwärts umschlug und gegen die Besteckschubladen krachte.
„Au!............Mensch…“
Mae ärgerte sich, dass sie sich nicht wirklich unter Kontrolle hatte. Derweil waren schnelle Schritte auf dem Gang zu hören und Alexa Springs trat ein.
„Mae, meine Güte, was ist denn?“
„Dieser Mist lässt meine Glieder spinnen!“
Mae murrte und rappelte sich mühsam auf. Doch die Beine wollten nicht. Alexa griff ihr unter die Arme und half ihr auf einen Stuhl. Mae schüttelte sich wütend. Wenn es etwas gab, was sie hasste, dann so was. Doch dann sackte sie unter einem lauten Schrei in sich zusammen und hielt sich den Kopf.
„Nein! AAAAAAaaaaaaaaaaaaaaah!!!!! Aufhören!“
Sie lehnte wild den Kopf in den Nacken und krallte sich in die Haare. Alexa schrie auf sie ein und versuchte sie zu beruhigen. Mae öffnete unter starken Schmerzen die Augen und sah in das Gesicht von Alexa. Die Augen der Agentin veränderten sich. Sie veränderten sich zu einem feurigen Rot und Mae hörte ein hohes irres Lachen. Sie sprang auf und stand starr, den Blick in die immer röter werdenden Augen Alexas gerichtet. Sie griff Alexa ans Kinn und hielt sie so fest. Ihr Blick versenkte sich in dem der Agentin und sie versuchte einzutauchen, das kreischende Lachen immer noch in den Ohren.
„Loki…….Tssssssssssssssssssssssssssssssss….LOKI….“
Alexa schüttelte Mae ab und gab ihr eine schallende Ohrfeige.
„Mae!! Liebes, komm zu dir! Was ist?!“
Mae jaulte auf und sackte am Küchenboden zusammen. Dann wandte sie den Blick zu Alexa, die erschrak: Aus einem von Maes Augen lief ein winziges Rinnsal Blut. Alexa rannte an die interne Sprechanlage: „Hey! Wo ist Doktor Bender gerade? Ist heute Mittag draußen?! Shit! Dann hin!“
Die Agentin schnappte sich das kraftlose Mädchen.
„Halt! Meinen Bheyhok…bitte.“
Sie holten den Gurt, Mae legte ihn sich schwankend um und gemeinsam verließen sie das Gebäude.

Während der Autofahrt zum außerhalb wohnenden Spezialisten durch das stark regnerische New York, starrte Mae nur vor sich hin. Langsam kam sie wieder zu sich. Loki…der Name hatte sich eingebrannt, genauso wie das Gelächter. Alexa nahm den Weg auf eine weniger befahrene Landstraße und sie ließen die Stadt hinter sich. Trotzdem waren doch einige Wagen unterwegs und die Agentin fluchte über die Fahrweise mancher Autofahrer. Maes Gedanken überschlugen sich gerade wieder, sie achtete nicht auf die Straße, als Alexa aufschrie und eine Vollbremsung hinlegte, dass es Mae trotz Gurt mit dem Kopf auf die Armaturen schlug. Sie schaute entsetzt hoch und schrie ebenfalls. Mehrere Wagen explodierten vor ihren Augen und flogen weit in die Höhe, während sich weiter vorne eine Feuerwand quer über die Straße schob und alles versperrte.
„RAUS!!!“
Alexa betätigte einen Knopf und die beiden Gurte schnellten zurück. Mae öffnete ihre Türe und ließ sich aus dem fahrenden Auto fallen.
„Da rein!!“
Alexa war schon neben ihr und zerrte sie in die Buschbegrenzung seitlich der Straße. Mehrere Menschen konnten sich aus ihren brennenden Wagen retten und flohen schreiend die Wälle an den Seiten der Landstraße hinauf. Dort, in sicherer Entfernung schauten sie gebannt dem Schauspiel zu. Aus der Flammenwand löste sich ein Schatten und näherte sich ihnen.
„Inferno…“
Alexa riss ihr Handy aus der Manteltasche und setzte einen Notruf ab. Mae starrte die Gestalt an, die immer näher kam.
„Loki…“
Alexa riss den Kopf herum.
„Das war es, was dich vorhin in der Küche schachmatt gesetzt hat? Du hast Inferno gesehen?!“
Mae nickte und erhob sich.
„Bleib da!!!!!“
Alexa zerrte an ihrem Mantel, aber Mae schüttelte sie ab.
„Du bleibst da! Rühr dich nicht! Ich muss das tun. Warum auch immer!“
Etwas, irgendetwas zog sie unbarmherzig zu der gemütlich ihnen entgegen schlendernden Dame in Rot. Diese ging mit fast sexy wiegenden Schritten immer weiter auf sie zu. Einen Moment lang stoppte sie um drei Frauen, die laut schrieen, unbarmherzig zu entzünden und fasziniert zuzuschauen, wie ihre brennenden Seelen in Todesnot im Schrei verendeten. Mae tat nichts. Sie stand da und wartete ab. Es war wie ein…wie ein Bann…Die Frau mit der rötlichen Haut und dem wehenden Mantel kam auf mehrere Meter heran und fixierte sie dann mit einem süffisanten Grinsen.
„Duuuu hast Mut…“
Das junge Mädchen erwiderte nichts, sah sie nur an.
„Buh!“
Maes Auge zuckte. Die Frau lachte kreischend und blickte sich in der entsetzten Menge um.
„Habt ihr schon mal so ne blöde Kuh gesehn? Steht da und glotzt nur!! Beweg dich!“
Und sie schnippte Mae eine Flamme vor die Füße, die sich direkt in ihren Schuh fraß. Mae trat sie geschwind aus und nahm ihr Gegenüber ins Visier.
„Loki.“
Die Angesprochene drehte mit einem Ruck ihren Kopf seitlich und zog die Augenbrauen hoch. Sie schnalzte mit der Zunge und näherte sich bedrohlich.
„Da brat mir doch einer nen Storch…die kleine Bitch da kennt meinen Namen! Woher sie den kennt, sagt sie mir bestimmt auch gleich, wenn ich sie dazu überredet habe.“
Und Loki griff nach Maes Hals. Mae spürte die Hitze und ihr Geist sagte einfach nur NEIN.

Die rote Dame bekam einen derben, unsichtbaren Stoß vor die Brust und taumelte rückwärts. Wieder im sicheren Stand, legte sie erneut ruckartig den Kopf zur Seite und stemmte die Hände in die Hüften:
„Nein, das gibt’s nicht. Eine Gegnerin mit Niveau. Das wird ein Spaß! Komm, unterhalte mich!“
„NEIN!!!“
Alexa hatte es hinter Mae nicht mehr ausgehalten und eilte zu deren Schutz, die Waffe im Anschlag.
Doch da ließ sie ihre Pistole schon schreiend los und starrte auf ihre verkohlte Handfläche. Loki lächelte gefährlich und zischte leise:
„Aaaaaach… so siehts also aus…wen haben wir denn da…Du Huuuure…glaubst du, ich mache das noch mal durch?? Du elendes Stück Dreck! Und nun misch dich nicht ein, sonst wirst du es bereuen! War das Loch nicht genug? Sei froh und danke mir, dass ich dich gerade für minderwertig genug erachte…Hier werde ich mehr Spaß haben…“
Und die Feuerhexe strich Mae mit den Fingerkuppen über deren Feuermal. Das Mädchen schrie auf, es brannte fürchterlich, ihre Haut drohte zu bersten. Sie griff blitzschnell unter Lokis Arm und hebelte ihn herum. Die Knochen krachten, als der Arm auskugelte und die so Bedrängte stöhnte vor Schmerz, doch war etwas sehr Lustvolles in dem Stöhnen. Sie grinste höllisch.
„Du kleines Luder…meinst du, du tust mir damit wirklich was an? Ich bitte dich, kannst du das nicht besser?“
Und plötzlich standen Maes Haarspitzen in Flammen. Zu Tode erschrocken ließ Mae Loki blitzschnell los und schlug wild dagegen. Als sie sich keuchend wieder umdrehte, legte sich eine Hand um ihren Nacken. Die feuerrote Flammenfrau zog Mae fast zärtlich an sich heran und legte ihre Wange an die Maes. Diese war vor Entsetzen über das, was hier passierte, komplett erstarrt und von der übermächtigen Aura Lokis gefangen. Sie ließ es geschehen, ohne einen Funken der Gegenwehr zu zeigen. Sie hörte nicht Alexa Springs Schreie, das Raunen der Leute, die zwar in Deckung gegangen waren, aber immer noch keine Anstalten machten, den gefährlichen Schauplatz zu verlassen, die Polizei, die inzwischen vor Ort war und alle Unbeteiligten energisch zum Gehen und die Beteiligten zum Aufhören aufforderte… es war fast ein sinnlicher Moment zwischen ihr und diesem Antihumanum.

Zwei Beamten gingen forsch auf die beiden zu und der dickere von beiden brüllte behäbig durch sein Megaphon:
„NYPD!! Sofort sind jegliche Tätigkeiten zu unterlassen! Sie sind umstellt, eine Flucht ist zwecklo….“
Er hatte das Wort noch nicht vollendet, als eine sirrende Feuerkugel ihn und seinen Kollegen traf. Die Schaulustigen, die in sicherem Abstand um den Tatort herum standen, kreischten und stoben auseinander, als zwei schreiende Männer wie brennende Fackeln unkontrolliert herumstürzten und sich in ihren Schmerzen am Boden wälzten. Vier weitere Uniformierte versuchten die Flammen zu ersticken, aber es war nicht zu schaffen. Kurze Zeit später war alles vorbei. Mehrere Polizisten gaben hektische Anweisungen über Funk, man versuchte, die Menge zurück zu halten, deren Neugier fast in selbstmörderischer Absicht siegte.
All das bekam Mae kaum mit. Bewegungen verlangsamten sich, die Zeit schien still stehen zu bleiben… Inferno…sie stand da…und sie sog, scheinbar unendlich glücklich und genießend, den Geruch des verbrennenden Fleisches ein. Die junge Menschenfrau spürte die Haut der teuflischen Anderen auf der ihrigen und war erstaunt, dass diese nicht heiß war. Loki rieb ihre Wange sanft an ihrer.

Die Schmerzen, die Mae nun verspürte, waren mit die schlimmsten, die sie jemals gefühlt hatte. Es war, als würde sie von innen her versenkt. Ihre Organe schienen zu explodieren und das Blut zu kochen, obwohl man äußerlich nichts ausmachen konnte. Mae röchelte, die Sehnen und Adern an Kopf und Hals traten stark hervor, man konnte sehen, wie sie litt und sich gleichzeitig aus der Wut über diesen Schmerz heraus unsagbar anstrengte. Es gelang ihr, den Abstand ihrer Wange zu lockern und ihren Kopf zu drehen, so dass sie ihr Gegenüber anschauen konnte. Mae schaute in die rote Glut und versank fast in dem absolut irren Blick. Ihr Geist begann sich in Lokis Augen festzukrallen. Er drehte und wand sich in ihnen, breitete sich darin aus. Das Lesen der Gedanken funktionierte absolut nicht. Ihre Gegnerin war ein leeres Blatt Papier für sie und der Schmerz war immer noch kaum zu ertragen, aber Mae hatte nun ein anderes Ziel, das sie hielt.

Die Menge, die von den Beamten zurück gehalten wurde, war dennoch nahe genug am Geschehen, um sehen zu können, was nun geschah.
Sie blickten auf eine junge Frau, die sich in der Umklammerung dieser roten Hexe, die soviel Unheil angerichtet hatte, straffte und den direkten Blick suchte. Sie sahen das psychopathische Lächeln dieser Feuerfrau und sie bemerkten, dass das Mädchen, welches augenscheinlich große Schmerzen erlitt, seltsamerweise deren Blick suchte. Die beiden fixierten sich eine Weile und dann begann die Rote zu keuchen, zu gurgeln und in einem Gemisch aus Lachen und Schreien zu versinken.

Weiter…noch weiter… Maes Geist zog Loki die Gesichtshaut auseinander. Immer weiter und weiter. Loki zappelte, sie hatte keinen festen Stand mehr, da sie ungefähr zehn Zentimeter über der Erde schwebte, allerdings ruhte ihre Hand immer noch auf Maes Nacken, wo sie sich jetzt in das muskulöse Fleisch eingrub. Die Feuerfrau lachte und schrie vor morbidem Vergnügen und hielt Maes Blick Stand. In ihren Augen leuchtete eine plötzliche Erkenntnis:
„Duuuuu bist daaaaaaaaas….du hast mich gesehen - du hast mich gerufen….duuuuuuuu bist das…. du bist zu mir gekommen…eeendlich!!“
Loki verdrehte kichernd die Augen, während ihre Wangenknochen fast durch die auseinander gezerrte Haut stießen.
Der Kampf der Kräfte dauerte noch ungefähr eine Minute. Die Eine brannte sich der Anderen in die Seele mit verschiedenartigen Mitteln. Dann fielen sie beide nebeneinander kraftlos zu Boden. Loki lachte glucksend und befühlte einen großen Riss auf Stirn und Wange, der sich durch die Spreizung der Haut gebildet hatte.
„Maaaaaaaaeeeeeeeeeeee……“
Sie zog den Namen ihrer Kontrahentin genießerisch in die Länge. Mae lag, die Beine angewinkelt zitternd auf dem Rücken. Ihre Augen tränten wieder Blut, doch ihr Geist war seltsamerweise immer noch wach. Und dieser ließ sie gerade zu Tode erschrecken. Woher…woher wusste Loki ihren Namen?! Sie hob den Kopf und sah die rote Hexe auf sich zu robben.

Feuertanz

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Über ihnen kreiste ein knatternder Helikopter der ACS, aus dessen Cockpit am laufenden Bande schnarrende Befehle erteilt wurden, welche allerdings einfach in der Luft verpufften. Die Menge stand still und glotzte, die Beamten der NYPD waren inzwischen verstärkt und hatten sich, die Waffen im Anschlag, hinter den Autowracks verbarrikadiert, aber niemand am Boden wusste so richtig, was zu tun war. Zu groß war die Macht, die von der Frau mit den roten Haaren, der roten Haut und dem langen Mantel ausging. Für Mae gab es sowieso nichts anderes als ihre Gegnerin. Sie befand sich in einem geistigen Tunnel, der lediglich den Blick auf Loki freigab. Die Welt hätte um sie herum untergehen können, sie hätte es nicht beachtet. Sie richtete ihren Oberkörper auf, starrte die heran kriechende, verwundete Frau an und wieder wunderte sich ein Teil von ihr, warum sie keinen einzigen Gedanken zur Flucht hatte. Nichts…sie sah einfach nur zu, wie jemand, der sie mit einer Handbewegung töten konnte, wie eine Schlange auf sie zu glitt.

Loki wand sich zwischen Maes Beinen hindurch und stützte sich beidseitig von ihrem Oberkörper ab, das Gesicht vis à vis. Mae konnte ihren Atem spüren. Er roch nach Asche…und Tod… Die rote Frau lächelte sie sanft an und legte sich halb auf sie.
„Ich hab dich nicht erkannt…Maaaaeeeeeeeeeee….du hast dich verändert…ohja…und stärker bist du geworden…du hast mich gerufen…mein Liebchen…da bin ich…endlich zusammen.“
Mae hatte das Gefühl keine Luft zu bekommen, ihr gefror das Blut in den Adern. SIE sollte dieses Weib gerufen haben? Sie…sie sollte diese Hexe kennen?? Aber woher… Sie sah sich hilfesuchend nach Alexa um, die, die Hand inzwischen bandagiert, nicht weit von ihr stand und kein Auge von ihr ließ. Diese stand da und kniff die Lippen zusammen. Das verunsicherte Mae zutiefst. Loki säuselte:
„Du warst doch schon stolze 17, meine Kleine…und du willst mir sagen, dass du dich nicht an mich erinnerst?“
In der jungen Telekinesin mit dem Loch in der Vergangenheit tobte ein Kampf. Was hatte Alexa ihr verschwiegen? Und wie war sie schon einmal auf dieses Monster hier gestoßen?? War das der Grund, warum Loki sie nicht schon längst vernichtet hatte und sie selbst nicht in der Lage war, ordentlich dem Feind die Stirn zu bieten, wie sie das sonst tat?

Die Rote tat, als verletze sie das zutiefst. Triefend vor Ironie sagte sie:
„Nein…du willst mir wirklich sagen, dass du Tante Loki vergessen hast?? Ok, du undankbares Geschöpf, ich richtete damals eine Frage an dich, die du nicht mehr beantwortet hast. Du warst damals plötzlich weg, weil mein eines Feuerchen leider zu groß geworden war und ich kurz zu tun hatte. Aber weißt du was…ich bin ja nicht so, ich frage dich einfach noch mal.“
Und sie schmuste sich an Mae und flüsterte ihr ins Ohr:
„Möchtest du mit mir kommen und meine Partnerin im Geiste werden? Meine Kraft und deine Stärke…wir wären das Team! Und da bis jetzt sehr wenig Gegenwehr von dir kam, denke ich, du hast doch nicht alles vergessen, was ich dir mal war.“
Loki lächelte Mae an, was bei ihr unglaublich gefährlich und völlig verrückt aussah. Sie blickte an der Hexe vorbei. Die griff ihr Kinn:
„Nein, schau mich an, Schatz! Nicht an Loki vorbeischauen…das mag sie nicht besonders. Sieh sie an! Sieh ihr ins Gesicht…jaaaaaa…so ist es gut… Und? Was sagst du?“
Mae schaute geradeaus in das rote Gesicht und schwieg verbissen.
„Wie, du schweigst? Dir ist schon klar, was ich dir bieten kann?! Völlige Freiheit auf Erden, tun und lassen können, was man will. Wer kann das schon…Na komm…sag ja!“
Und Loki strich ihr zart über den Arm. Diesmal tat es nicht weh. Doch Mae nahm all ihre Kraft zusammen und sagte:
„NEIN.“
Die Feuerbraut erstarrte in ihrer Bewegung:
„Was…was hast du gesagt??“
„Nein. Nein, ich will nicht. Ich weiß nicht, was das mit früher soll, aber… nie wäre ich auf so was eingegangen! Ich will das nicht…“
Mae stieß Loki wild von sich. Diese sprang auf und zischte:
„Das ist dein letztes Wort?“
„JA!“
„Dann…hast du es nicht anders verdient…“
 
AW: Mae

Fortsetzung:

Sie zog blitzschnell ein glänzendes Schwert aus ihrem Mantel und setzte es Mae an den Hals. Mae atmete heftig, sie zitterte vor unterdrückter Wut. Diese Ratte. Irgendwie musste sie sich endlich aus diesem Bann befreien! Es konnte doch nicht sein, dass sie diese Mörderin, dieses Aas gewähren ließ! Und ihr Geist stimmte zu. Loki schrie auf und zuckte zurück. Eine leichte, messerscharfe Klinge hatte sich komplett durch ihre Hand gebohrt. Sie ragte aus der Öffnung von Maes Mantel. Mae zog sie heraus und wischte sie mit verächtlicher Miene an ihrem Hosenbein sauber. Nebenbei betrachtete sie kühl die lange Narbe am Arm der Gegnerin. Diese drehte flink den Arm und legte den anderen schützend darum. Das Mädchen lachte bitter:
„Vorsicht, Hexenfalle. Man sollte schauen, wo man hingreift.“
Mae öffnete ihre Jacke und Bheyhok stellte seine Klingen aus. Mae trat schnell auf ihre Gegnerin zu, zwei der Klingen schossen aus ihrem Gurt und bohrten sich der Feuerhexe in die Schultern. Loki warf den Kopf nach hinten und schrie vor Wut.
„Du willst also nicht?! Du willst mit mir keine Verbindung eingehen?! Mit mir?! Du Bitch, du Schlampe!!! Hats dir das Agentenhäschen eher angetan, he? Du naive Kröte!! Denkst, die Zuschauerseite ist die lohnendere? Wie beschränkt kann man sein?! Was könnten wir für einen Spaß haben!! Schau mal her, Liiieeebes, was ne Mordsgaudi!!“
Der Helicopter über ihnen explodierte zeitgleich mit der Wagenfront, hinter der sich die Polizei versteckte. Ein Ring aus Feuer legte sich um eine Gruppe Schaulustiger, die, als sie bemerkten, dass sie eingekesselt waren, wild in Todesangst brüllten. Die Luft war angefüllt mit Gestank, beißendem Rauch und einer übergroßen Hitze. Wallende Feuerberge fraßen sich durch Metall und Kunststoff, durch trockenes Gras und durch zuckende Leiber. Mae grub die Fingernägel in ihre Handballen, in ihrem Kopf tobten die Gedanken und waren kaum zu ordnen. Ihr Geist brüllte sie an: Tu was! Mach was!! Ich bin bei dir! Und ihre Augen starrten stumpfsinnig auf dieses Massaker, ohne eine einzige ordentliche Reaktion ihres Körpers.
„Ist das nicht wundervoll, meine Süße? Schau mich an! Schau meine Heldentaten an! Schau die Leute an, wie sie mich angaffen, wie sie mir unterliegen! Was ein Spiel, welch Amüsement! Und du willst das nicht?! Warte…warte, Liebes, vielleicht kann ich dir die Entscheidung leichter machen?“
Und eine Stichflamme, einem Schwert gleich, schoss aus ihrer Hand, die Böschung hinauf, auf Alexa Springs zu. Mae schrie und schlug die Hände vors Gesicht. Kurz später berührte das zitternde junge Mädchen etwas am Knöchel…und als sie hinschaute, blickten die vor Entsetzen und Unglauben aufgerissenen Augen Alexas starr zu ihr empor. Der schwelende Stumpf des Halses blutete nicht einmal.

Gescheitert

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„NEEEEEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!“
Während des Schreis, der aus ihr herausquoll, erbrach sich Mae auf den Rasen. Loki lachte laut und vergnügt, hob Alexas Kopf auf und hielt ihn sich vor das Gesicht.
„Schau, nun sehe ich so aus wie sie… Hallooooo, Maeschatz! Schau mich an, Liebling! Lieber mit einer Agentenschlampe unterwegs, ja? Dann ist doch nun alles in Ordnung!“
Die Feuerhexe konnte ihr Gelächter kaum mehr stoppen, wie irre stand sie in Feuer und Rauch um sich herum und lachte, dass ihr der Kopf aus den kraftlosen Händen fiel. Immer noch kichernd und prustend kickte sie ihn davon. Dieser Moment der Unachtsamkeit reichte Mae. Mit einem lauten Gebrüll und aufgestelltem Brustgurt rannte sie gegen diese Bedrohung an. Der Tod der verehrten…ja…Freundin konnte man inzwischen sagen, war ein solcher Schock, der die junge Frau aus ihrer Erstarrung gelöst hatte. Da war nur noch Hass. Hass und der absolute Wille dieser Bastardin möglichst weh zu tun und sie anschließend in die ewigen Jagdgründe zu verschicken, koste es, was es wolle.

Die Klingen schossen aus der mittleren Region des Bheyhok in die Oberarme der roten Frau und drehten sich dann einmal im Uhrzeigersinn. Loki kreischte wild, Blut rann über ihre Arme, sie rannte nun ihrerseits gegen Mae an, packte die Telekinesin in den Haaren und stieß ihr die Klinge ihres Kurzschwertes direkt unter das rechte Schlüsselbein. Es spritzte und Mae spuckte gurgelnd etwas Blut. Und dann spürte sie, neben dem furchtbaren Schmerz, die Hitze. Der Stahl, der immer noch in ihr steckte, glühte, versenkte ihr die Haut, das Fleisch, und Loki sah ihr lächelnd ins Gesicht:
„Du willst dich allen Ernstes gegen mich stellen, du Nichts? Schau mich an!! Schau mir in die Augen!! Los! Du wirst sterben müssen…leider…und es wird nicht schön…aber du wolltest es so…“
„Lieber sterben als mit dir eine Verbindung eingehen!“
Mae riss sich die Klinge aus dem Leib und griff nach der Hexe um sie zu Boden gehen zu lassen, doch diese war schneller, sprang Mae in die Arme, klammerte ihre Beine rechts und links um das Mädchen und presste ihr blitzschnell die Lippen auf den atemlos geöffneten Mund. Mae krampfte zusammen, packte die Kehle der Feindin und drückte zu. Fest zu. Loki hatte keine andere Wahl als loszulassen und Mae spuckte und erbrach Rauch. Sie keuchte, es klang wie die letzten Züge einer Erstickenden, aber die Finger pressten sich immer noch um den Hals der Hexe. Das so erbittert kämpfende Menschenmädchen merkte, dass sie kaum eine Chance gegen die Feuerfrau hatte. Die Pyromanin hatte kein Limit, was den Tod anging. Mae ließ sich fallen und riss ihre Gegnerin mit sich. Loki krachte mit dem Rücken auf den harten Boden und stöhnte vor Schmerz, aber das Funkeln in ihren roten Augen war immer noch gleißend wie eh und je und sie fixierte Mae voller Hass, obwohl ihre Augäpfel fast aus den Höhlen traten. Sie wurde immer noch mit aller verfügbaren Kraft gewürgt. Doch dann ruckte Loki mit aller Gewalt und wollte sich blitzschnell auf ihre Kontrahentin drehen, aber Mae ließ einfach nicht los und so musste die Andere in dieser Hinsicht kapitulieren. Sie verhielt sich einen Moment lang ruhig.

Dann raste ein Schmerz durch Maes Bein, als würde es ihr bei lebendigem Leib amputiert. Mit einem markerschütternden Schrei ließ sie Loki los und wollte ihr Bein anwinkeln um es zu untersuchen, aber das war nicht möglich. Aus ihrem Schenkel ragte ein kurzer Dolch, der so tief in ihr Fleisch gerammt war, dass es am Boden festhaftete. Mae war fast ohnmächtig vor Schmerz in ihrem Bein, als plötzlich ihr Mantel entflammte. Sie versuchte sich panisch von ihrer Beinfessel zu befreien, aber das Messer steckte unglaublich fest im Boden. Mae schlug um sich, schon merkte sie, wie die Flammen an ihrer Haut fraßen. Sie warf sich hin und her und es gelang ihr, das Messer in ihrem Schenkel aus dem Erdreich zu ziehen, welches durch ihr Gebahren die Wunde nur noch mehr aufriss, doch das war ihr egal. Sie riss sich den brennenden Mantel vom Leib, biss stöhnend die Zähne zusammen, als kleine Fetzen Haut von den Unterarmen an dem rauen Stoff hängen blieb und blickte sich dann hektisch suchend nach ihrer Todfeindin um. Diese stand in sicherem Abstand und lächelte sie an. Die Klingen des Bheyhok steckten immer noch in ihrem Schulter- und Oberarmfleisch und Loki machte keine Anstalten sie heraus zu ziehen. Sie blickte auf Mae herab, die stark blutete, schwere Verbrennungen hatte und im Gesicht schon weiß wie eine Kalkwand war:
„Du hast verloren, Liebchen…der Tod zeichnet dir gerade seine Unterschrift aufs Gesicht… Schau mich an…Los! Schau mir ins Gesicht…gib mir deinen Blick…Schau, wie die Leute schon wieder glotzen…die werde ich gleich vernichten…und es wird mir ein Vergnügen sein…Du wirst hier sterben…schön langsam und schmerzhaft…schau, wie blutleer du schon bist…das wird nicht mehr lange dauern…schade Liebchen…“
Und Loki trat langsam auf Mae zu und trat ihr mit aller Macht in die Rippen. Mae fühlte ihren Brustkorb bersten und spürte, dass sie kaum noch Luft bekam. Ihr wurde schwarz vor Schmerzen, doch sie hielt dem Blick von der Hexe stand. Die drehte sich um und ging ein paar Schritte von ihr weg. Die Hände in den Hüften, sah sie grinsend Mae beim Sterben zu. Doch die Todgeweihte bäumte ihren Geist ein letztes Mal auf und die komplette Motorhaube eines ausgebrannten Ford Cimax flog pfeifend auf Loki zu. Diese bemerkte das riesige Geschoss im letzten Moment und sprang zur Seite, allerdings war sie nicht schnell genug, so dass ihr rechter Fuß unter dem schweren Metall vergraben wurde. Die Feuerhexe kreischte und sprengte mit einer Handbewegung die Last von ihrem Fuß. Dadurch verbrannte sie selbst ein Stück ihres eigenen Beinfleisches. Drohend hinkte sie auf Mae zu, auf ihrem rechten Knöchel laufend, da der Fuß wohl mehrfach gebrochen zu sein schien und dementsprechend zur Seite abstand. Mae lag im Gras. Ihr Atem ging langsamer und langsamer. Sie gab auf. Sie schaute Loki mit stumpfem Blick an, Blut rann ihr aus Mund, Augen und Ohren. Ihre Kleider waren ebenfalls blutdurchtränkt und ihre Arme ließen einen Blick auf ihre Ellen frei.

Die rote Frau wischte zart das Blut aus Maes Gesicht und sagte leise:
„Denk an mich, wenn du den Lebensatem aushauchst, mein Schatz…und denk daran, was du hättest haben können…“
Es explodierte eine Rauchwolke vor der Sterbenden - Loki war verschwunden.
Und Mae lag da und ließ immer mehr von sich zurück. Immer mehr…

Heimkehr

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„SHIT!!!!! Wir verlieren sie! Verdammt noch mal, ich wusste, dass es falsch war, diese hohe Dosis zu setzen! Ihre Lebenszeichen werden immer schwächer! Verflucht!! Mae!! Komm, mein Mädchen!! Mach mit! Hilf uns mal ein bisschen! FUCK!! Sauerstoff! Bereithalten zur Re-Ani! MAE!“

Von weitem, wie durch eine Dunstglocke, hörte Mae verzweifelte und hektische Stimmen. Sie schien auf einer Trage oder etwas Vergleichbarem zu liegen – wie kam sie dahin…? Sie spürte, wie ihr Körper angehoben und gesenkt, wie ihr eine Haube auf Mund und Nase gedrückt wurde. Das Gas, was sie durchströmte, gab ihrem schwachen Körper wieder etwas Lebenskraft und sie schlug ermattet die Augen auf. Gleißendes Licht ließ sie diese sofort wieder schließen und leise stöhnen.
„Wir haben sie! Großer Gott, wir haben sie…“
Mae ließ die Augen geschlossen. Sie wollte sie nicht öffnen. Sie wollte nichts mehr sehen, nicht mehr zusehen. Zu schlimm war das, was geschehen war. Sie wollte nicht sehen, wie Alexas Leichnam abtransportiert wurde, sie wollte nicht mit ansehen, wie sich das Feuer ausbreitete, wie die verkohlten Körper auf Lastwagen gehievt wurden. Sie wollte nur da liegen und einfach nur noch abtreten. Nichts gab es mehr, das ein Leben lohnen würde. Nichts… ihre beste Freundin war tot. Dem jungen Mädchen rann eine Träne aus dem geschlossenen Augenwinkel. Und Kirby…der hatte in dem Hubschrauber gesessen…sie hatte seine Stimme erkannt.

Eine Hand streichelte ihr Haar, fuhr ihr zart über die schweißnasse Stirn und strich ihr über die Wange.
„Mae…komm…komm zurück…“
Alexa!
Mae riss die Augen auf und versuchte sich hochzustemmen, was aber wegen einiger Schläuche und schnell sie niederdrückenden Händen nicht möglich war. Sie sah sich hektisch um und erblickte Alexa, die sie besorgt anschaute:
„Nein…das…Alexa?!“
„Hey…“
Die Angesprochene blickte ihr sanft ins Gesicht. Mae atmete schnell und stoßweise. Die Tränen schossen ihr aus den Augen.
„Das ist doch unmöglich!! Was geht hier vor?! Was…nein…“
Das verzweifelte und verwirrte Mädchen wollte schleunigst aufstehen, doch wurde sie wieder von mehreren Händen davon abgehalten. Das war zu viel. Mae explodierte förmlich. Sie schrie und schlug mit den Armen, riss sich die Schläuche ab, ohne wirklich zu realisieren, was passierte und wo sie eigentlich war. Einer der Beteiligten flog in hohem Bogen rückwärts, durch eine unsichtbare Faust hart getroffen. Die herumwütende junge Frau kämpfte gegen einen unsichtbaren Feind. Sie kämpfte gegen ihre Erinnerungen, gegen die komplett irritierenden neuen Eindrücke und gegen die Ohnmacht, die sie umfing.
„Kleines! Hör auf!!“
Mae erstarrte keuchend und riss die Augen nun endgültig auf um zu erkennen, was sie nicht erkennen wollte. Was hatte das nur alles zu bedeuten?

„Hey…komm zu dir…“
Alexa Springs hielt das schweißnasse und zitternde Mädchen in ihren Armen, streichelte ihren Rücken und drückte sie fest an sich. In Mae löste sich die Verkrampfung und sie begann hysterisch zu weinen. Die Tränen durchnässten die Bluse der Agentin, verzweifelt bohrten sich Finger in ihre Oberarme und ein schlanker Körper presste sich eng an sie. Alexa blickte Kirby sorgenvoll an:
„Sie ist total fertig. So ein Mist, wie konnte ich das nur genehmigen!!“
„Aber Springs, sie wollte es so. Sie war damit einverstanden.“
„Aber sie wusste doch gar nicht, was da passieren kann! Ich schon!“
Alexa wiegte das schluchzende Mädchen hin und her:
„Shhhht….es ist gut…es ist alles in Ordnung…ich bin hier…Wir sind hier…dir passiert nichts…“
Die beiden saßen so eng umschlungen bestimmt eine Stunde auf dem Bett, bis Mae sich endgültig beruhigt hatte. Alexa hielt sie etwas von sich weg und betrachtete das Mädchen liebevoll:
„Möchtest du mir erzählen, was dir passiert ist? Was du gesehen hast?“
Mae ließ den Blick nicht von dem Gesicht der Agentin und schüttelte leicht den Kopf:
„Nein, bitte…ich möchte zuerst wissen, was hier passiert ist. Ich…ich erzähle dann…“
„Nungut…du bist eingeschlafen, lächelnd…warum auch immer..“
Ein warmer Glanz trat in Maes Augen, sie wusste, warum.
„Und dann war erstmal alles in bester Ordnung bis ungefähr zwei Uhr morgens. Da fingst du plötzlich laut an zu schreien. Du hast dich herumgewälzt, du hast geweint, mal warst du ruhig, mal hast du um dich geschlagen und getreten. Nachdem wir merkten, dass du dich aus der Halluzination nicht befreien kannst, haben wir dir ein Aufwachmittel gespritzt, aber das hat nicht angeschlagen. Ich kann mir das nicht erklären. Und dann wurdest du immer schwächer…du hast gewimmert, es war furchtbar…“
Alexa wandte den Kopf zur Seite, damit ihre Gesprächspartnerin nicht sehen konnte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Zu groß waren die Vorwürfe, die sie sich machte. Sie hatte das Mädel doch sehr lieb gewonnen und war furchtbar in Sorge gewesen, dass sie mit der Dosiserhöhung ihr Todesurteil unterschrieben haben könnte.
Mae war völlig verstört. Das Ganze war nur eine…Halluzination…ein Traum gewesen? Das war doch nicht möglich…das war zu real gewesen! Und sie erzählte ihrer Freundin alles. Bis auf ein Detail. Alexa sollte nicht wissen, dass sie in ihrem Traum zu Tode gekommen war.

Alexa war baff. Mae konnte Inferno bis aufs i-Tüpfelchen charakterisieren und beschreiben. Man sah der Agentin an, dass ihr das mehr als unheimlich war und sie umarmte Mae.
„Ich kann mir darauf keinen Reim machen. Ich dachte eher, dass du auf diese Weise vielleicht mit ihr einen gedanklichen Kontakt aufbauen kannst…aber solch ein Traum, das ist schon seltsam. Zumal so etwas in der Richtung zwar schon passiert ist, aber nicht auf diese Weise…“
„Apropos schon mal passiert…“
Mae schaute Alexa mitten ins Gesicht:
„Was verschweigt ihr mir im Bezug auf meine ungeklärte Vergangenheit? Da muss etwas sein. Irgendetwas war da, ihr wisst es auch und ihr sagt es mir nicht! Warum?“
Alexa wich ihrem Blick aus. In dem Moment kam Kirby in das Zimmer und rief seine Kollegin nach draußen.
„Später…ich komme bald zurück.“
Sichtlich erleichtert, um eine sofortige Antwort gekommen zu sein, verließ die Agentin den Raum und ließ Mae zurück, die grübelnd ihre Knie umschlang. Die Haare fielen ihr ins Gesicht und kitzelten ihre Nase. Sie wischte sie energisch zurück.

Was war das gewesen? Wie konnte es ein Traum sein? Träume spiegelten Geschehenes wider. Eine Halluzination? Wie konnte sie denn dann Loki so genau beschreiben und charakterisieren? Loki…dieses skrupellose Weibsbild, die einfach, ohne mit der Wimper zu zucken, mehrere Menschen umbrachte, die es genoss, die Aufmerksamkeit des „gemeinen Volkes“ zu besitzen, die absolut brutal ihren Willen durchsetze, aber trotzdem ihr gegenüber manchmal fast zärtlich war… Mae brummte der Schädel und ihr Mund war trocken. Sie stand auf und holte sich etwas Wasser. Während sie trank, dachte sie weiter nach. Warum hatte sie sie nicht getötet…warum war da solch eine seltsame Bindung zwischen ihnen spürbar gewesen? Loki hätte nur einen Finger rühren müssen und von ihr wäre nichts weiter als ein Häufchen Asche geblieben. Doch sie hatte es nicht getan. Sie hatte Mae sogar am Schluss nicht komplett getötet, insofern man in einer Halluzination von Tod sprechen konnte. Und dann war da noch etwas, das sie sich nicht erklären konnte. Warum hatte die Feuerhexe dauernd darauf bestanden, dass sie ihr in die Augen blickte? Wollte sie fixiert werden? Wollte sie sehen, dass Mae sie wertschätzte und dass die Erkenntnis über die Macht sich widerspiegelte? Was war es? Auf jeden Fall war sich Mae sicher, dass es keine Halluzination war. Was war es dann? Eine Erfahrung? Konnte nicht sein. Sie kannte Alexa erst ein paar Wochen. Aber was dann…? Sie konnte es sich nicht schlüssig erklären.

Inferno

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Die beiden diskutierenden Agenten stoppten ihre heftige Auseinandersetzung abrupt, als Mae die Küche betrat und starrten sie an. Alexa fasste sich als erstes:
„Kind…du solltest nicht herumlaufen. Du bist noch schwach auf den Beinen.“
Sie griff Mae unter den Arm und half ihr sich zu setzen. Das Mädchen blickte die beiden Streitenden an und sagte ruhig:
„Ihr lügt mich an.“
Ihre beiden Gegenüber zuckten zusammen und tauschten Blicke aus. Kirby sah sie an:
„Was…meinst du bitte?“
„Dass ihr mir nicht die Wahrheit sagt.“
Mae schaute Alexa und ihrem Kollegen nacheinander mitten ins Gesicht. Sie bekam lediglich unstete Blicke zurück und brach nach einer Weile das ungemütliche Schweigen:
„Ich möchte von euch wissen, was damals passierte, als ich fünfzehn oder siebzehn war. Ich möchte wissen, warum ich mich nicht mehr erinnere und ich möchte verstehen, warum ihr mir über das Zusammentreffen mit euch nicht reinen Wein eingeschenkt habt. Denn hier stinkt etwas gewaltig.“
Kirby setzte sich zu Mae an den Küchentisch und starrte nachdenklich durch sie hindurch, auch Alexa setzte sich neben sie und strich ihr über den Arm. Mae entzog ihn ihr.
„Ich dachte, wir seien Freunde. Aber Freunde lügen nicht. Wie soll ich mich schützen, wenn ich nicht weiß, was damals war? Also sagt es mir! Ich habe ein Recht drauf!“
Alexa atmete tief durch und blickte Kirby flehend an, doch der schüttelte den Kopf.
„Nein, Springs…ich denke, sie sollte es wissen. Es steht ihr zu. Es sind ihre Jahre, die ihr fehlen.“
Die Agentin zog eine Grimasse, als habe sie starke Zahnschmerzen und wandte sich Mae zu, die sie kampfeslustig und fordernd anschaute:
„Nunja…ich…wir…wir haben nicht alles gesagt, was wir wissen… Ich habe dir nicht alles gesagt, was wir wissen.“, sagte sie, als Kirby sie vorwurfsvoll anblickte.
„Mae…wir haben bei Akteneinsicht festgestellt, dass wir dich schon einmal getroffen haben. Doch daran denken wir nicht gerne. Die ACS hat damals einen riesigen Fehler gemacht, es sind uns Umstände durch die Lappen gegangen…wir…“
Sie stockte und sah auf einmal sehr hilflos aus. Mae nahm ihre Hand und blickte sie bittend an:
„Ich flehe dich an…erzähl’s mir!“
„Ach…es tut mir so leid. Ja, ich habe gelogen, ich dachte, es sei besser, wenn du es nicht weißt.
Inferno, Loki, wie du sie nennst, hat sich dir schon einmal angenähert. Sie hat vor ein paar Jahren unsere Stadt verwüstet, so wie sie es davor auch schon einmal tat…sie kommt immer wieder hierher. Und leider haben wir erst jetzt festgestellt, dass mit der Hauptgrund für ihre jetzige Rückkehr du bist. Damals, nach dem harten Kampf gegen sie und dem Verlust einer ganzen Einheit, war die Lawsonklinik natürlich Mittelpunkt des Geschehens, weil Inferno dort auf dich traf. Sie scheint von telekinetischen Schwingungen angezogen zu werden. Wir wissen nicht, ob sie dazu nicht fähig ist, oder ob es sie einfach fasziniert, Menschen zu finden, die es auch beherrschen, jedenfalls fand sie damals die Klinik und sie fand dich. Die ACS, die vom FBI zu Hilfe gerufen worden war, kümmerte sich um Inferno und das FBI um die Kinder. Du scheinst irgendwie durchgerutscht zu sein…jedenfalls warst du verschollen, eine lange Zeit…Niemand hat sich je vor dem Geheimdienst und der ACS so versteckt gehalten, wie du das getan hast, und wir suchten dich händeringend, da wir davon ausgehen mussten, dass Inferno sich dir irgendwann wieder nähern würde. Einmal hatten wir dich fast. Zwei unserer Agenten waren schon in deiner Nähe, doch haben sie den Fehler gemacht, vor dem Zugriff noch mal Essen zu gehen, statt dich gleich zu holen. Danach warst du wieder weg. Ich wollte dich nicht beunruhigen und momentan möchte ich dir auch noch verbieten, in deine Akte zu sehen. Du wirst es später dürfen, aber erst, wenn dies alles vorbei ist...bitte.“
Alexa hatte Tränen in den Augen. Mae saß da und starrte die Agentin an, ihr Gesicht war wächsern und sie verkrampfte die Finger ineinander.
„Ihr…ihr habt mich angelogen…Ihr habt gewusst, warum ich weglaufen konnte…du hast so getan, als sei dir alles ein Rätsel! Und…“
Mae schlug sich die Hände vor den Mund, jetzt, da sie erkannte:
„Ihr wart ….DIE…“
Die beiden Agenten schauten sich betroffen an.
„Ihr wart DIE!! Ihr habt mich jahrelang in Angst und Schrecken und auf der Flucht gehalten! Ich dachte, es seien die Leute von der Klinik, die mich wiederholen wollten! Ich bin vor euch geflüchtet, ich habe gehungert, ich habe gestohlen!! Ich war jahrelang nicht ich selbst…“
Das Mädchen zitterte wie Espenlaub, als sie tonlos weiter sprach:
„Ihr habt mich nur benutzt, richtig? Ihr habt mich benutzt um Loki wieder zu holen… Ihr habt mich gesucht um sie zu studieren und zu vernichten…ich bin euch gar nicht wichtig…“
„NEIN!! Um Gottes Willen, nein!“
Alexa nahm das zitternde Mädchen in die Arme.
„Inferno ist seit einiger Zeit wieder hier. Die Schäden, die sie anrichtet, werden jedes Mal größer und die Verluste in den eigenen Reihen auch. Wir behielten sie im Auge und sie tat das, was wir erhofften, sie führte uns direkt zu dir. Mae, sie war schon in Queens! Wir haben dich nur glücklicherweise schneller geschnappt. Dass du durch Kirby Zutritt zu ihr erhieltest, war für uns unglaublich! Sicherlich, wir beteten, dass es dir gelänge mit ihr irgendwie Kontakt aufzunehmen, um sie wieder hierher zu locken - Leider scheint es nicht wirklich ein Kontakt gewesen zu sein, sondern eher eine Halluzination, wobei diese erstaunlich echt zu sein schien - aber glaube uns: nie haben wir dich benutzen wollen. Das, was wir von dir erbaten war ehrlich und ohne Lügengeschichten an dich gerichtet gewesen. Wir haben ja nicht die Unwahrheit erzählt, wir…“
„Ihr habt nur mal schnell ein paar wichtige Details weggelassen! Zum Beispiel, dass sie mich sucht! Zum Beispiel, aus welchem Grund die Klinik aufflog! Zum Beispiel, dass ihr mich verfolgt habt! Jahrelang!“
Mae schluchzte nun laut und riss sich heftig los. Alexas Kaffeebecher stürzte um und der Inhalt floss über die karierte Tischdecke.
Alexa fluchte laut und trat vor verzweifeltem Zorn an das Tischbein. Allerdings galt das nicht dem Kaffee, sondern Mae, die unter lautem Türenschlagen den Raum verlassen hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Mae

Fortsetzung:

Jenseits

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Als Alexa leise das Zimmer betrat, lag Mae weinend auf ihrem Bett, den Kopf in den Kissen vergraben. Ihr schmaler Körper bebte und die Fingerknöchel traten weiß unter ihrer Haut hervor, so sehr krallte sie sich in den Stoff der Decke. Die Agentin näherte sich dem Bett, setzte sich vorsichtig und strich behutsam über die wirren Haare des Mädchens. Mae drehte sich ruckartig weg.
„Ach Kleines…“
Alexa biss sich auf die Lippen. Sicher, sie hatten ihr nicht die volle Wahrheit gesagt, aber sie hatten dies für die bessere Lösung gehalten. Mae hatte doch sowieso so viel zu verarbeiten. Aber Alexa verstand, dass sie nun enttäuscht und gekränkt war.
„Bitte…sieh mich an.“
Zwei schöne dunkle Augen, tränennass und rot geweint, schauten sie an, als Mae sich zu ihr umwandte. In ihnen war Verletzung und bodenlose Enttäuschung zu lesen. Die Gesichtszüge waren verbittert und unversöhnlich.

Es tat weh. Sogar sehr. Als Mae sich umwandte um die Agentin anzuschauen, liefen ihr die Tränen wieder über die Wangen. Sie hatte endlich jemandem vertraut. Endlich. Und dann…sie konnte es nicht fassen. Diejenige, die sie inzwischen als Freundin erachtet hatte, hatte sie so angelogen. Trotzig biss sie sich auf die Lippen und blickte Alexa gerade ins Gesicht. Diese Person war erstmals in ihrem ganzen Leben diejenige gewesen, bei der Mae sich komplett wohl gefühlt, bei der sie Geborgenheit verspürt hatte. Und diese Person saß ihr jetzt gegenüber, hatte nasse Augen und reichte ihr ein Taschentuch.
„Bitte…Mae…schau, wir wussten doch gar nicht, was uns erwartet. Wir wussten nicht, was geschehen würde, wir wussten nicht, wie du auf all das reagieren würdest! Wir…“
„Ihr habt mein Vertrauen erschlichen! Ihr habt mit mir gespielt! Genau das habt ihr! Ihr habt doch gewusst, dass Loki hinter mir her ist! Ihr habt ganz bewusst mich ihr ausliefern wollen, um sie zu schnappen!“
Die Agentin sank in sich zusammen. Erschüttert sah Mae, dass sie nun auch weinte. Sie rückte näher zu Alexa heran, diese hob den Kopf. Beide sahen sich an… und dann fielen sie einander in die Arme. Im Raum war es ganz still, nur das ruckartige Atmen war zu hören, das den Weinenden eigen ist. Die erfahrene Spezialistin hielt die junge Telekinesin fest im Arm, welche sich an sie drückte und so verblieben sie eine Weile. Dann löste Alexa die Umarmung, fasste Mae sanft unter das Kinn und hob ihr Gesicht an:
„Bitte, glaub mir, Kleines, dass wir nicht im Entferntesten ahnten, was passieren würde. Wir wollten dich doch auch nicht finden, um mit dir eine experimentelle Reihe zu starten! Wir wollten dich nur finden, bevor dich diese Hexe in die Finger bekam! Alles, was dann folgte, war für uns nicht vorauszusehen und demnach auch nicht geplant. Bitte glaube mir das. Du warst für uns ein Auftrag, wir hatten den Befehl, dich zu finden und dann die Situation zu kontrollieren. Ich wusste doch nicht, dass…dass ich…“
Sie senkte den Kopf.
„Dass du…was?“
Auf Alexas Gesicht zeigte sich eine tiefe innere Rührung:
„Dass ich dich so lieb gewinnen würde. Du bist wie eine Schwester, Mae. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht und uns gut kennen gelernt. Du bist kein Auftrag mehr. Nicht wirklich…“
Mae atmete schwer. In ihr kämpften Misstrauen und die Zuneigung zu ihrer mütterlichen Freundin, doch dann bahnte sich die Zuneigung ihren Weg und das Misstrauen unterlag. So nickte sie langsam.
„Es tut uns wirklich leid, Mae. Wir wollten dich doch nicht bewusst täuschen. Wir wollten einfach nur nicht alles auf einmal auf dich laden. Es war sowieso schwer genug.“
Mae nickte wieder und atmete einmal tief durch.
„Ja. Ja, ich glaube dir. Ich bin nicht wirklich zu großen Worten fähig, aber ich weiß, was mir unsere Verbindung wert ist. Und verdammt, ich hoffe, du weißt, was das bei mir bedeutet. Es ist jenseits dessen, was ich je gefühlt und an was ich geglaubt habe.“
Alexa lächelte leise:
„Oh ja…das weiß ich…nur zu gut weiß ich das.“
Die Agentin stand auf und reichte dem jungen Mädchen eine Hand.
„Komm, ich möchte die Ergebnisse der Tests persönlich abholen. Doktor Bender, der Spezialist, ist vorhin zum Schlafen heimgefahren, nach der Nacht. Er lässt die Tests bei sich auswerten.“

Als sie durch das kühle, regnerische New York fuhren, blickte Mae zum Fenster hinaus, während sie in ein Brot biss. In ihrer Halluzination hatte es sehr ähnlich ausgesehen und ein unangenehmes Gefühl setzte sich in ihren Eingeweiden fest. Es war nicht direkt ein déjà vu, aber die Autofahrt durch New York und das Wetter glichen den Umständen in ihrem Traum. Etwas war allerdings anders: Kirby saß vorne neben der Agentin. Er war mitgekommen, um die Arztmeinung mit anzuhören und um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Was Mae nicht wusste: das Auto war ständig unter Beobachtung – zur Sicherheit. Alexa nahm den Weg aus der Innenstadt heraus und Mae zog sich innerlich alles zusammen. Es war so furchtbar ähnlich… Als die Agentin auf die Landstraße abfuhr, krampfte sich Mae in den Haltegriff der Autotür. Sie legte die andere Hand auf ihren Magen und stellte fest, dass sie Bheyhok nicht mitgenommen hatte. Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass es weh tat und fixierte weiterhin das vorbeirauschende Umfeld um das Auto herum. Das konnte doch nicht sein! Es sah wirklich genau so aus, wie in ihrem Traum und eine furchtbare Vorahnung überkam sie. Das war kein Traum gewesen! Das war eine…Vision oder so etwas!
„Halt an!“
Kirby drehte sich erstaunt zu Mae um:
„Warum denn? Ist dir schlecht?“
„Halt an! Bitte! Schnell!!“
Alexa fuhr auf den Seitenstreifen.
„Was bitte ist los?“
Mae spürte, wie ein Zittern durch ihren Körper lief.
„Ich…ich weiß nicht…ich… ach, fahr weiter…“
Sie konnte es nicht wirklich schlüssig erklären, so hatte es keinen Sinn, die beiden Gefährten zu beunruhigen, so dachte sie jedenfalls.

Alexa runzelte die Stirn und lenkte den Wagen zurück auf die Straße. Während sie weiter fuhren, blickte Mae angestrengt aus dem Fenster und spielte fahrig mit ihren Fingern. Plötzlich lag ein hohes Sirren in der Luft, wie vor einem Orkan… Es legte sich ein großer Druck auf Gesicht und Ohren und dann krachte ein paar Meter vor ihnen ein riesiger Truck brennend auf den Asphalt, gefolgt von einer großen heißen Flammenwelle, die sich rasend schnell über den Boden ausbreitete.
„Nein….nein...bitte nicht…“
Mae flüsterte tonlos und schloss kurz die Augen, da wurde sie schon aus dem Wagen gerissen.
„Los, komm!!!“
Ihr gelang es noch eine Decke aus dem Auto zu greifen, da zogen die beiden Agenten sie schon mit sich in Deckung. Hinter ihnen fing ihr Wagen Feuer, die Reifen platzten und die Fenster barsten. Alles der Vision unglaublich ähnlich. Hinter dem Gebüsch riss Mae Alexa herum:
„Hör mir jetzt gut zu!!“
Die Agentin blickte Mae kurz erstaunt an und nahm dann wieder den Ort des Schreckens ins Visier:
„Meine Güte…was ist denn da los…“
„HÖR MIR ZU!!!“
Das Mädchen schüttelte die Freundin fest, die erschrocken in ihre Augen schaute:
„Egal, was gleich passiert: Egal, was!!! Du bleibst hier! Du darfst da nicht raus!! Bitte, versprich es mir! Du darfst nicht aus der Deckung! Ihr beide dürft nicht! Bitte, bitte, du musst es mir versprechen, Alexa!!!“
Mae sah hektisch mit flehendem Blick von einem zum anderen.
„Ich weiß, was gleich passiert. Verstärkung holen bringt nichts…könnt ihr machen, aber bringt nichts. Bitte…ihr dürft euch nicht zeigen. Bitte!“
Die Agenten schauten sich fassungslos an. Dann blickte Alexa an Mae vorbei und ihre Gesichtszüge verhärteten sich.
„Inferno…“
Kirby und die junge Telekinesin wirbelten herum und erblickten die Frau im feuerroten Mantel, mit roter Haut und bestialischem Lächeln, die sich mit sexy wiegenden Schritten, aus der Feuerwand herauslöste, der Menge näherte und kreischend vor Lachen einige der Flüchtenden in Brand setzte. Maes Gedanken rasten. Sie wusste nur zu gut, was in ihrer Vision passiert war. Sie war eine einzige große Wunde gewesen. Loki hatte gesiegt. Sie hatte ihr kaum etwas entgegenzusetzen gehabt. Schwer verwundet und verbrannt. Das sollte diesmal nicht passieren! Mae biss sich auf die Lippen und tippte sich mit verzerrtem Gesicht an die Stirn. Was musste sie anders machen?? Was war es, das Inferno schachmatt setzen konnte?? So verharrte die junge Frau einen Moment, man sah, wie es in ihr arbeitete. Und dann breitete sich Erkennen über dem Gesicht des jungen Mädchens aus. Sie atmete heftig ein und aus und schloss kurz die Augen, um wirklich alles in Reih und Glied zu bringen. Es war fast ein Lächeln, das sich auf dem aparten Gesicht spiegelte. Dann wandte sie sich an Alexa und Kirby, die in der Zeit ihre Waffen entsichert hatten und bereit zum Aufspringen waren, sollte die Feuerhexe in Reichweite ankommen.

„NEIN! Ihr müsst da bleiben! Ihr dürft nicht! Bitte, lasst mich das machen. Ich bitte euch. Ich weiß, was ich tue! Vertraut mir! Das ist jenseits eurer Vorstellungskraft!“
„Mae, du kannst das nicht alleine! Denk doch bitte mal, was in deiner Vision passiert ist!!“
Alexa griff die junge Frau bei den Schultern und rüttelte sie.
„Bitte! Vertrau mir einfach. Vertrau ein einziges Mal mir. Ich weiß jetzt genau, was ich tun muss, ich weiß es.“
Mae starrte Alexa in die Augen. Sie konnte immer noch keinen einzigen Gedanken lesen, aber sie sah, dass die Agentin anscheinend nachgab.
„Gut…aber nimm die PHX mit und mach im Notfall davon Gebrauch!“
„Nein…das wird nichts nützen. Mich kann diese Waffe sofort töten, was, wenn sie sie mir irgendwie entwendet? Und Loki scheint sie höchstens zu schwächen…sonst wäre sie nicht da, nachdem ihr auf sie geschossen hattet damals. Ich gehe ohne sie.“
„Aber…“
Kirby legte Alexa die Hand auf den Arm.
„Lass sie. Ich weiß nicht, was es ist, aber sie scheint etwas zu wissen.“
Er blickte Mae an:
„Geh, Mädel. Und vergiss nicht: wir sind hier. Bei dir.“
Die Telekinesin nickte.
„Versprecht mir, dass ihr die Deckung nicht verlasst, egal, was passiert. Es ist für mich…lebenswichtig…“
Alexa wollte schon Widerworte geben, aber Kirby sagte bestimmt:
„Wenn du weißt, was du tust und das wünschst, werden wir hier bleiben. Ich habe das Gefühl, dass du Dinge weißt, die wir nicht wissen. Mach. Aber mach es gut. Ich vertraue dir.“
Mae blickte Kirby dankbar an und drückte Alexa kurz an sich.

Kalt

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Der hektische Wortwechsel hatte nur ein paar Sekunden gedauert, doch war die rote Frau in der Zeit schon mit ihrer Verwüstung weit fortgeschritten. Ganze Grasflächen brannten und viele tote, verkohlte Körper lagen herum. Inferno machte ihrem gegebenen Namen wirklich alle Ehre. Mae blickte in die Richtung der Hexe und stellte fest, dass sie dies alles wohl aus reinem Vergnügen tat. Sie hatte absolut keinen Grund! Das Mädchen atmete noch einmal tief durch, dann kroch sie aus dem Versteck, robbte ein paar Meter weiter, um die beiden Anderen nicht zu verraten, legte die Decke zu ihren Füßen, richtete sich auf, nahm ihren Geist zusammen und schickte ein paar Gedanken in Richtung des roten Todesengels. Diesem schleuderte der Kopf zur Seite und Mae hörte Loki laut kreischen. Die Attackierte wirbelte herum und stierte der sie Angreifenden ins Gesicht. Langsam kam sie näher.
„Neeeeeeiiiiiiin… Maaaaaaaaeeeeeeeeeeeeeee, Schätzchen….“
Mae registrierte die Veränderung. Die Feuerhexe hatte sie sofort erkannt, im Gegensatz zu ihrer Vision. Und die junge Frau wollte noch weiter dafür sorgen, dass sich einiges veränderte. Gefasst sah sie der Entgegenkommenden ins Gesicht. Loki erreichte sie und grinste sie an:
„Liebes, was machst du denn hier? Da bin ich auf der Suche nach dir, weil ich dich so vermisst habe und dann findest du mich…ich bin gerührt…“
Und sie wischte sich theatralisch eine unsichtbare Träne aus den gefährlich glitzernden roten Augen. Mae notierte jede Bewegung im Geiste und glich sie mit ihren Erinnerungen ab. Sie war in der Lage, sich wirklich an die winzigsten Kleinigkeiten zu erinnern und wieder einmal war sie sehr dankbar für diese Gabe.
„Bist du etwa alleine hier?“
Die rote Dame schaute skeptisch um sich.
„Ja.“
Mae hoffte, dass Alexa und Kirby sich wirklich an ihre Anweisungen hielten, die Anweisungen eines Mädchens an zwei hoch ausgebildete Agenten…sie machte sich große Sorgen.
Hinter Loki näherten sich die beiden Beamten, um ihnen Einhalt zu gebieten, der eine öffnete bereits gebieterisch den Mund. Mae sagte kurz und scharf:
„STOPP! Keinen Schritt weiter.“
Aufgrund der Bestimmtheit ihrer Worte, blieben die Polizisten abrupt stehen und starrten sie an. Loki drehte sich um, erblickte die beiden Männer, wandte den Kopf und lächelte Mae an:
„Och, du bist aber süß. Ja, wir wollen ungestört reden und keiner soll uns dabei belauschen.“
„Deckung!!!“

Doch, bevor Mae die Warnung herausgeschrieen hatte, war die Feuerkugel schon geflogen. Die beiden Uniformierten waren nicht zu retten. Während Loki noch wie irre über ihre Tat lachte, schloss Mae kurz die Augen, ihr war momentan nicht klar, wie sie das alles bewältigen sollte und wie sie das tun konnte, ohne allzu viele Opfer beklagen zu müssen. Die Bilder der schreienden, brennenden Körper fraßen sich in ihre Seele. Die Telekinesin atmete tief durch und hielt an ihrem vorhin gefassten Plan fest. Sie sprach die Elementhexe an:
„Nein, ich habe dich nicht gesucht. Warum sollte ich jemanden wie dich suchen? Um deinen lächerlichen Vorschlag von damals in die Tat umzusetzen? Entschuldige, dass ich lache! Solch Aas wie dich brauche ich nicht in meiner Umgebung.“

Loki erstarrte und blickte Mae mit offenem Mund an. Es dauerte eine Weile, bis sie sich gefasst hatte:
„Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaas hast du gesagt??? Sag’s noch mal, komm, sag’s noch mal! Ich glaube, ich habe mich verhört!!“
Das Mädchen blickte an der roten Frau vorbei und sagte betont gelangweilt:
„Ich habe dich nicht gesucht. Wenn ich mir eine Person in meinem Leben wünschen würde, die es verlässt, dann wärst du das.“
Die Angesprochene schnappte nach Luft. Sie sprang ein Stück zur Seite, Mae ins Blickfeld:
„Neeeeeeeeeiiiiiiiiin, das glaube ich dir nicht! Schau mich an! Schau mir ins Gesicht und wiederhole das noch mal!“
Mae blickte Loki nicht an. Sie gab ihrem Gesicht einen verächtlichen Ausdruck, als sie antwortete:
„Du bist für mich absolut unter meinem Niveau. Was kannst du denn schon? Feuerchen machen? Alles umbringen? Gratulation…ist ja gigantisch.“
Erleichtert stellte sie fest, dass es wirklich stimmte. Wenn sie die Feuerfrau nicht anschaute, war diese Macht der Anziehung, der sie in ihrer Vision so lange unterlegen war, nicht mal ein Viertel so groß. Damit ließ es sich umgehen. Und weiter…weiter im Plan…
Loki keuchte, Mae warf einen flüchtigen Blick auf sie und stellte fest, dass sie vor Wut kochte. Die Adern unter der roten Haut pulsierten, die Augen rollten wirr hin und her, versuchten den Blick ihres Gegenübers zu erhaschen und ihre roten Hände verkrampften sich ineinander. Ja, es klappte – es klappte wirklich! Nun hieß es Nerven bewahren und sich zu konzentrieren. Die Feuerhexe trat dicht an Mae heran, griff ihr ins Schulterfleisch und drehte sie zu sich. Die Telekinesin gab Gegenzug, ließ sie nicht auf Gesichtskontakt kommen und konzentrierte sich auf Lokis Hals. Der Kehlkopf begann nach oben zu wandern und ihre Kontrahentin begann röchelnde Laute von sich zu geben, der Griff an ihren Schultern lockerte sich etwas, Loki hustete wild, ließ ab und griff sich an die Kehle. Immer noch bekam sie keinen Blick aus den schwarzen Augen Maes. Leider sah diese dadurch etwas zu spät die Waffe in der gegnerischen Hand und fühlte plötzlich die Klinge in ihrer Seite. Warmes Blut floss, doch Mae gab keinen Laut von sich, auch wenn es wirklich höllisch wehtat. Sie blieb äußerlich ruhig, wehrte die Angreiferin mit einem sehr harten Handkantenschlag ab, der diese taumeln ließ, in ihrem Kopf wirbelten allerdings die Gedanken und setzten sich zu immer neuen Zügen zusammen. Auf ihre Vision konnte sie nun nicht mehr zurückgreifen, da sich schon alles veränderte…und das so, wie sie es sich erhofft hatte. Sie zog das Schwert der Gegnerin aus ihrer Hüfte, nahm sich nicht die Zeit es abzuwischen, da Loki gerade auf sie stürzte und ihre andere Klinge zückte und der Stahl kreuzte sich.

Laut schepperten die Waffen wieder und wieder aneinander, die Gegnerinnen wichen geschickt den Stößen aus, setzten ebenfalls zum Stich, schlugen aufeinander ein und während der ganzen Zeit, schenkte Mae Loki keinen einzigen direkten Blick. Sie fixierte die Waffe und parierte, aber gab der Anderen das Gefühl komplett als Person ausgeschaltet zu sein. Loki kreischte vor überschäumender Wut und hieb mit ihrem Messer immer und immer wieder wie eine Berserkerin auf Mae ein. Diese fing das meiste mit dem Kurzschwert ab, doch plötzlich gelang es der Hexe durch einen gezielten Tritt, Mae zum Stolpern zu bringen und ihr das Messer in die Schulter zu rammen. Der Zorn des jungen Mädchens wurde immer größer, sie musste gedanklich fit bleiben! Noch mehr Wunden konnte sie sich nicht leisten, sonst wurde sie zu schwach. Sie zog sich das Messer heraus, schleuderte dieses und auch das Kurzschwert weit von sich, da sie damit nicht wirklich umgehen konnte und die Dinge eher hinderlich waren, griff Loki bei den Haaren und schleuderte sie herum, trat ihr mit aller Macht an die Kniescheibe und schlug mit Gewalt in das rote Gesicht. Die Nase brach mit einem Knacken und die Frau im langen Mantel brüllte auf, schlug aber so hart sie konnte zurück. Mae hatte mit dem Konter keine Problem. Kampfkunst war ihr Gebiet. Weiter im Plan – es funktionierte wunderbar. Wieder sah sie ihre Kontrahentin nicht an, als sie sie, so fest gepackt am Schopf, leise fragte:
„Willst du nicht noch ein paar Leute anzünden gehen, du Verliererin? Das ist doch das einzige, was du kannst…“
Loki blickte zu den Gaffern rundum und fauchte laut:
„Neeeeeeeiiiiiiiin….die Leute sind mir gleich… Schwächlinge… ich werde es dir zeigen, was ich alles kann… ich werde dich genüsslich vernichten, bis auf den letzten Knochen…und den werde ich dann mit meinen eigenen Händen brechen…von dir wird nichts übrig bleiben, wenn ich mit dir fertig bin!! Du solltest dir noch einmal gut überlegen, was du tust! Möchtest du nicht lieber mit mir kommen? Wir wären so ein tolles Paar, wir könnten die Welt beherrschen!“
Sie riss ihren Kopf so hart herum, dass ein ganzer Busch Haare in Maes Hand zurück blieben, krallte sich im Gesicht fest und versuchte Augenkontakt herzustellen, aber es war ihr nicht möglich, denn die Gedanken der Telekinesin ließen es nicht zu. In hohem Bogen flog die Hexe empor und knallte auf den harten Untergrund. Das kreischende Gelächter einer absolut verrückten Frau bereitete dem jungen Mädchen Gänsehaut, trotzdem sagte sie ruhig in das Lachen hinein:

„Mach doch…mir egal. Es ist mir nicht wichtig. Ich sterbe lieber, als mich mit dir abzugeben.“
„NEEEEIIIIN!! Das stimmt nicht! Ich weiß, dass du lügst! Du fürchtest mich! Und du fürchtest den Tod genau wie alle anderen! Schau mich an!! Guck nicht immer weg!! Loki mag das nicht!!! Sie mag es nicht!! Kämpfe mit ihr Angesicht zu Angesicht!!“
Zwei sirrenden Feuerblitzen konnte Mae ausweichen, der dritte traf sie. Ihr Mantel fing Feuer, wie in der Vision, doch Mae rannte ein paar Meter zurück und tötete die Flammen mit der mitgebrachten Decke. Als sie sich umdrehte, die Decke noch in der Hand und auch diese von einem erneuten Blitz Feuer fing, schleuderte Mae sie von sich und ihre Gedanken hoben Loki wieder in die Luft. Wie ein Kreisel begann die Feuerhexe sich in der Luft zu drehen und ihre gebrüllten Flüche und das Gekreische klangen fast wie verrückter Gesang. Doch dann erhob sich eine riesige Rauchwolke, die die beiden Kämpfenden binnen einer Sekunde komplett einhüllte. Mae würgte und war nicht mehr imstande einen klaren Gedanken zu fassen. Der Rauch biss ihr in den Augen, die Sicht war gleich Null und Loki nicht mehr auszumachen. Die Telekinesin stolperte beim verzweifelten Versuch aus dem Qualm zu entkommen und hatte keine Chance, als sie von der Seite angesprungen wurde. Hart schlug sie mit dem Gesicht auf und zwei heiße Hände brannten sich ihr in den rechten Arm. Mae schrie laut vor Schmerz, roch wie ihr Arm entflammte und hörte nur die höhnische Stimme der Hexe an ihrem Ohr:
„Und nun? Willst du immer noch lieber sterben? Dass ich nicht lache! Du willst mit mir kommen, ich weiß das! Du willst es!!!“
Das Mädchen schlug gezielt und sehr fest nach der Feuerfrau, die daraufhin mit einem Schrei losließ, was Mae den gewünschten Moment der Freiheit verschaffte. Sie sprang blitzschnell auf die Füße und hielt die Gegnerin mit ihrem Geist zurück.
„Schau, was ich tue, Loki, schau gut hin… Töte mich, wenn du willst… ich habe auf diese Kindereien keine Lust. Du bist nichts als ein Feigling! Tötest Menschen einfach so… und mit Feiglingen gebe ich mich nicht ab. Töte mich…es ist mir egal.“
Mae holte tief Luft. Sie hoffte nun inständig, dass sie sich nicht irrte, dass sie Loki richtig einschätzte. So drehte sie sich nun langsam um und präsentierte der Hexe ihren Rücken. Sie hob ihre Arme und blieb so stehen. Und tatsächlich: Loki begann wild zu schreien:
„Nein!! Das kannst du nicht tun!! Hör aaaaaaaauuuuuuuuf!! Kämpfe mit mir! Ich vernichte dich! Ich werde dich verbrennen!“

Mae blieb mit dem Rücken zu ihrer Feindin stehen und zuckte nur die Schultern. Ihr Geist ließ Loki mit einem Ruck los und diese fiel brüllend zu Boden. Mae lächelte grimmig in sich hinein. Sie hatte tatsächlich Recht gehabt. Diese Hexe, die jeden einfach umbrachte, aus Spaß, aus Freude, aus brutaler Mordlust, diese Frau spürte die Anziehung zwischen ihnen beiden ganz genauso! Es war nichts Einseitiges! Loki wollte die Verbindung zwischen ihnen beiden unbedingt, warum sonst hätte sie jahrelang nach ihr gesucht und sie nicht sofort beim ersten Blickkontakt umgebracht? Das Mädchen atmete schneller, da die Erleichterung ihr Herz hüpfen ließ. Deshalb wäre sie auch in der Vision niemals gestorben, deshalb war Loki einfach verschwunden, ohne sie komplett zu vernichten! Sie selbst war der Trumpf, die Waffe, die sie brauchte! Dieses Antihumanum würde sie nicht töten. Selbst, wenn es noch so hart auf hart käme, denn der Wunsch nach einer Bindung der Geister war es, der Loki so lange getrieben hatte! Vielleicht wollte ihre Feindin sie sogar mit jenseits der irdischen Welt nehmen, vielleicht hatte sie irgendetwas vor und Mae war der Schlüssel!
 
AW: Mae

Fortsetzung (die LETZTE ;) ):

Das alles raste durch ihren Kopf, während sich die rote Frau hinter ihr aufrappelte und auf sie zu stürmte. Die Wunden taten ungeheuer weh, doch rückte der Schmerz nun in den Hintergrund, da Mae wusste, was zu tun war. Loki stieß sie heftig in den Rücken, dass sie taumelte und schlug dann einen Haken um sie herum, um sie vis à vis zu erwischen, doch Mae drehte sich sofort wieder herum, den Stoß gar nicht erst quittierend. Das Spielchen wiederholte sich noch ein paar Mal. Mae drehte Loki den Rücken zu, die Hexe brüllte vor Zorn und versuchte immer wieder nach vorne zu gelangen. Das Mädchen streckte die Arme hinter den Nacken und entfernte sich langsam. Die rote Frau gab einen langen, hohen Schrei von sich und stürzte wieder um ihre Wunschpartnerin herum. Sie trat Mae mit voller Wucht in den Magen und zündete ihren Baumwollpullover an. Mae widerstand der Panik mit der ganzen Kraft ihres Geistes und blieb einfach stehen. Jetzt galt es. Jetzt musste der Beweis für ihre Theorie kommen, sonst war alles aus. Und wirklich: Loki erstarrte, als die Gegenwehr ausblieb und stürzte dann über sie, um wie irre lachend und kichernd die schwelenden Flammen auszuschlagen. Und der Moment, an dem die Flammen gelöscht waren, war der Moment, in dem Mae blitzschnell aktiv wurde. Sie drehte sich um, packte den Arm der Elementhexe und richtete all ihre Gedanken gebündelt auf die Narbe, die sie damals in der Vision schon entdeckt, und die Loki daraufhin so schützend an sich gepresst hatte. Und ihre Gegnerin schrie.

Sie schrie um ihr Leben, so tief aus der Seele, dass Mae wusste: sie hatte getroffen. Hier ging jemand zugrunde. Sie wusste zwar nicht, warum die gefährliche Kontrahentin diese Narbe hatte, sie so beschützte und an dieser Stelle des Körpers als einziges wirklich verletzbar zu sein schien, aber das war ihr momentan absolut egal. Loki griff ihr vor Panik an den Hals, sie zuckte, sie versuchte mit aller Gewalt zu entkommen, doch Maes Geist hielt sie und bohrte sich weiter in ihren Unterarm. Das Mädchen spürte die Hand der Täterin, die gerade zum Opfer ihrer eigenen Überheblichkeit wurde, an ihrem Hals, wie sie zudrückte…die Finger waren sehr kalt. Mae hielt noch einen kleinen Moment aus, ließ ihre Gedanken durch die immer mehr aufplatzende Narbe strömen und blickte dann, als sie merkte, dass die Hand in ihrem Nacken immer kraftloser wurde, Loki direkt in die Augen. Eigentlich wollte sie nun ihre letzten Worte sprechen, bevor sie ihre Feindin vernichtete, aber der Überraschungseffekt war zu groß: Die Verbindung traf Mae mit Macht, sie starrte der roten Frau in die Augen. Diese waren blau geworden, ebenso verlor ihre Haut an roter Farbe. Mit offenem Mund starrte Mae auf diese Veränderungen und ihr Geist ließ los. Loki bäumte sich auf und presste sich an ihre Gegnerin. Die ganze Feuerfrau war eiskalt. Dieses Gefühl war so grausig, dass Mae sie mit verzerrtem Gesicht von sich stieß. Es klang wie das Bröckeln verbrannten Holzes, als die Hexe sprach:
„kkkkkkkssssssssssssssssss… du……wirst…………bezahlen…………dafür…..du……..wirst…………“

Leben

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Und vor ihren aufgerissenen Augen verschwand Loki. Die Konturen lösten sich auf und weg war sie.
Die nächsten Stunden, Alexa und Kirby waren aus ihrem Versteck gesprungen und zu ihr geeilt, verbrachte Mae wie in Trance. Die Agentin drückte sie an sich, erleichtert murmelnd, dass sie noch lebte, doch Mae blickte nur stumpf vor sich hin. Genauso verhielt sie sich, als der herbeigerufene Arzt die Wunden behandelte und sie verband, genauso verhielt sie sich, als sie zum ACS zurück gebracht und auf ihr Bett gelegt wurde. Doch als Alexa zu ihr kam, sich neben sie setzte, sie streichelte und ihr einfach nahe war, löste sich die Verkrampfung und sie weinte sich aus ihrem Schock heraus.
„Meine Güte, was hast du da nur gemacht…ich kann es noch gar nicht glauben…du hast sie….“
Alexa umfing das zitternde Mädchen mit ihren Armen und wiegte sie.

Mae war die nächsten Tage kaum in der Lage zu sprechen. Sie aß wortlos ihr Essen, sie saß stumm im Aufenthaltsraum vor dem Fernseher, oder ging im Innenhof ein paar Runden. Alexa war bei ihr, wann immer sie konnte, aber natürlich hatte sie auch ihren Tagesablauf zu bestreiten und war nicht immer vor Ort. Voll Sorge blickte sie oft auf das apathisch wirkende junge Mädchen, das sichtlich mit dem Erlebten kämpfte. Dann wurde es langsam besser. Der Blick wurde wieder lebendiger und ab und an äußerte sich Mae auch und antwortete auf Smalltalk.
Nach ein paar weiteren Tagen schnappte sich Alexa Mae zu einem größeren Spaziergang. Das Mädchen ging ruhigen Schrittes neben ihr her, die Agentin hakte sich bei ihr ein.
„Sag mir doch bitte mal, wie es dir wirklich geht. Du schweigst dich so darüber aus, dass ich überhaupt nicht weiß, was in dir passiert.“
Mae sah ihre mütterliche Freundin an und ein liebevolles Lächeln zuckte kurz über ihr sonst so starres Gesicht:
„Mir geht es jeden Tag etwas besser. Das war…einfach zu viel, denke ich. Zu viel…“
Alexa drückte den Arm der jugendlichen Freundin:
„Meinst du, du könntest mir mal erzählen, was da eigentlich los war? Es interessiert uns, was du da gemacht hast, wir konnten weder viel hören, noch sehen…“

Mae schwieg einen ganzen Teil der Spazierstrecke, dann begann sie zu erzählen und nach und nach brach alles aus ihr heraus. Ab und an wischte sie sich ärgerlich eine Träne aus den Augenwinkeln. Alexa schwieg und hörte aufmerksam zu. Am Schluss des Weges und am Schluss der Erzählung nahm sie das Mädchen fest in die Arme und strich ihr über die Wange:
„Du weißt gar nicht, was du da getan hast, denke ich. Inferno wird uns erstmal eine Weile nicht mehr behelligen. Soweit wir wissen, wechseln Elementhexen nur beim Anblick des Todes die Farben… Sollte Inferno das überlebt haben, wird sie lange brauchen, sich zu kurieren und wir haben die Möglichkeit mit deinen Erkenntnissen neue Bekämpfungsmethoden auszuarbeiten. Du hast wirklich Gutes geleistet! Ach…übrigens…“
Alexa sah ihr durchdringend in die Augen:
„Ich möchte gerne noch wissen, warum du uns auf diese heftige Art und Weise verboten hast, mit hinaus zu kommen. Warum mussten wir in Deckung bleiben?“

Mae erwiderte den Blick:
„Ich weiß, dass ich euch da einiges zugemutet habe. Aber Alexa…ich…“
und die Tränen rollten. Die Agentin reichte ihr ein Taschentuch und wartete ruhig ab. Mae beruhigte sich und sprach:
„In meiner Vision seid ihr beide durch Loki gestorben.“
Alexa zuckte leicht zusammen.
„Wie, das möchte ich nicht sagen, aber ich habe im Traum die beiden für mich wichtigsten Menschen verloren, das... ich…ich wollte nicht, dass das noch mal passiert!“
Die Tränen stiegen ihr wieder empor, doch Mae schluckte sie hinunter. Es war vorbei. Zeit nach vorne zu schauen. Sie sah, wie Alexa mit einer gewissen Rührung kämpfte.
„Danke, Kleines…“
Mae schüttelte die erneut aufsteigende Beklemmung ab, umarmte Alexa kurz und sagte dann:
„Du…ich hätte eine Frage, nein, mehr eine Bitte: Ich möchte gerne bei euch in die Ausbildung gehen. Ich denke, mit meinen Fähigkeiten könntet ihr mich gut gebrauchen…und ich würde gerne mit euch arbeiten und weiterhin mit euch zusammen sein.“
Alexa quietschte unterdrückt und grinste breit, während sie ihre Schritte beschleunigte und, Mae an der Hand, rasch das Hauptquartier betrat. Mae ließ sich verwundert mitziehen.
„Kirby! Das glauben Sie nicht!“
Die beiden erreichten den Agenten, der sich in der Küche gerade einen Tee machte:
„Sie hat es von selbst vorgeschlagen! Ich brauchte Ihre Überredungskünste gar nicht!“
Kirby lachte:
„Dann haben wir uns umsonst Sorgen gemacht?“
Alexa nickte strahlend und Mae begriff, dass sie dieselbe Idee wie sie gehabt hatten. Trainingskandidatin und Auszubildende! Und das erste Mal seit dem Vorfall lachte sie endlich wieder laut und befreit.
Und zweifelsfrei: es stand ihr, wenn sie lachte.




...Charis...


Ich hoffe, es hat euch gefallen. =)


(Solltet ihr wirklich die Ausdauer gehabt haben, das zu lesen...und dann vielleicht Lust haben...ich hätte noch eine zweite Geschichte auf Lager, da ich diese erste Runde im Wettbewerb gewonnen hatte....

Und vielleicht hätte der ein oder andere Interesse, so etwas auch hier zu starten? Ich weiß ja nicht, wie gut besetzt dieses Forum ist...)



Sorry, für die ganzen Doppelposts, aber aus strukturellen und zeichenbegrenzungstechnischen Gründen war das nicht anders möglich, ich hoffe, das wird akzeptiert...
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Mae

Meine Güte, Charis, wir verehren Sie...

...und drucken uns Ihre Erzählung aus, denn am Monitor ist die Lektüre kaum zu bewältigen.

Bewundernd und von Ihnen ganz verwundert,

Ihr kleiner, gesichts- und geschichtsloser Türkenjunge

Thorsten ;)
 
AW: Mae

Ich steh immer an der U-Bahn rum. Manchmal sind paar Kumpels dabei, aber selten. Die Deutschen nennen mich "Türke", die Türken gucken auf mich runter. Ich hab nichts zu verkaufen, ich paß nur auf in der Schule. Meine Mutter wär fast aufm Strich gelandet, wenn Orhan nicht dazwischen wär. Mein Opa, der hat bei Bayer fast seine Lungen verloren. Aber er sagt nichts drüber. Ich mag auch weiter nichts erzählen. Das tut alles so weh. Aber jemand, der mir zuhört, und das dann so erzählt, wie die Geschichte von Frau Mae, ja, das wär schön. Das wünsch ich mir.
 
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AW: Mae

Hey, Mister Troll. ;P

Wie wäre es, wenn Sie selbst einmal zu Kreide und Schiefertafel griffen?
Anscheinend ist der Sinn zum Drama genug vorhanden.^^
 
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