R
Robin
Guest
Betritt man heutzutage ein "Kulturkaufhaus", muss man fast die Augen zusammenkneifen ob der ikonographischen und typographischen Wucht, die einen anspringt. An allen Ecken stehen überlebensgroß Fotos bedeutender Denker mit Zigarren oder Pfeifen; Andernorts sind die Wände tapeziert mit den Schriftstellern bedeutender Verlage in nachdenklichen Posen; Sie blicken einen von Thementischen an und aus Schaufenstern hinterher. Geht man einen Etage tiefer, in die CD-Klassik-Abteilung, wird es nicht besser. Die üblichen Verdächtigen variiert, Beethoven, Bach und Mozart "privat", hängen in allen Ecken, zusammen mit ihren Interpreten, die sich vor ihren Instrumenten vorteilhaft präsentieren oder in "spontan" eingefangenen Momenten ihr Musizierglück ausdrücken sollen. Eine CD-Firma hat sich einfallen lassen, ihre zum tausendsten Male aufgewärmten Evergreens mit den Anlitzen schöner Musen zu zieren, worauf sich der Kulkturliebhaber einen runter, äh einen Wein aus dem Keller raufholen kann.
Nervig auch die allerorts schreiende Typographie. In [eckige] Klammern Gesetztes soll irritieren oder einen schrägen Eindruck erzeugen. Je ausgeflippter die Buchstaben, desto abgelutschter die Inhalte. Schlagworte eingehämmert bis zur Taubheit. Man möchte fliehen.
Doch dann, im ersten Stock, wirklich etwas mit Signalwirkung: Eine gelbe Wand leuchtet aus dem graphischen Gemetzel hervor. Kein besonders schönes gelb, ein Smiley-Gelb, ein paar orangene Einsprengel dazwischen: Die Reclam-Wand.
Die einzige Form: Buchstaben auf Papier, die einzige Ordnung: Das Wesentliche von A-Z. Dazu handlich, praktisch, rechteckig, schön. Eine Wohltat. Ein stiller Protest gegen das ständige Zuviel. Eine Reduktion in Selbsverständlichkeit.
[Sollte ich aber einmal ein Heim betreten, in dem einer sein Bücherregal nur mit diesen gelben Bücherengeln ausstaffiert hat, so würde ich auch misstrauisch; hier könnte dann Anti-Stil als Stilisierung vorliegen und die Person sich als recht schrullig erweisen]
Nervig auch die allerorts schreiende Typographie. In [eckige] Klammern Gesetztes soll irritieren oder einen schrägen Eindruck erzeugen. Je ausgeflippter die Buchstaben, desto abgelutschter die Inhalte. Schlagworte eingehämmert bis zur Taubheit. Man möchte fliehen.
Doch dann, im ersten Stock, wirklich etwas mit Signalwirkung: Eine gelbe Wand leuchtet aus dem graphischen Gemetzel hervor. Kein besonders schönes gelb, ein Smiley-Gelb, ein paar orangene Einsprengel dazwischen: Die Reclam-Wand.
Die einzige Form: Buchstaben auf Papier, die einzige Ordnung: Das Wesentliche von A-Z. Dazu handlich, praktisch, rechteckig, schön. Eine Wohltat. Ein stiller Protest gegen das ständige Zuviel. Eine Reduktion in Selbsverständlichkeit.
[Sollte ich aber einmal ein Heim betreten, in dem einer sein Bücherregal nur mit diesen gelben Bücherengeln ausstaffiert hat, so würde ich auch misstrauisch; hier könnte dann Anti-Stil als Stilisierung vorliegen und die Person sich als recht schrullig erweisen]