Letzter Schuss
Zwanzig Stunden waren vergangen seit sich Babsi ihren letzten Schuss setzte. Da lag sie nun auf ihrem Bett, in dem kleinen Zimmer, das sie sich mit ihrer besten Freundin Uschi teilte. Sie fühlte sich wie ein Häufchen Elend, zu krank für das Leben doch für den Tot nicht krank genug. Ihre kleine, ausgehungerte, zerbrechlich wirkende Gestallt, zitterte und krümmte sich vor Schmerzen. Sie streckte ihren durch die vielen Nadelstiche von Narben gezeichneten Arm in die Luft und versuchte mit der Hand das gedämpft durch den Vorhang dringende Tageslicht zu verdecken. Slip und T-Shirt klebten schweißnass an ihr. Ihr Körper gab ihr so unmissverständlich zu verstehen, dass es längst an der Zeit war, Zeit sich etwas H. in die Venen zu drücken.
Mit aller Kraft richtete sie sich auf, sie musste etwas an dieser Situation ändern. Der am Vortag gefasste Entschluss Clean zu werden war schon längst wieder in weite Ferne gerückt. Zittrig stolperte sie ins Badezimmer, vorbei am Spiegel, in den sie schon seit Monaten nicht mehr blicken konnte. Das Abbild ihrer gescheiterten Existenz war für sie einfach unerträglich. Sie kramte im Badeschrank nach der Packung Valium. Die hatte sie vor einigen Wochen im Krankenhaus mitgehen lassen. Es waren nur noch zwei Pillen im Blister. Hastig drückte sie sie heraus, nahm sie in den Mund und schwänzte sie mit einen schluck Wasser hinunter. Anschließend setzte sie sich auf den kalten Fliesenboden und wartete auf Erleichterung.
Als sich die beruhigende Wirkung des Medikamentes einstellte, raffte sie sich am Waschbecken hoch, ging zurück in ihr Zimmer und suchte sich ihre Klamotten zusammen. Sie musste raus, raus in die Stadt, oder besser gesagt in den Stadtpark um sich einen Schuss zu besorgen. Bevor sie die Wohnung verlies schrieb sie noch für Uschi in krakeliger Schrift einen kleinen Zettel „BIN IM PARK!!! LG BABSI“
be continued