AW: Lebe ich überhaupt MEIN Leben?
Wenn ich mir sage „alles ist eins“, ist das für mich nichts als ein neuer Glaube. Ein modernerer. Ich möchte das erleben. Soweit mein Denken meinem Erleben vorauseilt, empfinde ich eine unnatürliche Distanz. Diese Distanz verursacht bei mir m.E. Unruhe, Unsicherheit, Krankheit, einfallende Kartenhäuschen, die versuchen, die Distanz zu verringern...bei Menschen die ich außerhalb erlebe weckt es in mir den Eindruck von unecht-sein.
Wenn ich mir sage ich sei frei von allen Beeinflussungen, entspricht das m.E. meinem Wunsch. Wenn ich keine unbewussten eigenen oder stammesgeschichtlichen Erfahrungen in mir tragen würde, die mich beeinflussen, wäre ich möglicherweise ein Heiliger oder wie frankie. Aber das bin ich nicht. Und indem ich so sein möchte, erschaffe ich mir die oben beschriebene Distanz, ebenso wie sie in mir jeder Lehrer schuf.
Je weiter ich versuche zu erkennen, wer ich bin und was ich will, was mein Leben ist, umso unklarer wird es meinem Denken. Mein Denken begreift es nicht, vielleicht auch, weil ich nicht direkt einen Zusammenhang zwischen einem erreichten Ziel und dem damit verbundenen Glücksgefühl erkennen kann. Alle reden zwar davon, die Werbung und die Fachleute leben davon, aber ich kann das nicht erkennen...ich müsste es glauben.
M.E. sind Ziele, auch lebensgestalterische, nicht mehr als Hilfsmittel, mehr vom Leben mitzubekommen. Ich kann nur erkennen, dass es inzwischen in meinem Leben viele Arten gibt, mich auszudrücken zu gestalten und die hin und wieder einkehrende Ruhe...die mir gefallen. Es ist eine Mischung aus einem spielerischen Gestalten und dem Versuch das was in mir und um mich herum geschieht, aufmerksam wahrzunehmen. Unterbrochen vom Heranschleppen meines eigenen durststillenden Wassers, vom Scherben zusammenkehren und warmen Umschlägen gegen die immer wieder auftretenden Beschwerden.
Ich kann mich nicht als „nur dies“ oder „nur jenes“ begreifen. Das sind für mich Ideologin. Wenn Winter sich mit Sommer, Nacht mit Tag, männliches mit weiblichem abwechseln, sauerstoffarmes mit sauerstoffreichem Blut....warum gehört es nicht AUCH zum Leben, dass der Wassertropfen ins Meer eintaucht und auch vom Sonnenlicht angeregt als Wasserdampf auftaucht. Warum kann Leben nicht ein Wechsel zwischen individuellen Bedürfnissen und einem Bewusstsein sein, was mit dem Rest verschmilzt. Warum ist nicht alles erlaubt. Warum kann ich nicht dem jeweiligen Menschen in seiner jeweiligen täglichen Lebenssituation seinen Platz in dieser Pendelbewegung einräumen? Warum nicht auch mir?
Wahrscheinlich ist selbst das Fragen nach dem wer ich bin und was mein Leben sei, ein Teil des Seins selbst. Ich stoße hier im Forum oft mit euch zusammen, weil ihr so oft Antworten habt. Ihr steht mit einem vollen Wassereimer beim Bauern an um Milch (Lebenslust) zu bekommen.
Man kann möglicherweise garkeine Fehler machen. Das scheint ein Grundirrtum der Erziehung zu sein. Man lernt nicht „besser zu leben“ indem man aus Fehlern lernt, sondern indem man „neues aufnimmt“. Eine Unterscheidung in „die guten ins Töpfchen und die schlechten ins Kröpfchen“ scheint eine behindernde Methode, die rein aus dem Mechanismus des Vergleichens (was manche Denken nennen) kommt. Sobald Eltern ihre Kinder richtig aufziehen wollen, scheinen sie das Pendel in einer Richtung festhalten zu wollen. (Kontrolle, Lenken...) Aber ist es natürlich den Sommer ewig ausdehnen zu wollen und den Winter mit Plastiksonnenblumen zum Hilfssommer machen zu wollen? Was geschieht mit einem Kaktus, dem man keine Winterphase zugesteht (Trockenheit, Dunkelheit)...er wird möglicherweise aufhören zu blühen. Hast du das schon mal bemerkt?
Blühen unsere Kinder noch? Oder sind es Plastikblüten.
Das Denken scheint zu selektieren und gutes wiederholen und schlechtes meiden zu wollen. In den Augen des Denkens wäre dann wohl MEIN LEBEN ein volles Töpfchen voller guter Sachen? Ist das nicht eigentlich eine kindliche Vorstellung? Aber sind wir nicht eigentlich so kindlich?
Mir scheint heute näher liegend, dass Leben nicht selektieren und abgrenzen sondern aufnehmen möchte.
Was heißt das jetzt in der Praxis. Meine Praxis ist inzwischen mein Leben geworden.
Ich suche nach meinem Leben. Aber worauf warte ich denn da. Auf eine Kiste, wo draufsteht, „BERND´s LEBEN“? Ist das der Grund, warum wir Menschen so gern auf fremde Hilfe, auf den Weisen oder den Zichologen mit den schlauen Worten warten? Füllt die Gesellschaft mit ihrem Fachleute- und Manipulationswahn vielleicht nur dieses Bedürfnis? Ich will von dir wissen, was meine Kiste ist? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass du einfach auf IRGENDEINE Kiste drauf schreibst „BERND´s LEBEN“? Und wirst du, um glaubhaft zu erscheinen, dann nicht eine Kiste wählen, von der du weist, dass sie den allgemeinen Idealvorstellungen entspricht? 
Also warum bin ich dann noch immer bei jedem noch so erbärmlichen Manipulateur sauer, dass er so ist.
Möglicherweise müssen wir damit leben, es nie zu erfahren, was unser Leben ist. Wir können es nur versuchen daran zu erkennen, wie es uns mit den jeweiligen Versuchen geht. Tut es mir gut. Genauer wird mans m.E. nicht erkennen können. Denn wenn ich nach Erleuchtung oder ewiger Glückseligkeit strebe...ja was ist das denn, doch wieder nur ein Gedankenkonstrukt. Ich hab es noch nie erlebt.
Bernd 