Hallo Joachim, auch ich bin ein Künstler- privat. Und ich kenne abfällige Bemerkungen über den "Unsinn", den ich mit Beton, Holz, Draht usw. bastle. Am liebsten höre ich "Du musst ja viel Zeit haben"- da steckt ein gewisser Neid drin- der ist aber verständlich, denn die meisten Menschen haben für so etwas materiell Unnützes (das ist es tatsächlich) keine Zeit. Komisch eigentlich, in einem so reichen Staat, oder?
Hier mal eine Betrachtung zur eher professionellen, also kommerziellen Kunst:
Kunst
Gäbe es in der heutigen historischen Situation keine Kunst, keine Unterhaltungsindustrie, keine Filme, Spiele, Serien, Comics, Musik und Romane, die kapitalistische Gesellschaft stände unmittelbar vor ihrem Zusammenbruch. Kaum jemand würde sich dann zumuten, was er sich heute noch zumutet, getröstet und vertröstet durch fiktive Welten. Brauchbar ist diese Überlegung für alle, die noch an die Kunst glauben, in ihr gar einen Motor des Fortschritts, des Guten und Wahren, und nicht einfach des Schönen und Reizvollen sehen wollen, das mit dem Wahren umso weniger gemeinsam hat, je häßlicher und profitabler die Zeiten sind.
Man sollte Kunst ernst nehmen, aber als ideologisches Phänomen, als Technik der Weltflucht und Lebens-Verhinderung. Kunst an und für sich, also den Bereich des gezielt Nutzlosen ernst zu nehmen, ja überhaupt hinzunehmen, seine Nutzlosigkeit gar zu verherrlichen, einen Sinn, eine Identität, ein ganzes scheinhaftes Leben darum herum aufzubauen und nicht einfach ‚nur‘ Lusterlebnis oder Vergnügen sein lassen zu können, das man mit einem einzelnen Kunstwerk haben oder auch nicht haben kann, heißt eben nichts anderes als das materiale Leben, in dem sich Leben und Tod tatsächlich entscheidet, nicht mehr ernst zu nehmen.
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