AW: Klitoris und Masturbation
Hallo Franz
Kompliment für deinen hervorragenden Beitrag. Ich bin zwar kein Christ, aber sehr an dem Thema interessiert. Und deshalb kommt auch schon meine erste Frage. Wenn man sich so wie du, so sehr mit Philosophie befasst, wenn man also die Dinge des Lebens mit philosophischer Gründlichkeit zu erfassen versucht, warum verlässt man sich dann in der Frage nach Gott auf den Glauben? Das finde ich doch sehr inkonsequent. Ich erlebe es immer wieder, wie Menschen sich in Fragen der Religion oder Esoterik auf ihren Glauben stützen. Glauben kann der Mensch alles möglich. Deshalb hat der Glaube in meinen Augen nicht besonders viel Aussagekraft. Warum bemisst man die Frage nach Gott nicht auch mit philosophischen Kriterien? Das fände ich ehrlich gesagt viel vernünftiger. Und wenn ich mir die Frage, ob es einen Gott gibt oder nicht, im Rahmen der Philosophie stelle, so kann man eigentlich nur zu der Überzeugung gelangen, dass der Mensch nicht in der Lage ist, zu wissen, ob es einen Gott gibt oder nicht. Und aus diesen Gründen denke ich, hat die religiöse Überzeugung, dass es einen Gott gibt, psychologische Motive. Man müsste sich also die Frage stellen, warum der betreffende Mensch an Gott glaubt. Und wenn sogar ein philosophisch bewanderter Mensch an Gott glaubt, dann kommt mir das ehrlich gesagt, etwas merkwürdig vor.
Aber nun zum Thema Sexualität. Mir gefällt die Aufteilung des Denk4Modells von Patrice Maniglier nicht so gut. Vor allem gefällt mir nicht, dass Maniglier keine Wertung dieses Modells vornimmt, dass er gewissermaßen alle vier Orgasmusmodelle als gleichwertig nebeneinander stellt. Für mich existieren eigentlich nur zwei Formen des Orgasmus', auf der einen Seite der körperliche Orgasmus und auf der anderen Seite der spirituelle Orgasmus. Den sozialen und der intellektuellen Orgasmus betrachte ich eigentlich nur als Unterformen des spirituellen Orgasmus. Ich könnte mir sogar noch weitere Formen des Orgasmusses vorstellen, wie etwa den künstlerischen Orgasmus. Aber auch den würde ich als eine Unterform des spirituellen Orgasmus betrachten.
Jetzt möchte ich gerne noch etwas über die Wertigkeit der verschiedenen Orgasmusse sagen. Ich betrachte sie keineswegs als gleichwertig, denn sonst könnte der Mensch sich stets auf der Ebene des körperlichen Orgasmus bewegen, was die große Mehrheit der Menschen auch macht. Ich betrachte es als das Lebensziel des Menschen, die sexuelle Energie, die für alle Formen des Orgasmusses verantwortlich ist, so zu sublimieren, dass der Mensch sich von der Ebene des körperlichen Orgasmus auf die Ebene des spirituellen Orgasmus erhebt. Ich denke, dies ist eine der wichtigsten Aussagen vieler Religionen und Philosophien (Buddhismus), die leider bei manchen Religionen verloren ging, wie z.B. in der evangelischen Theologie.
Schaut man sich in der Bibel etwas genauer um, so findet man, dass Jesus ebenso enthaltsam lebte wie Buddha. Das Ziel dieser Enthaltsamkeit (Zölibat) ist die Transformation der sexuellen Energie in die spirituelle Energie. Diese Transformation hat sowohl die christlichen Heiligen, wie auch die Heiligen des Sufismus, des Zen, des Buddhismus, des Hinduismus und die Erleuchteten Yogis hervorgebracht. Aber diese Transformation ist keineswegs ein religiöser Vorgang, selbst wenn das Gebet als kontemplatives Moment in der christlichen und hinduistischen Religion dabei eine wichtige Rolle spielt, sondern es ist ein physiologischer Vorgang, der für diese Transformation verantwortlich ist.