AW: Klitoris und Masturbation
Liebe Teilnehmer und Leser dieses Threads!
Ich versuche das Anliegen meiner Fragestellung mal ausgehend von der körperlichen Merkwürdigkeit des "Blinddarms" zu erklären:
Welchen Sinn hat der "Blinddarm"?
Beim "Blindarm" würde ich von einem "funktionalen Sinn" sprechen, den dieser im Laufe der Evolution des Menschen einmal wahrgenommen und vielleicht immer noch in bestimmten Teilen dieser Welt wahrnimmt. Bei den Brustwarzen des Mannes wird es sich wohl so ähnlich verhalten.
Das medizinische Denken, das den "funktionalen Sinn" im Bereich des Körpers definiert, das könnte man jetzt auch versuchen auf die Klitoris anzuwenden. Ein Arzt, der diese Klitoris so betrachtet, wird schnell feststellen müssen, dass dieses Organ für den SEX (=Fortpflanzung, "Gene weitergeben", ...) nicht von nöten ist. So gesehen braucht Frau dieses Organ nicht, genauso wenig wie der Mann die Vorhaut dazu braucht. Das Ritual der "Beschneidung" weist wohl noch auf solch ein "Fortpflanzungs-Denken" hin.
In der (christlich-)westlichen Welt haben die Menschen dagegen gelernt (vor allem in den letzten Jahrzehnten), dass die "Lust", das Genießen des eigenen Körpers, wichtiger sei als die "Fortpflanzung", wichtiger als Familie und Kinder. Der "Individualismus" schreibt uns diese persönliche (sexuelle) Freiheit vor! Von daher ist für individualistisch orientierte Kulturen diese (sexuelle) "Freiheit" so wichtig, wie für kommunistisch orientierte Kulturen die (familiäre) "Ehre" wichtig ist. Mit aller (technischen) Macht verteidigt daher ein verabsolutierter Individualismus die schwer errungene persönliche sexuelle Freiheit: Verhütungsmethoden, Pille, Abtreibung, ... usw. bis hin zu Viagra. Die individualistisch orientierte Gesellschaft nimmt sogar die massiven Auswirkungen in Kauf, die eine sinkende Geburtenrate und eine Überalterung der Gesellschaft mit sich bringt. All diese Entwicklungen sprechen Bände von unser unreflektierten "Genußsucht". "Genußsucht" ist aber das Gegenteil von "Freiheit", ist "Sucht" - nämlich der unstillbare Zwang, die Befriedigung um der Befriedigung willen zu betreiben!
Wenn der Mensch soweit degeneriert, dass seine ganze SEXUALITÄT zu "sinnlosem SEX" verkommt, wenn er also nur mehr im Stande ist, primitive Fortpflanzungsmechanismen nachzuahmen um sich im "Lustgewinn" zu verlieren, dann hat dies weniger mit "Lust" im eigentlichen Sinne zu tun, also mit dem "sinnvollen Genießen" des eigenen Körpers, sondern viel mehr mit bloßer "Trieb-Befriedigung", so wie man halt auch andere körperliche Bedürfnisse zu befriedigen hat. Wenn der Mensch das "Genießen" zur tierischen Befriedigung verkommen läßt, dann verliert er seine Freiheit und erliegt schließlich seinen körperlichen Zwängen.
Verlernt der Mensch das "Genießen in Freiheit", dann wird er früher oder später selbst "ungenießbar". Das einzige, was er der nächsten Generationen auf Grund seiner unverantwortlichen gesellschaftlichen Doktorspiele hinterlässt, ist nur ein riesengroßer Berg an Problemen.
So liegt letztendlich an jeden von uns, ob wir uns durch "Klitoris" und "Masturbation" zu 24 Stunden "Bedürfnisbefriedigung" verleiten lassen oder ob wir nicht aus vernünftigen Gründen doch endlich damit anfangen, uns selbst in unserer Würde ernst zu nehmen (... sogar die Tiere nehmen sich selbst ernster als wir Menschen uns selbst, denn in der Tierwelt wird ja wenigstens noch die Verbreitung der eigenen Gene tierisch ernst genommen!)
Wir sollten also von unserer Würde ausgehend, unsere Sexualität versuchen in Ganzheitlichkeit zu entfalten und gestalten (z.B. Erziehung), damit wir in unserer Gesellschaft wieder lernen unser Menschsein in allen Dimensionen zu genießen! Sich selbst genießen zu können ist die Grundlage dafür, auch andere Menschen genießen zu können.
Wenn wir aber alle miteinander nur mehr lernen, wie wir uns möglichst schnell befriedigen können (Konsumgesellschaft, ..., Marktgesellschaft) und unsere ganze Kreativität und Arbeitskraft dahingehend verschwenden, dann werden wir uns zunehmend mit anderen Menschen schwerer tun (Entsolidarisierung) und in einer Kultur des Mißtrauens (ausufernder Bürokratismus, Kontrolle und Sicherheit um jeden Preis, ...) untergehen. Denn welcher Mensch, der sich in seiner Würde ernst nimmt, degradiert sich denn schon freiwillig zum bloßen Objekt der Bedürfnisbefriedigung von anderen?
Von daher sollte die Klitoris der Frau nicht hinsichtlich der Funktion von "Bedürfnisbefriedigung" definiert werden, sondern ihr sollte das zugesprochen werden, was "Sinn macht":
Die Klitoris ist das Zentrum unserer Lust,
von der das Genießen unserer "Menschheit" ausgeht.
Das ist der Sinn, den wir Menschen von heute der "Klitoris" geben sollten, damit wir begreifen, was uns die Masturbation lehrt:
Männer und Frauen brauchen einander, um erfüllte Sexualität zu leben.
Es geht nicht um die Freiheit der Bedürfnisbefriedigung,
sondern es geht um die Freiheit des sich selbst und einander Genießens!
Wir brauchen also keine Weisheit der Unabhängigkeit
(= Bedürfnisbefriedigung),
sondern eine Weisheit der Beziehungen
(= Liebe, die aus dem freien Genuss des wahren Lebens hervorgeht)!
Gruß Franz
PS: Da ich aber gesehen habe, dass ich mit der Threadüberschrift "Klitoris und Masturbation" bei so manchem das Schamgefühl, wenn nicht sogar religiöse Gefühle verletzt habe, möchte ich mich hier bei all denjenigen, wo dies der Fall ist, um Entschuldigung bitten und werde von daher diesen Thread wohl am besten schließen.