Vor einigen Jahren hat man die Allergenverordnung eingeführt, seitdem haben wir alle - versteckten - Allergene, die 90% aller Nahrungsmittelallergien auslösen, zu deklarieren: Milchprodukte, Fisch, Krustentiere, Sellerie ... also (fast) alles.
Lt. der ernährungswissenschaftlichen Literatur haben 3-5% aller Erwachsenen eine Nahrungsmittelallergie. Das lässt sich medizinisch beweisen, denn es gibt in diesem Fall eine Immunantwort des Körpers, die sich nachweisen lässt. Dem steht ein Bevölkerungsanteil von 20% entgegen - also das 4-7 fache ! - die glauben, sie hätten eine Nahrungsmittelallergie.
Nahrungsmittelallergiker, die gab es schon immer. Das lief in der Praxis früher so ab, dass ein Gast zum Kellner sagte: Wissen Sie, ich habe eine Allergie gegen Sellerie, was können sie da für mich tun? Da hat dann der Kellner kurz mit dem Koch gesprochen, und dann hat der Koch gesagt, da empfehle ich das und das oder wir können dies und jenes kochen und anbieten, und gut war es. Und das kam vor, wenn auch nicht all zu oft, denn es waren dann die echten Allergiker, die danach gefragt haben, und nicht die Spinner.
Heutzutage habe ich alles zu deklarieren. Dadurch erhält die Speisenkarte den Charme eines Medikamenten-Beipackzettels. Das Internet und die Medien treiben jede Woche einen anderen, völlig normalen, natürlichen und unbedenklichen Inhaltsstoff von Lebensmitteln als die neue Sau durchs Dorf. Mal ist das Gluten, dann die Laktose, schließlich das Kasein - wenn es nicht gerade irgendwo im hintersten Teil Europas eine Lebensmittelskandal gibt. Dann fragen die Gäste, woher beziehen Sie denn ihre Eier und ich antworte: Aus demselben Supermarkt wie Sie, aber wir arbeiten gerade daran, im Lager unsere eigenen Legehühner zu halten, damit wir das Problem endlich mal in den Griff bekommen.
All das zusammen steigert den Anteil der Spinner ganz beträchtlich, während die echten Allergiker, die es schon immer gab, auf konstantem Niveau bleiben.
Währenddessen arbeiten die EU- und nationalen Bürokraten und Experten bereits an den nächsten Vorgaben, denn sie brauchen ja ihre Existenzberechtigung. Da sollen wir dann in der Gastronomie arbeiten wie in einem Biologie-Hochsicherheitslabor und an den Fliesen "Abklatschproben" nehmen, deren Mikroben wir in Petrischalen anzüchten, zu kühlen und für Kontrollen bereit zu halten haben. Leute, es tut mir leid, aber einen Biolaboranten beschäftigen wir hier nicht. Wir können hier nur das tun, was hier seit vielen Jahrhunderten tun, nämlich jeden Tag gründlich putzen.
Und einiges von dem, was ihr bereits verboten habt, das haben wir viele Jahrhunderte getan, wenn nicht Jahrhunderttausende, und mal Hand auf's Herz: Wäre es so gefährlich, wie ihr das hier dramatisiert, dann müsste die Menschheit als Spezies eigentlich bereits längst ausgestorben sein.
Und unsere Gäste, die wollen nicht in einer keimfreien Plastikumgebung dinieren, die den Charme eines Biolabors hat, sondern in einem holzgetäfelten, rustikalen Wirtshaus.