Vorweg vielleicht einige Worte zur Ernennung Joachim Kardinal Meisners zum Erzbischof von Köln im Jahre 1989: eigentlich erfolgt eine solche Ernennung anhand eines so genannten Zehnervorschlags den die Domkapitulare der Bischofskongregation unterbreiten.
Auf der Liste der Domkapitulare von Köln (erstellt im Jahr 1987), stand der Name von Joachim Kardinal Meisner nicht. Doch der Vatikan hielt sich nicht an die Namen die im Zehnervorschlag standen, sandte seine so genannte Terna, also einen Dreiervorschlag zurück und siehe da, dieser Vorschlag enthielt den Namen des nicht vorgeschlagenen Kardinals Meisner. Damit war eindeutig die Tendenz des Papstes zu erkennen.
Es folgte ein regelrechter Hickhack, die Kölner wollten diese Prozedur und auch die Person des Vorgeschlagenen nicht so ohne weiteres hinnehmen. Kardinal Meisner wurde letztendlich in Dezember zum Erzbischof von Köln ernannt und in Februar 1989 in sein Amt eingeführt.
In der Folge gab es immer wieder Episoden bei denen man den Eindruck gewannt, Joachim Kardinal Meisner bemüht sich die Vorbehalte der Kölner zu bestätigen.
So auch nun in zwei Meinungsäußerungen zur Kunst: im Fall des wunderbaren Domfensters von Gerhard Richter und, noch viel nachdenklicher stimmend, die Festpredigt zur Einweihung des neuen Diözesanmuseums Kolumba in Köln.
Die Kommentare zum Fenster von Gerhard Richter werde ich in einem weiteren Beitrag schildern.
Also nun erst wegen der Brisanz: die Kultur die ohne Gott entartet. Meisner bezeichnet in der Tat jede nichtreligiöse Kunst und Kultur als "entartet".
Es hieß noch wortwörtlich in dieser Predigt:
"Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur entartet. Sie verliert ihre Mitte."
Na ja, wenn man ein solches Manuskript verfasst, ist es ratsam mal in den adäquaten Nachschlagwerken und auch Wörterbüchern nachzulesen von wo und in welchem Zusammenhang gewisse Ausdrücke entstanden sind. So auch der Ausdruck "entartete Kunst".
Nein, diesmal geht es ja nicht um rassistische Ideologien wie damals als die Ausstellung "Entartete Kunst" 1937 von den Nazis organisiert wurde. Doch unter "entartet" versteht man natürlich auch "artfremd".
Was in der Folge mit allem Artfremden geschah, scheint der Erzbischof vergessen oder verdrängt zu habe. Würde er sich daran erinnern, käme ihm ein solcher Ausdruck nicht über die Lippen bzw. aufs Papier.
Hat Kardinal Meisner tatsächlich vergessen, dass dieser schändliche Ausdruck von den Nationalsozialisten geprägt wurde? Denn es war ja nicht nur dieser Ausdruck der noch heute viele und auch mich stellvertretend an ein schlimmes Kapitel der deutschen Geschichte erinnert.
Ein weiterer Ausdruck aus dem Satz den ich oben zitiert habe, stimmt auch nachdenklich: "Verlust der Mitte". Es war, so habe ich jetzt nachgelesen, ein Ausdruck der gerne an den gehobeneren Stammtischen der 50er Jahre benutzt wurde, da er eng verbunden war mit dem "Untergang des Abendlandes".
Zur Rede Kardinal Meisners ließen sich viele kritische bis empörte Kommentare vernehmen. Es äußerte sich u.a. Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, NRW-Kulturstaatssekretär (CDU).
Zitat: "Dass Kardinal Meisner sich zu einem solchen Sprachgebrauch hinreißen lässt, ist erschreckend und zeigt, dass er keinerlei Zugang zur Kunst und Kultur hat."
Dann kam die Richtigstellung aus dem Hause des Erzbischofs: natürlich hat man ihn missverstanden – er habe diesen Ausdruck als rein "rhetorisches Mittel" benutzt (???) und wollte dadurch "die Ideologien des 20. Jahrhunderts mit ihren eigenen Begriffen schlagen".
Nun, mir fallen beim lesen solcher Sätze eine Menge "rhetorische Mittel" ein mit denen ich auch zuschlagen könnte. Nicht in Richtung Kunst.
Noch eine Frage sei mir gestattet: was bleibt eigentlich von der Kunst noch übrig wenn sie sich als solche nur nach dem Verständnis des Erzbischofs von Köln definieren sollte?
Aber zum Glück haben heute die kirchlichen Würdenträger nicht darüber zu befinden was Kunst sei und was eigentlich gar nicht dazu gehört.
Grüße
Miriam
Auf der Liste der Domkapitulare von Köln (erstellt im Jahr 1987), stand der Name von Joachim Kardinal Meisner nicht. Doch der Vatikan hielt sich nicht an die Namen die im Zehnervorschlag standen, sandte seine so genannte Terna, also einen Dreiervorschlag zurück und siehe da, dieser Vorschlag enthielt den Namen des nicht vorgeschlagenen Kardinals Meisner. Damit war eindeutig die Tendenz des Papstes zu erkennen.
Es folgte ein regelrechter Hickhack, die Kölner wollten diese Prozedur und auch die Person des Vorgeschlagenen nicht so ohne weiteres hinnehmen. Kardinal Meisner wurde letztendlich in Dezember zum Erzbischof von Köln ernannt und in Februar 1989 in sein Amt eingeführt.
In der Folge gab es immer wieder Episoden bei denen man den Eindruck gewannt, Joachim Kardinal Meisner bemüht sich die Vorbehalte der Kölner zu bestätigen.
So auch nun in zwei Meinungsäußerungen zur Kunst: im Fall des wunderbaren Domfensters von Gerhard Richter und, noch viel nachdenklicher stimmend, die Festpredigt zur Einweihung des neuen Diözesanmuseums Kolumba in Köln.
Die Kommentare zum Fenster von Gerhard Richter werde ich in einem weiteren Beitrag schildern.
Also nun erst wegen der Brisanz: die Kultur die ohne Gott entartet. Meisner bezeichnet in der Tat jede nichtreligiöse Kunst und Kultur als "entartet".
Es hieß noch wortwörtlich in dieser Predigt:
"Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur entartet. Sie verliert ihre Mitte."
Na ja, wenn man ein solches Manuskript verfasst, ist es ratsam mal in den adäquaten Nachschlagwerken und auch Wörterbüchern nachzulesen von wo und in welchem Zusammenhang gewisse Ausdrücke entstanden sind. So auch der Ausdruck "entartete Kunst".
Nein, diesmal geht es ja nicht um rassistische Ideologien wie damals als die Ausstellung "Entartete Kunst" 1937 von den Nazis organisiert wurde. Doch unter "entartet" versteht man natürlich auch "artfremd".
Was in der Folge mit allem Artfremden geschah, scheint der Erzbischof vergessen oder verdrängt zu habe. Würde er sich daran erinnern, käme ihm ein solcher Ausdruck nicht über die Lippen bzw. aufs Papier.
Hat Kardinal Meisner tatsächlich vergessen, dass dieser schändliche Ausdruck von den Nationalsozialisten geprägt wurde? Denn es war ja nicht nur dieser Ausdruck der noch heute viele und auch mich stellvertretend an ein schlimmes Kapitel der deutschen Geschichte erinnert.
Ein weiterer Ausdruck aus dem Satz den ich oben zitiert habe, stimmt auch nachdenklich: "Verlust der Mitte". Es war, so habe ich jetzt nachgelesen, ein Ausdruck der gerne an den gehobeneren Stammtischen der 50er Jahre benutzt wurde, da er eng verbunden war mit dem "Untergang des Abendlandes".
Zur Rede Kardinal Meisners ließen sich viele kritische bis empörte Kommentare vernehmen. Es äußerte sich u.a. Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, NRW-Kulturstaatssekretär (CDU).
Zitat: "Dass Kardinal Meisner sich zu einem solchen Sprachgebrauch hinreißen lässt, ist erschreckend und zeigt, dass er keinerlei Zugang zur Kunst und Kultur hat."
Dann kam die Richtigstellung aus dem Hause des Erzbischofs: natürlich hat man ihn missverstanden – er habe diesen Ausdruck als rein "rhetorisches Mittel" benutzt (???) und wollte dadurch "die Ideologien des 20. Jahrhunderts mit ihren eigenen Begriffen schlagen".
Nun, mir fallen beim lesen solcher Sätze eine Menge "rhetorische Mittel" ein mit denen ich auch zuschlagen könnte. Nicht in Richtung Kunst.
Noch eine Frage sei mir gestattet: was bleibt eigentlich von der Kunst noch übrig wenn sie sich als solche nur nach dem Verständnis des Erzbischofs von Köln definieren sollte?
Aber zum Glück haben heute die kirchlichen Würdenträger nicht darüber zu befinden was Kunst sei und was eigentlich gar nicht dazu gehört.
Grüße
Miriam