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Das ist ein anderes Fass, hier müssten wir Kants Pflichtethik in Betracht ziehen. Diese lässt sich wiederum aus der damaligen gesellschaftlichen Perspektive gut erklären, wirkt aber heute zumeist zu rigoros und einseitig; immerhin schließt Kant Notlügen im Dienste der (freundschaftlichen) zwischenmenschlichen Hilfe aus und ordnet die strikte Einhaltung des (staatlichen) Rechts allem über. Ein privates Gewissen kann es also nach Kant nicht geben, jedenfalls keines, das moralphilosophisch einwandfrei zu rechtfertigen wäre.


Ich selbst sehe das mit dem Gewissen etwas anders und denke schon, dass die meisten Menschen die Folgen ihres Handelns (sofern sie diese wahrzunehmen und abzuschätzen vermögen) im Hinblick auf die eigenen Vorstellungen eines sozial adäquaten Miteinanders reflektieren. Aus Erfahrung wage ich aber auch abzuleiten, dass diese Vorstellungen im Zweifelsfall enorm dehnbar sind und Menschen ein klar inadäquates eigenes Verhalten durch perspektivische (Ver)Zerrung leicht so umdeuten können, dass es wieder mit der eigentlichen Vorstellung zur Passung kommt. Verdrängung wäre hier das Stichwort. Das dient der (moralischen) Selbsterhaltung und ist insofern eine nachvollziehbare psychologische Eigenschaft, lässt aber das ideal eines funktionierenden und stringenten Gewissens in einem doch recht trüben Licht erscheinen. Ich stimme dir also letztlich zu: Über ein "schlummerndes" Gewissen verfügen wir mit Bestimmtheit. Ein verlässlicher Ratgeber für Moral scheint dieses jedoch nicht zu sein und dies sah schon ein Kant eben so, daher auch sein Versuch, dieses nebulöse und illusorische Gewebe auf ein festes Fundament zu stellen.


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