Die sog. "Relativität der Gleichzeitigkeit" ist der eigentliche Grund, warum die spez. Relativitätstheorie oft leider missverstanden wird:
Die spez. Relativitätstheorie verlangt, dass die Lichtgeschwindigkeit die höchste Signalgeschwindigkeit ist. Wirklich revolutionär bei dieser Theorie (wie bei allen "guten" Theorien) sind aber nicht so sehr die Postulate, sondern die Folgerungen. Die Relativität der Gleichzeitigkeit ist dabei das wohl unanschaulichste Phänomen, dass diese Theorie zu bieten hat.
Es geht um folgendes:
Grundlegendes Objekt unserer "Anschauung" ist in dieser Theorie die Raumzeit. Ein "Punkt" in dieser Raumzeit bezeichnet eindeutig einen Ort UND einen Zeitpunkt, deshalb verwendet man hier gerne den Begriff "Ereignis".
Ich stelle mir jetzt einen eindimensionalen Raum vor, so dass die Raumzeit zweidimensional ist (GROSSER Vorteil bei der Anschauung). Ich zeichne ein Diagramm, bei diesem möge der Raum durch die x-Achse und die Zeit durch die y-Achse dargestellt werden. Ich selbst befinde mich im Ursprung (das vereinfacht jetzt die Sprechweise ungemein). Die Skalierung dieses Diagramms ist so, dass die Lichtgeschwindigkeit durch eine 45°-Bahn dargestellt wird (wir reden hier von GROSSEN Geschwindigkeiten).
Die beiden 45°-Bahnen nach "oben" (in die Zukunft) begrenzen den Teil der Zukunft, auf den ich Einfluss ausüben kann. Die beiden 45°-Bahnen nach "unten" (in die Vergangenheit) hingegen begrenzen den Teil der Vergangenheit, der auf mich Einfluss ausüben kann. Ausserhalb dieser beiden "Dreiecke" befinden sich alle Ereignisse, die nicht mit "mir" verbunden werden können, ohne dabei die Lichtgeschwindigkeit zu überschreiten. Diese Ereignisse nenne ich das "Anderswo".
Die überraschende Erkenntnis aus der spez. Relativitätstheorie ist jetzt folgende: Ich greife mir ein Ereignis aus dem "Anderswo" heraus und kann jetzt ein Inertialsystem nennen, dass diese beiden Ereignisse als gleichzeitig ansieht.
Daher ist die Vorstellung falsch, Gleichzeitigkeit sei eine absolute Sache. EINDEUTIG ist sie nur für gleiche Bezugssysteme. Einen objektiven "Schnappschuss" gibt es daher gar nicht. Daher wird ein Widerspruch innerhalb der Physik auch von keinem Physiker gesehen, es ist nämlich nur DANN paradox, wenn man mit Newtonschen Vorstellungen an relativistische Phänomene herangeht. WENN ich eine Theorie versuche, mit einem Gedankenmodell zu Fall zu bringen, dann MUSS ich sie innerhalb dieses Modells auch konsequent anwenden, sonst liegt das Paradoxe nämlich genau in dieser Inkonsequenz, was hier der Fall ist.
Gruß,
Michael