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Zusammenfassung der Widerlegung des klassischen Zeitbegriffes nach Prof. David Deutsch


"Offen gesagt liegt der Grund dafür, warum dieser scheinbar dem gesunden Menschenverstand entsprechende Zeitbegriff so geheimnisvoll ist, darin, dass die Theorie unsinnig ist. Sie ist nicht nur faktisch ungenau, sondern auch, wie wir sehen werden, selbst nach ihren eigenen Maßstäben, sinnlos."

                                                                          (David Deutsch)


Was ist die klassische Vorstellung von der objektiven Zeit? Wir stellen uns Zeit als eine Linie vor, welche aus Zeitpunkten zusammengesetzt ist und, sagen wir, von links nach rechts verläuft. Sagen wir, ein kleiner senkrechter Pfeil markiere die Stelle des "JETZT". Alle Punkte auf der Geraden stellen "Zeitpunkte" oder "Schnappschüsse" dar. Alle Punkte links vom JETZT bezeichnen wir als Vergangenheit und alle Punkte rechts vom "JETZT" bezeichnen wir als Zukunft.


Die Punkte bewegen sich nicht. Aber unser Pfeil gleitet über sie hinweg, beleuchtet sie einen Augenblick um dann zum nächsten Zeitpunkt zu wechseln, so dass einer nach dem anderen in der Gegenwart ist. Soweit, so gut. Aber dieses Bild kann so nicht stimmen. Wir wollten uns doch ein OBJEKTIVES Bild von der Zeit machen. Dies wird jetzt aber schwer, denn wenn wir den Pfeil anhalten, haben wir einen Schnappschuß als JETZT privilegiert, und die anderen in Vergangenheit und Zukunft aufgeteilt. Dies kann so nicht stimmen! JEDER Schnappschuß ist im Grunde ein JETZT. Wir haben keinen Zeitpunkt, in dem wir uns selbst z.B. als vergangen betrachtet hätten.


Also müssen wir den "JETZTpfeil" wieder laufen lassen, damit er wieder alle "Schnappschüsse" nacheinander überstreicht. Aber halt: Wir benötigen jetzt für unser Erklärungsmodell einen Zeitrahmen, in welcher die Bewegung überhaupt stattfinden kann, den man aber nicht logisch vertreten kann. Was wir hier beschreiben KANN nicht in einem Zeitrahmen wahrgenommen werden, es IST der Rahmen der Zeit. Wenn wir es doch täten, müßten wir von einer zweiten, unabhängigen Zeit ausgehen, in welcher unser Pfeil sich bewegen darf,  welche wiederum zur Erklärung eine dritte Zeit benötigte usw.


Also müssen wir uns doch die Zeit vorstellen als eine Reihe von vielen, homogenen "JETZT", ohne einen Markierungspfeil. Die Welt scheint wieder in Ordnung, wir benötigen für unser Modell keine "äußere Zeit". Aber jetzt ist der Strom der Zeit verlorengegangen! Wir haben lediglich eine Aneinanderreihung von "JETZT".


Diese Betrachtungsweise muss auch irgendwie richtig sein, denn in der Tat macht ein objektives "JETZT" genau so wenig Sinn, wie ein objektives "HIER". Wo wir in einem Raum auch stehen, es ist immer "HIER". Genau so ist es mit jedem Schnappschuß, fragt nur in jedem beliebigen Schnappschuß nach, WANN sich die angesprochene Person befindet, sie wird immer antworten: "JETZT"!


Wenn das so ist, kann man nicht ohne logischen Widerspruch von einem Zeitfluss, Vergangenheit oder Gegenwart sprechen, ohne Zeit durch eine weitere, äußere Zeit erklären zu wollen, welche wiederum durch eine dritte erklärt werden muss. Hierdurch liegt im gängigen (und intuitiven) Erklärungsmodell von "Zeit" ein klassischer Widerspruch vor, was beweist, das es falsch sein MUSS!


(Sinngemäß von mir zusammengefaßt, wer Verständnisprobleme hat, lese bitte im Original ausführlich nach: "Die Physik der Welterkenntnis", David Deutsch, Auflage 1996, S.243ff)


Gruß,

Michael


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