Jugend spricht
hkf8997lp schrieb:
Mich überfällt zeitweise der Gedanke, beim Lesen der Beiträge, dass hier einige Leute etwas gegen jugendliche Überheblichkeit haben. Erinnern sie sich nicht mehr? Sind, oder glauben sie nie so gewesen zu sein?
Ich denke nicht, dass Überheblichkeit eine Eigenschaft ist, die automatisch mit dem Wort "Jugend" in Verbindung gebracht zu werden hat - das halte ich für die Reproduktion eines Klischees.
Ausserdem finde ich, dass deine Formulierung sehr unpräzis ist. Du schreibst, dass "einige Leute" (also eine Auswahl) "etwas" (was?) "gegen jugendliche Überheblichkeit" habe. Du präsentierst eine Aussage, die mir eher eine Frage nach dem Wer? oder Wessen? fordert. Wenn du also eine ganz bestimmte Überheblichkeit meinst, musst du die benennen, so wie auch fairerweise die Leute, die dir das Gefühl geben, dass sie dieses "etwas" gegen diese "Überheblichkeit" haben. Ansonsten macht deine Aussage nicht viel Sinn.
Weiter: An was sollen sie - die "einige Leute" - sich erinnern? An Überheblichkeit in der Jugend? Ihre Überheblichkeit in der Jugend? Etwa an ihre eigene Überheblichkeit? (Von welchem Standpunkt aus?) Unterscheidet diese sich von einer gegenwärtigen Überheblichkeit? Wann ist jemand jugendlich und wann nicht mehr? Ist Überheblichkeit situativ?
hkf8997lp schrieb:
Jugend und Alter unterscheiden sich im Denken gleich auf zwei Arten:
1. Ältere haben oft (nicht immer) mehr Erfahrung.
2. Jugendliche begeistern sich leichter, wo es vorkommt, dass ein junges Gemüt im Begeisterungssturm Dinge schreibt, die es später mal bereuen wird.
Auch das sind Klischees, die ich nicht mit dir teile. Worin haben die "Älteren" mehr Erfahrung? Im Denken? Was hat Erfahrung überhaupt mit Denken zu tun? "Jugendliche"
begeistern sich leichter?! Fängt der Spuk nun schon wieder an? Ojeoje...
Wieso hat Begeisterung mit Reue zu tun? Bereut ein Geist die Taten, die ihn zum Geist machten? Reut ihn sein Geist-Sein?
hkf8997lp schrieb:
Diese Unterschiede führen zu Spannungen und Reibungen. In einem persönlichen Gespräch (eher meine Stärke) kann man sich oft besser ausdrücken. Es kommt zu Entladungen, die dem späteren Diskussionsklima zuträglich sind. Diese Entladungen sind im Schriftlichen nicht möglich.
Auch hier stimme ich dir in keinster Weise zu. Ich finde, dass es durchaus Wege gibt, im schriftlichen Verkehr - v.a. hier in einem Internetforum - Spannungen zu entladen. Es gibt dafür verschiedene Methoden.
hkf8997lp schrieb:
Ich glaube, dass wir das nicht berücksichtigen, wenn es zum Beispiel zu aphexianischen Zwiespältigkeiten kommt. Asche auf mein Haupt.
Da ich keine deiner Prämissen teile, finde ich nicht, dass wir "das" berücksichtigen sollen. Zu "aphexianischen Zwiespältigkeiten" kommt es aus mehreren Gründen. Ich habe übrigens kein Problem mit aphex. aphex ist für mich Text, nicht mehr und nicht weniger. Seine Texte haben für mich literarische Qualität und über diese und die Qualität seiner Gedanken hätte ich mich gerne mit ihm/ihr (wir wissen es eigentlich nicht) unterhalten. Wenn die Person, die hinter dem Pseudonym "aphex" steckt, wirklich die Probleme hätte, die in den Texten geschildert werden, ist dies nicht der Ort, um sie zu lösen. Aber das hätte der Protagonist in den literarischen Texten - der so ziemlich alles weiss und nicht auf den Kopf gefallen ist (so seine Selbstcharakterisierung) - natürlich gewusst. "Aphexianische Zwiespältigkeiten" sind nur mit Humor zu überwinden. Über den Inhalt der Texte hingegen kann man ganz anders debattieren (ich sympathisiere beispielsweise nicht mit der Figur, die im Text generiert wird, sie ist mir einfach zu nihilistisch - was natürlich die Qualität des Textes nicht beeinträchtigt, da er eine Figur stilisiert, die sehr gut in unsere Zeit passt: wäre das Genre nicht bereits in den kulturellen Markt integriert, hätte ich vielleicht sogar etwas für den Stil - eine andere Inszenierung - übrig gehabt; aber z.Z. ist das denkbar unoriginell, weil zu anbiedernd, zu pseudo-bohemistisch, sprich reaktionär).
hkf8997lp schrieb:
PS*:
Ein Hoch auf Selbstsucht und Überheblichkeit.
Denn sie machen schwach und verwundbar,
einsam und traurig.
Es sind wahrhaft menschliche Eigenschaften.
Jetzt kommt das Gespräch also auch noch auf den "Menschen". Du charakterisierst hier aber hoffentlich den christlichen Menschen, der Gott getötet hat und alle mit seiner universellen Barmherzigkeit ersticken möchte. Ja, im 'Jenseits' ist alles besser, dort warten auf uns alle wunderbare Früchte, Verständnis für Überheblichkeit und Selbstsucht - so dass sie überflüssig werden - undundund... Was ist das grauenhafte am vollkommenen Nihilisten? Dass er unter der zweifelhaften Schutzherrschaft des Rache
geistes Leiden proklamiert, das Aktive von dem abtrennt, was es kann, das Leben zur Hölle macht, und dennoch im 'Dieseits' bleibt, um uns das alles mitzuteilen. Der Wille zum Nichts in seiner Vollendung...
Wo bleibt Dionysos, der uns ein Tänzchen vorführt (ich meine nicht den Forumsteilnehmer Dyonysos, auch wenn ich ihn nicht von der Diskussion ausgeschlossen haben möchte)? Ah, ich sehe ihn:
Ein Lichtblick. Was für ein toller Tänzer! Wir brauchen mehr Tänzer und -innen! Allez!