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AW: Ist psychische Krankheit der Preis für Kreativität?


Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein. 

(Theodor Adorno: Minima Moralia.) 


Ich gestehe, dass ich seit einigen Tagen etwas wie Irritation empfinde schon beim lesen des Titels dieses Threads. Und wenn ich meinen Beitrag mit einem Adorno-Zitat anfange, geschieht  dies weil diese Aussage am ehesten meinem Verständnis über Kunst bzw. einer ihrer wichtigsten Voraussetzungen entspricht.

Wo soll aber bei so einer Definition für psychische Krankheit als Quelle der Kunst oder des kreativen Aktes irgendwie ein Platz übrig bleiben?

Dass es auch psychisch labile Menschen  gab die sich in bemerkenswerten künstlerischen Werken ausgedrückt haben, ist wahr - aber nur in den wenigsten Fällen als kausal zu betrachten.


Speziell nochmals zu Mozart: ich kann hier die klassischen Biographien wärmstens empfehlen, einerseits die von Alfred Einstein, aber natürlich auch die von Wolfgang Hildesheimer. Letzterer zeigt  diesbezüglich, dass der Versuch  Mozarts Genie zu erklären eine Unmöglichkeit darstellt – der Zugriff auf die seelische Struktur eines solchen Genies kann nur scheitern oder in nicht stichhaltige  Erklärungen enden. Dabei belegt Hildesheimer seine These mit psychologischen Studien. Doch eben weil Hildesheimer davon ausgeht, dass er das Genie dieses Komponisten  nicht erklären kann, hat er eine der besten Biographien zu Mozart geschrieben.

 Die neueste sehr gute Mozart-Biographie ist der Historikerin Brigitte Hamann zu verdanken. Hamann kann nur zum Teil und nur als zeitweilige Erscheinung das so genannte  halb wahnsinnige Genie akzeptieren und ersetzt diesen Erklärungsversuch mit dem Hinweis auf die hyperaktive Persönlichkeitsstruktur von Mozart, die ja bekannt ist. Dies wiederum ist verursacht durch die Ausnahmebegabung des Komponisten, zu dessen Merkmale auch die extreme Konzentration auf das was er in Begriff ist zu komponieren, gehört.  


Als ich diesen Thread entdeckte, bin ich als erstes, sehr verkürzt, die Liste der von mir sehr geschätzten Künstler gedanklich durchgegangen - und musste feststellen bei wie wenigen die hier ursprünglich aufgestellte These zutrifft (z.B. Robert Schumann, von den Schriftstellern z.B. Robert Walser). Doch um es korrekt wiederzugeben: die von mir kritisch betrachtete These wurde mit einem Fragezeichen versehen hier formuliert.

 Nun zu einigen der Beispiele die mir so einfielen, die die These widerlegen:


Johann Sebastian Bach, (ich erspare Euch die Liste aller seiner hochbegabter Sohne), Joseph Haydn,  Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn-Bartholdy,  Bela Bartok, Luigi Boccherini,  Antonin Dvorak, Claude Debussy,  Gustav Mahler,  Richard Strauss, Igor Strawinsky, Paul Hindemith, Richard Wagner  – nein, jetzt höre ich mit den Komponisten auf.


Und von den Maler? Nur einige die ich besonders mag: Paul Klee, Fernando Botero, Frieda Kahlo,   Wassily Kandinsky, Claude Monet, Auguste Renoir, Henry Matisse….


Na ja, es reicht – ich müsste noch einige Schriftsteller aufzählen, aber das kann ein jeder für sich machen.


Bleibt bei mir die Frage offen: wie oft geschieht es, dass wir das was wir nicht vollziehen können, was wir nicht ganz durch unseren Verstand oder durch unsere Sinne zu erfassen vermögen, als ver-rückt erklären? Im eigentlichen Sinne des verrücktem.


Liebe Grüße


Miriam


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