AW: Ist Gott in Rente?
Hallo Erich!
Warten auf Godot ist zwar trotz aller Vergeblichkeit weit verbreitet, aber ich kenne auch solche, die nicht mehr Warten. Hoffen ist doch eigentlich nur ein anderes Wort dafür. Gut, es hat auch noch eine etwas freudigere Qualität als das einfache Warten, aber es gibt dafür keinen echten Grund.
Es gibt aber auch Menschen, die auf das pfeifen, was vielleicht irgendwann sein könnte und lieber das wahrnehmen und genießen, was jetzt gerade in diesem Moment ist. Und obwohl ich irgendwann einmal sterben werde, kann ich doch jetzt mein Leben genießen. Oder vielleicht gerade deswegen. Der Tod erinnert mich daran, dass ich jetzt den Tag nützen soll. Weil nachher ist es zu spät. Dazu muss nicht erst eine andere Realität her.
Irgendwie erscheint mir dieses Hinschielen auf den Tod, dieses trotzige "Is ja eh alles egal, wenn ich dann sowieso sterben muss" als kindliches Augenverschließen. Der Tod lässt sich nicht von uns durch ein trotziges Hadern abwenden. Aber er gewinnt schon vorher die Oberhand über uns, wenn wir gleich gar nicht richtig leben "weils eh scho wurscht is".
Du weißt nichts von einem unsterblichen Geist? Vielleicht kennst du ihn bloß unter einem anderen Namen. Ich meine denjenigen, der dafür sorgt, dass jedes Jahr aus den Samen der Pflanzen wieder neue Stengel und Blüten wachsen und auch wieder Früchte tragen. Ich meine denjenigen, der dafür sorgt, dass die Vögel und die Schmetterlinge ihre Flugrichtung quer über ganze Kontinente finden.Verstehst du, was ich meine? Diesen Geist, der manchmal eine Idee gleichzeitig zu vielen Menschen bringt, als ob das Thema "vom Himmel gefallen" wäre. Dieser Geist, der alles, was wir (noch) nicht erforschen und entdecken können, so wunderbar am Laufen hält. Der ist da, auch wenn wir ihn nicht verstehen und auch nicht erklären können.
Oder was könnte das sonst sein, was den Kreislauf der Natur so schön in Schwung hält?
Ein Riesen-Perpetuum-mobile vielleicht
?
Was auch immer es ist, es ist da und man kann es wahrnehmen, wenn man will.
