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So, nun hatte ich einige Tage Zeit, über verschiedene eurer Statements im Zusammenhang mit "Schönheit/Intelligenz" nachzudenken - hoffe, daß ich mit meinen "Ergebnissen" nicht zu weit abschweife :)





Mir geht es ähnlich, allerdings sehe ich durchaus auch Menschen als „schön“ an. Ich assoziiere das nur nicht gleichzeitig mit Sympathie oder Anziehungskraft. Es gibt eben unterschiedliche Schönheiten (weiß nicht, wie ich das besser ausdrücken soll).





Wenn dem so ist, dann anerkennst du – wie „reflektiert“ auch immer – daß Schönheit mit bestimmten Eigenschaften verbunden ist, sonst wäre das „Wappnen“ ja nicht notwendig. Wenn es [Zitat] eine „philosophische Erkenntnis“ ist, daß die „Schönheit“ eines Menschen nichts über die Beschaffenheit seiner Persönlichkeit aussagt [Zitatende], dann halte ich diese „Erkenntnis“ für falsch. Ein Mensch, der in den Augen vieler als „schön“ angesehen wird, bekommt das vermittelt und dieses Wissen muß sich zwangsläufig auf die Entwicklung (und damit „Beschaffenheit“) seiner Persönlichkeit auswirken. In meinem „Freundschaftskreis“ gab es immer relativ viele wirklich „schöne“ Menschen. Mehr als die Hälfte von denen entpuppte sich im näheren Kennenlernen als äußerst unsicher und schüchtern, sie führten das ausnahmslos darauf zurück, daß sie stets das Gefühl hatten, „nur“ wegen ihrer Schönheit gemocht zu werden.




Hier kann ich nicht beurteilen, was du mit „philosophischer Erkenntnis“ genau meinst. Eine „Erkenntnis“ ist doch etwas mehr als eine These, oder irre ich mich da? Aber das ist vielleicht an dieser Stelle nicht so wichtig. Du verwendest deine Fähigkeit zu logischem Denken (oder vernünftig – aber Vernunft ist ja, wie wir inzwischen festgestellt haben, subjektiv) um die Kontrolle über deine Gefühle zu ermöglichen. Dein Beispiel, dir damit Neigungen zu Eifersucht und Hassgefühlen aberzogen zu haben, ist wieder ein subjektives Erleben. Es mag für dich richtig sein, für mich wäre es das nicht. Grund: Eifersucht und Hassgefühle sind zunächst Emotionen – weder gut noch schlecht, sondern: einfach „da“. Wären sie nicht sinnvoll, gäbe es sie nicht. Sie sich „abzuerziehen“ bedeutet, ihren Sinn zu leugnen. Aus meiner Sicht ist es sinnvoller, sie zur Kenntnis zu nehmen und zu hinterfragen, WAS für einen Sinn sie in dem Zusammenhang, in dem sie  auftreten, haben. Daraus kann man dann „vernünftig“ (oder auch nicht) entscheiden, in welcher Form man diesen Emotionen Ausdruck verleihen will. Du schreibst weiter, daß Deine Art, mittels Vernunft unliebsame Emotionen zu „kontrollieren“ keinen Einfluß auf deine Liebesfähigkeit hätte. Das mag sein. Möglicherweise richtest du allerdings dein Augenmerk verstärkt auf „die eine Stelle“ (nämlich deiner Liebesfähigkeit) und übersiehst dabei andere. Zum Beispiel (das ist jetzt meine subjektive Wahrnehmung) die Wirkung, die eine rein rationale Haltung auf andere haben kann. Wie ich schon mal weniger nett geschrieben habe: sehr viele deiner Ansichten teile ich. Die Art, wie du sie vermittelst, löst dagegen eher Ablehnung oder sogar Aggressionen aus. Neben ihrer Fähigkeit zu rationalem Denken zeichnen sich Menschen nämlich auch durch sehr differenzierte Emotionen aus. Diese nach außen (möglicherweise auch innerlich) zu „kontrollieren“ vermittelt dem Gegenüber einerseits Mißtrauen – es „fehlt“ schlicht ein ganz wichtiges Kriterium in der „Signal-Palette“, die zur zwischenmenschlichen Kommunikation notwendig und möglicherweise sogar relevanter ist als „pure Ratio“. Das mag im direkten Gegenüber noch „abzufedern“ sein, in der „rein schriftlichen“ Kommunikation halte ich das für außerordentlich kontraproduktiv, denn es fehlen hier ohnehin schon so wichtige Wahrnehmungshilfen wie Körpersprache, Mimik, Betonung. Gleichzeitig (und das interessiert mich selbst, warum das so ist) vermittelt zumindest mir die Aussage: „ICH handle immer rein rational, DU handelst dagegen sehr emotional“ das Gefühl, daß Rationalität „besser“ sei als Emotionalität. BEIDE halte ich in ihrer Wichtigkeit für gleichwertig, dennoch scheint der emotionale Mensch stets „den Kürzeren“ zu ziehen.





Dieser Absatz bietet sich geradezu an, interpretiert und mißverstanden zu werden, e-a-s ;) Wie bei dir steht auch bei mir das Streben nach materiellen Dingen und beruflicher Anerkennung nicht an erster Stelle meiner persönlichen Prioritäten. „Liebe nach deiner Definition“ - hierzu müßtest du mir evtl. doch einen Hinweis geben, wo sie nachzulesen ist. „Liebe“ in welcher Definition auch immer zu „bekommen“ wie zu geben dürfte vermutlich eine der stärksten Triebfedern im menschlichen Dasein generell sein. Es würde mir inzwischen (früher war das anders – mit teilweise verheerenden Folgen) nicht mehr einfallen, diesem Streben alles, was ich tue, unterzuordnen. Das hätte nämlich die unangenehme Folge, daß alles, was ich tue, ziemlich verkrampft und fordernd auf andere wirken würde – eines der besten Mittel, um Liebe gerade NICHT zu erlangen. Ähnlich verhält es sich mit dem Nachdenken vs. Handeln. Im Handeln geht man zwar deutlich mehr das Risiko ein, sich ab und an völlig „unvernünftig“ zum „Affen“ zu machen, gerade das aber bietet auch die Möglichkeit, SICHTBAR und damit erfaßbar für andere zu werden. Ist das nicht überhaupt erste Voraussetzung, wenn man Liebe auslösen und empfinden will?




*lach* Das nun, lieber e-a-s, ist einer dieser Sätze, die einem das Gefühl vermitteln, du hieltest dich für etwas „Besseres“ oder anderen gegenüber für „überlegen“. Ich weiß nicht, ob du dir dessen überhaupt bewußt bist? Es gibt viele mit „ähnlicher Denkfähigkeit“ und es gibt viele, die das so nicht wollen, weil es ihrem Wesen widerspricht (auch dann würden viele das mit „ich kann nicht“ umschreiben – ganz ohne Ausrede ;) ) Vielleicht irre ich mich, aber in den letzten Tagen habe ich immer mehr den Eindruck gewonnen, daß du oft gar nicht begreifen kannst, worüber wir uns bei manchen deiner Statements ärgern, mokieren oder lachen. Ich schreibe das ohne Ironie und meine das ehrlich: kannst du nachvollziehen, daß andere Menschen nicht ausschließlich vernünftig sein WOLLEN, sondern – trotz ausgeprägter Denkfähigkeit – für ihr eigenes Wohlbefinden auch gelegentliche „Unvernunft“ sich selbst und anderen gegenüber brauchen? Das macht sie dir vielleicht etwas undurchschaubar und nicht „berechenbar“, aber keinesfalls dir unterlegen. 





Diesen Gedankenstrang möchte ich nochmal aufgreifen. Ich glaube, wir sind uns einig für diese Diskussion, daß mit "Schönheit" die "äußere" Schönheit von Menschen gemeint ist. Schönheitsempfinden ist sicher auch subjektiv, aber es wird geprägt sein von der Gesellschaft, in der man lebt (hat hier schon jemand geschrieben). Wenn du fragst, ob das Streben nach Schönheit "grundsätzlich oberflächlich und verwerflich" sei, verneine ich das. JEDER möchte in irgend einer Form gefallen, und Eitelkeiten pflegt jeder - das macht Sinn. Mit "Schönheit" gibt man doch einen Teil von sich wieder - man signalisiert sozusagen eine gewisse Lebenshaltung damit. Ich seh's so ähnlich wie Körpersprache oder den Gesichtsausdruck: das Streben nach Schönheit bedeutet, ein bestimmtes Lebensgefühl sozusagen nach außen  hin zu illustrieren. So gesehen ist "Schönheit" eine Art Information, die man an seine Mitmenschen aussendet. Das ist alles andere als "bloß oberflächlich" oder verwerflich, nur sind sich viele dessen nicht bewußt. Bestimmte "Signale" müssen nicht weiter erläutert werden - ein eher unbedarftes junges Ding, das gerne Minis und stark geschminkte Augen trägt, weiß fast "intuitiv", das sie damit stark erotische Signale aussendet. Bissl ironisch möchte ich dazu ergänzen: eine  ausgeprägt intellektuell agierende Frau mit schwarzer Hornbrille, klassisch-strenger Pagenfrisur und knabenhaftem Outfit weiß ganz gut, warum sie sich gerade so gewandet und welche "Zielgruppe" (nicht nur im erotischen Sinn) sie damit ansprechen will.




Wenn man die Motivation für voreilig eingegangene Beziehungen ausschließlich in ästhetischen Aspekten sieht, läßt man außer Acht, daß eine der stärksten Triebfedern (neben dem Sexualtrieb) die Sehnsucht nach Erfüllung der eigenen Bedürfnisse ist. Voreiligkeit mag durch „Schönheit“ initiiert sein, die Projektion dessen, was man „lieben möchte“, auf ein u.U. völlig ungeeignetes Objekt dieser „Liebe“ spielt dabei allerding aus meiner Sicht eine wesentlich stärkere Rolle. Das Empfinden von Schönheit ist sozusagen bloß der zierende Zuckerguß und die Wahrnehmung dieser „Schönheit“ schwindet meist schneller als die innere Bereitschaft, sich den Irrtum über das Wesen des „angeliebten Objekts“ einzugestehen. 


fG, wirrlicht


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