AW: Heißt unsere "Ehre" Recht?
Hallo Raphael!
Gerade wenn etwas wie "Ehre", die ja untrennbar zur "Würde des Menschen" gehört, tabuisiert und nicht "vernünftig kultiviert" wird, dann treibt diese verdrängte Denkweise mit dem Menschen ein gar böses Spiel.
Stellen wir uns von daher einmal die Frage:
Ist "Freiheit" in unserer Zeit ein "handfester Begriff"?
Wahrscheinlich würden wir alle ohne lange zu zögern "JA" sagen.
Nun behaupte ich, dass "Ehre" ein ebenso "handfester Begriff" ist.
Wie komme ich nun zu solch' einer Aussage?
Für mich ist es nur eine Frage der Denkweise. In unserer christlich-westlichen Kultur ist ja faktisch "Freiheit" der oberste Wert. Von daher orientiert sich alles (moralische) Denken an der Freiheit (und auch "Geld" = "eingefrorene Freiheit" wird so eingeordnet).
In anderen Kulturen (islamischen Stammeskultur, aber auch in China, Indien, überwiegend im ganzen asiatischen Raum, aber wohl auch in Rußland, ...) ist der oberste Wert jedoch die "Ehre" (der Familie, des Stammes, des Volkes, ...). Alles (moralische) Denken orientiert sich in diesen Kulturen von daher vorrangig an der "Ehre".
Nicht ohne tieferen Grund gingen ja aus unserer westlich-christlichen Kultur, die sich an der Freiheit orientiert, auch die erste Generation der Menschenrechte als "Freiheitsrechte" hervor (vgl. z.B. "Habeus-Corpus-Akte" )
Hier ein anschauliches Beispiel aus dem ethischen Problembereich von Organtransplantation, wie sich die "Moral des Westens" von der "Moral des Ostens" - also die Denkweisen - grundlegend unterscheiden:
http://de.youtube.com/watch?v=fsBKFQP0OUg
"Rechte" haben viel mit "Freiheit", mit "Unabhängigkeit" zu tun!
"Pflichten" dagegen haben viel mit "Ehre", mit "Abhängigkeiten" (im positiven Sinne) zu tun!
Rechte haben entscheidend mit der "äußeren Würde" des Menschen zu tun,
Pflichten dagegen verweisen uns vor allem auf die "innere Würde" des Menschen.
Die "innere Würde", also die "Ehre" kann z.B. gut mit den klassischen Kardinal-Tugenden angedeutet werden.
Was ehrt also einen Menschen?
Es ehrt eine Person, wenn diese besonnen ist!
Es ehrt eine Person, wenn diese gerecht waltet!
Es ehrt eine Person, wenn diese klug handelt!
Es ehrt eine Person, wenn diese tapfer bleibt.
Tapferkeit, Klugheit, Gerechtigkeit und Besonnenheit sind also durchaus "handfeste Begriffe", die von dem erzählen, was unter "Ehre" zu verstehen ist.
Wenn nun ein ganzes "Volk", es irgendwie (durch eine gute Regierung) schafft, tapfer in schweren Zeiten zu bleiben, klug in schwierigen politischen Verhältnissen zu handeln, gerecht in sozialen Angelegenheiten zu walten und besonnen im volkswirtschaftlichen Bereich zu haushalten, dann ehrt es doch ein Volk! Oder?
Ist diese "Ehre des Volkes" nicht der "Verteidigung" würdig?
... ist dagegen eine von der Würde des Menschen losgelöste "monetäre Freiheit", die nur mehr sehr wenigen Menschen zuteil wird, der "tapferen Verteidigung" würdig?
Stellen wir uns also aufrichtig die Frage:
Welches "Recht" (des Stärkeren) und welche "Freiheit" (des Kapitals)
sollen also unsere Soldaten tapfer verteidigen?
Es liegt auf der Hand, wie Du schon oben richtig angedeutet hast, dass nicht vor allzu langer Zeit ein an die Nation gebundenes "Ehrgefühl", die Wurzel von bösartigem Nationalismus und sinnlosem Krieg war. Im 21. Jahrhundet wird auf Grund dieser bitteren Erfahrung, weil einige die Ehre des Vaterlandes als verletzt ansehen, wohl hoffentlich kein Krieg mehr geführt werden - so viel Besonnenheit setze ich voraus ... obwohl, wenn ich die USA betrachte, dann ....
Ein kurzer geschichtlicher Überblick über unseren Begriff von "Ehre":
http://de.youtube.com/watch?v=UkJ-Drm-MQo&feature=user
Aber laufen wir derzeit nicht ebenso Gefahr, wie damals wegen falsch verstandener "Ehre",
heute dagegen wegen falsch verstandener "Freiheit" in bösartigen Nationalismus und sinnlosem Krieg zu enden?
Wegen was werden denn heute Kriege geführt?
"Öl"? "Geld" ( -Macht)? "Unabhängigkeit"? "Freiheit"?
Vgl. auch dazu die Entwicklung von seperatistischen Tendenzen in Europa, z.B. das ganz aktuelle Problem im "Kosovo", ... bis hin zum "Irak" und dem Unilateralismus der USA im Namen der Freiheit. Warum heißt die gegen Terrorismus geführte militärische Operation - oder vielleicht zutreffender: der gegen Terroristen geführte "Krieg" (vgl. dazu Bushs "Kriegserklärung" aus dem Jahre 2001) gerade "Operation Enduring Freedom"? (Sprache kann verräterisch sein!)
Mein Anliegen ist, "Freiheit" und "Ehre", um der "Würde des Menschen" willen in unserem (politischen) Denken zu verbinden und so mit Blick auf "Gerechten Frieden" in unserer Welt, Sorge und Verantwortung mitzutragen!
... und Soldaten, die sich im Auslandseinsatz "ehrenhaft" verhalten (also besonnen, gerecht, klug und tapfer sind), begrüße ich, ehrlich gesagt, weitaus mehr, als Soldaten, die im Namen einer falsch verstandenen "Freiheit" militärische Operationen ausführen und überhaupt nicht mehr wissen, was Anstand und Ehre gebietet und mit der "Würde des Menschen" überhaupt nichts anzufangen wissen.
... auch ein tapferes Eintreten für die "Würde des Menschen" im Ausland,
kann in diesem Sinne durchaus als Verteidigung der "Ehre eines Volkes" gesehen werden!
Gruß Franz