Ich kenne Kant ziemlich gut und bin ganz und gar nicht der Meinung, dass sich der Dozent irrte. Aber man kann natürlich alles zerreden bis ins Endlose - das steht jedem frei.
Ich schrieb einst eine akadem. Hausarbeit über den Abschnitt "Aus einem Gespräch von der Sprache" im Buch "Unterwegs zur Sprache". Heidegger unterhält sich darin mit einem Japaner (ein Prof. Tezuka, der bei Heidegger zu Besuch ist) und möchte anhand des Gesprächs demonstrieren, wie sich verschiedene Sprachwesen "großgeglückt" begegnen.
Anbei ein kleiner Auszug aus meiner Arbeit:
"Da Tomio Tezuka nach Veröffentlichung des Gesprächs in „Unterwegs zur Sprache“ immer wieder danach befragt wird, ob es sich dabei um das tatsächliche Gespräch zwischen ihm und Heidegger handelt, verfertigt er einen Bericht mit dem bezeichnenden Titel „Eine Stunde bei Heidegger“. Ein vom Japanischen ins Deutsche
übersetzter Übertrag dieses Berichts ist im Buch von Reinhard May (S.82-99) vorzufinden. Aus diesem Bericht geht hervor, dass – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – zwei völlig unterschiedliche Gespräche vorliegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Martin Heidegger „[...] das konzentriert geführte [Informations-]Gespräch als eine günstige Gelegenheit betrachtet, seinem japanischen Gast, der die deutsche Sprache erwiesenermaßen ungewöhnlich gut beherrschte, wohlüberlegte Sachfragen zu stellen.“ (EOL, S.27)
(Reinhard May, "Ex Oriente Lux", Heideggers Werk unter ostasiatischem Einfluss, Stuttgart 1989)
Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung kam ich zum eindeutigen Ergebnis, dass Heidegger seinen Gast gezielt befragt (bzw. regelrecht monologisierend ausfragt), im Nachhinein dann ein völlig neues "Gespräch" erfindet und in seinem Sinne als harmonischen Dialog darstellt, ohne den eigentlichen Interview-Charakter sowie drastisch abweichenden Inhalt entsprechend kenntlich zu machen. Des Weiteren verwendet er japanische Begriffe offenkundig fehlerhaft und interpretiert jene durchweg in seinem Sinne. Und das ist nur ein Beispiel für Heideggers Art und Weise, die Realität bis zur Unkenntlichkeit zu verdrehen. Prof. Tezuka fand das Gespräch übrigens überhaupt nicht bereichernd - alles in seinem eigenen Bericht nachlesbar.
Glaube mir also ruhig: Meine Ansichten basieren durchaus auf einer "differenzierten" Auseinandersetzung mit Heidegger und seiner "Philosophie" sowie philosophischen Vorgehensweise. Verzeihe mir bitte, wenn ich nicht jede Kleinigkeit mit Quellen belege. Ich merke mir das, was ich einst las, nicht bis zum Sanktnimmerleinstag auswendig. Bewusste Falschdarstellungen habe ich nicht nötig.
Also bittesehr, dann ist aber wirklich genug:
"Wann und wie sie [die Kehre] sich geschicklich ereignet, weiß niemand. Es ist auch nicht nötig, solches zu wissen. Ein Wissen dieser Art wäre sogar das Verderblichste für den Menschen, weil sein Wesen ist, der Wartende zu sein, der des Wesens des Seins wartet, indem er es denkend hütet. Nur wenn der Mensch als der Hirt des Seins der Wahrheit des Seins wartet, kann er eine Ankunft des Seinsgeschickes erwarten, ohne in das bloße Wissenwollen zu verfallen. [Hervorhebung von mir]" (Martin Heidegger. "Die Technik und die Kehre". 5. Aufl. 1982. Neske: Pfullingen. S. 20)
"Immer durch waltet den Menschen das Geschick der Entbergung. Aber es ist nie das Verhängnis eines Zwanges. Denn der Mensch wird gerade erst frei, insofern er in den Bereich des Geschickes gehört und so ein Hörender wird, nicht aber ein Höriger." (Ebd. S. 12)
Ob nun "Seinsprophet" oder "Seinsdogmatiker", macht das einen so großen Unterschied? 
Schönen Abend!
Phil