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Güte

Friedenspanzer schrieb:
Güte hat mMn auch etwas von "Ein Auge zudrücken". Das geht bei Gerechtigkeit nicht, sonst wärs ja nicht gerecht.

Dementsprechend ist Güte dann mehr "gut" als Gerechtigkeit.
(Für alle Grammatikfanatiker: Bitte das "mehr gut" durch "besser" ersetzen...) :weihnacht
Spitze!
An Dir hätten moderne Rechts- und Moralphilosophen ihre Freude.
Genau das meinte ich auch mit meinem Post.
Obwohl wir beide vielleicht einsehen müssen, dass beide "Werte" an sich erstrebenswert sind und sich absolut nicht auschließen ( dürfen)

Marianne
 
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Marianne schrieb:
Spitze!
An Dir hätten moderne Rechts- und Moralphilosophen ihre Freude.
Genau das meinte ich auch mit meinem Post.
Obwohl wir beide vielleicht einsehen müssen, dass beide "Werte" an sich erstrebenswert sind und sich absolut nicht auschließen ( dürfen)

Marianne

Ach du meine Güte, jetzt hab ich mich doch hinreißen lassen, hier auch noch meinen Senf dazuzugeben.

Güte ist für mich erst mal gefühlsmäßig das, was auch Gaius beschrieben hat. Es hat aber auch etwas, das ich als "Herzenswärme" bezeichnen würde. Der Unterschied entsteht dort, wo jemand, der nicht aus sich heraus einfach gütig istglaubt, gütig werden zu müssen, weil es ein erstrebenswerter Wert ist.
Etwas anzustreben bedeutet ja nichts anderes, als das man diese Eigenschaft erst erwerben und üben muss, weil man sie nicht von vornherein hat.
(Danke Marianne für deinen Hinweis. Erstrebenswerter Wert war mein Stichwort, an dem ich meine vagen Unstimmigkeiten erkennen konnte.)

Wenn ich ein gütiger Mensch werden will, dann beurteile ich erst einmal, welche Eigenschaften an mir nicht zu meiner Vorstellung von "gütig" passen, d.h. ich akzeptiere nicht, dass ich nicht gütig bin. Genau das projiziere ich dann auf die Menschen, denen ich mich "in Güte" zuwende, und da kriegt dann das ganze einen Touch von falscher Freundlichkeit und wohlwollender Toleranz. Da kommt der gönnerhafte Hochmut zum Vorschein: "Ich bin ja gütig, ich akzeptiere dich, obwohl du ein fehlerhafter armer kleiner Mensch bist."

Herzenswärme, die ein Mensch aufgrund seiner persönlichen Lebensumstände entwickeln konnte, ist echte Güte. Das spürt sich auch ganz anders an.

herzlich
lilith
 
lilith51 schrieb:
g

Herzenswärme, die ein Mensch aufgrund seiner persönlichen Lebensumstände entwickeln konnte, ist echte Güte. Das spürt sich auch ganz anders an.

herzlich
lilith



Hallo, Lillith!


Ganz toll finde ich Diesen Hinweis von Dir:Das spürt sich auch ganz anders an
Und darauf kommt es wohl wesentlich an: Güte ist durch alle Sinne erfahrbar !

Die Gefühle, die wir bei Überlegungen über die Gerechtigkeit empfangen und senden, sind irgendwie sublimerter - indirekter.

Marianne
 
frei und gütig

Marianne schrieb:
..., dass sie von ungütigen Menschen, von unguten, weil ungerechten Verhältnissen gezwungen werden, ungut zu agieren - und das mit einem Haufen Güte im Bauche.

Liebe Marianne,

Güte ist für mich Geschenk eines Größeren, und seine absolute Freiheit ermöglicht meine Freiheit gütig zu sein, wann und zum wem immer ich will.

Deshalb ist auch das Gedicht von Bertolt Brecht falsch, weil es die Wirklichkeit und Wirksamkeit einer immateriellen dem Menschen zugewandten Transzendenz leugnet und so alles, was von Wert ist, zu Bedingungen der Materie erklärt und sie damit endgültig vernichtet. Es gibt keine Zustände, die gütig sind, auch keine Zustände die frei sind: frei und gütig kann allein der Mensch sein.

gruß
manni
 
mwirthgen schrieb:
Liebe Marianne,

Güte ist für mich Geschenk eines Größeren, und seine absolute Freiheit ermöglicht meine Freiheit gütig zu sein, wann und zum wem immer ich will.

Deshalb ist auch das Gedicht von Bertolt Brecht falsch, weil es die Wirklichkeit und Wirksamkeit einer immateriellen dem Menschen zugewandten Transzendenz leugnet und so alles, was von Wert ist, zu Bedingungen der Materie erklärt und sie damit endgültig vernichtet. Es gibt keine Zustände, die gütig sind, auch keine Zustände die frei sind: frei und gütig kann allein der Mensch sein.

gruß
manni


Liebe manni!

Wir sind wieder auf dem Punkt, auf dem wir schon oft waren.

Wir glauben beide fest an die Güte . Das steht ja wohl außer Frage .
Während aber bei Dir die Möglichkeit der Güte aus Transzendentem herrührt, und daher auch die Freiheit der " Verteilung" von Güte eine rein intersubjetive bleibt, sehe ich Güte als rein menschliche Verhaltenseigenschaft.

Die intersubjektiven Merkmale sind in beiden Ansätzen dieselbe, beide gewähren dem Einzelnen Freiheit in dem Gebrauch von Güte..

Nur: Ich bin mit Brecht der Ansicht, dass jede menschliche Eigenschaft die Wirkung hat, als Allgemeines zu wirken.

Und da könntest Du mir ( und Brecht) doch eher Recht geben, dass es nix nutzt, wenn ich als gütiger Mensch von "Ungütigen" ausgenutzt werde.
Denke an Brechts Drama " Der gute Mensch von Szesuan"
Die Hauptfigur musste, damit sie zu den Armen gut - durchaus in materiellem Sinne als Almosenverteilerin - sein konnte, zu einer kapitalistischen Ausbeuterin werden, um ihre " Güte" finanzieren zu können.
Da ist doch etwas faul an der Chose.
Da muss frau doch dafür sein, dass sich zumindest jeder fragt: Wem nutzt mene Güte?

Und als letztes: Da muss man sich doch fragen, ob es nicht klüger ist, gegen die Güte und für einen gerechte Verteilung aller Ressourcen zu sein.


mit guten Grüßen

Marianne
 
Danke für Eure interessanten Beiträge zu diesem Thema.

Ich muss mwirthgen zustimmen. Zu dem Begriff materiell gibt es ein Gegenstück. Es beinhaltet das Nichtmaterielle, das Ideelle. Diese beiden Begriffe stehen sich gegenüber. Der Begriff der Gerechtigkeit ist auch ein Wert. Werte gehören in den Bereich der Ideen. Sie sind materiell nicht ausgleichbar, weil man nicht sagen kann: Jeder bekommt 20 Euro, das wäre gerecht. Vielleicht ist einer von uns chronisch krank und braucht für seine medizinische Versorgung mehr als 20 Euro. Ist das dann gerecht?

grüsse
Matto
 
Für Marianne

Liebe Marianne,

danke für deine Antwort. Bevor ich darauf eingehen kann, bitte ich dich, mir bei einigen deiner Äußerungen auf die Sprünge zu helfen, damit ich dich nicht missverstehe.
...bei Dir die Möglichkeit der Güte aus Transzendentem
herrührt, und daher auch die Freiheit der " Verteilung" von Güte eine rein
intersubjektive bleibt...
Meinst du hier mit „intersubjektiv“ zwischenmenschlich?
Güte als rein menschliche Verhaltenseigenschaft
Meint „rein menschlichen Verhaltenseigenschaft“ einfach nur ohne eine dem Menschen überlegene Transzendenz? Wie und wodurch entwickelt sie ein Mensch?
Ich bin mit Brecht der Ansicht, dass jede menschliche Eigenschaft
die Wirkung hat, als Allgemeines zu wirken.
Was ist das Allgemeine, das eine „rein menschliche Verhaltenseigenschaft“ bewirkt und wie geschieht dieser Vorgang?

Herzlichst
manni
 
mwirthgen schrieb:
Liebe Marianne,

danke für deine Antwort. Bevor ich darauf eingehen kann, bitte ich dich, mir bei einigen deiner Äußerungen auf die Sprünge zu helfen, damit ich dich nicht missverstehe.
1
Meinst du hier mit „intersubjektiv“ zwischenmenschlich?
2
Meint „rein menschlichen Verhaltenseigenschaft“ einfach nur ohne eine dem Menschen überlegene Transzendenz? Wie und wodurch entwickelt sie ein Mensch?
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Was ist das Allgemeine, das eine „rein menschliche Verhaltenseigenschaft“ bewirkt und wie geschieht dieser Vorgang?

Herzlichst
manni

Na, Liebe Manni,Mann o Mann - Du wirst ja direkt sophistisch *ggrr*

ad1)
Ja das ist das Soziologen/Psychologengewäsch, dessen ich mich geradezu automatisch bediene. intrapersonell oder intersubjektiv im Gegensatz zu interpersonal oder intersubjektiv. Eigentlich auch ein Begriff der Kommunikationswissenschaften.
ad2)
Nie kann ich für mich - außer als rein spekulative aber sicher nicht unmögliche Utopie, dass es außergalaktische Intelligenzen gibt, die uns dann selbstverständlich auch überlegen sein könnten - also: nie kann ich annehmen, dass der Mensch an sich transzendent gerichtet ist. - Du sprichst doch nicht von den Kategorien des Kantschen transzendentalen Ichs ?
Du weißt, dass ich Empirikerin, Positivistin, Materialistin bin und wie sonst noch so die gängigen Etiketten für Nachdenkerinnen wie mich lauten.
Woher soll ich genau wissen, wie und woher sich der Mensch entwickelte? Die einen - Du - glauben an des göttliche Verursacherprinzip, die anderen das, was wissenschaftlich im Augenblick noch verifizierbar ist.
Wissen- das heißt Erscheinungen bis zum infiniten Regress beweisbar zurückführen - können das weder Gläubige noch im Alltagssinne Ungläubige. Wir haben alle nur eine mehr oder gut abgesicherte Meinung zu allem ( doxa).
Nebenbemerkung: das ist im Alltag auch relativ schnuppe: leben und überleben müssen wir alle.
ad 3)
Getreu meine Weltanschauung ist das " Allgemeine", auf das alles zurückgeführt werden kann, was auf unserer Erde geschieht, die Evolution.

Die Frage nach dem Warum der Evolution klammere ich aus. Das ist gutes Recht eines Philosophen, denn es ist, wie es ist. Die Welt der Fakten besteht, sie gilt es zu erforschen. - Und wie wenig wissen wir. -

Ansonsten habe ich sicher oben ausgeführt, dass Fromm - mein Haupt - und Magenphilosoph, der Meinung ist, dass durch die Evolution angelegte Triebe, die auch schon die Primaten haben, vom Menschen mit Leidenschaften gefüllt werden.
So mag - reine Spekulation - der Wille zum Gutsein, den ich genau so sehe wie Du - durchaus in unserem Instinktverhalten angelegt worden sein: als Möglichkeit, in einer Gruppe aggressionsfreier zu leben. Das ist aber jetzt mal so eine Idee, ich kann sie nicht als These eines bestimmten Autors orten.

Mit der Frage nach dem Wie überforderst Du mich. Ich will nicht annehmen, absichtlich, denn dazu kenne ich Dich zu gut.
Aber wie kann ich denn etwas beantworten, was ich expressis verbis nicht weiß. Wissen es doch noch nicht einmal die Neurobiologen genau.

Liebe Grüße

Marianne
 
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Liebe Marianne,

danke, dass du meine Fragen beantwortet hast und mir auf Grund unserer alten Bekanntschaft nicht unterstellst, ich wollte dich absichtlich überfordern. Ich wollte dich lediglich zu etwas mehr herausfordern, damit ich meine Antwort passender abfassen kann und wir nicht in einem platten „meine Meinung – deine Meinung“ stehen bleiben. Denn ich finde, auch wenn wir um unsere jeweils unterschiedlichen Positionen wissen, so enthebt uns dies nicht der Mühe, im Sinne eines gütigen Miteinanders aufeinander zuzugehen.

Ich denke, es ist erst einmal zu unterscheiden zwischen dem sichtbaren gütigen Verhalten und der Güte selbst, die als Ursache dieses Verhaltens anzusehen ist. Sichtbares Verhalten der Güte kann Almosengeben, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Gewogenheit u.a. in weitestem Sinne sein. Auf jeden Fall – da sind wir uns wohl einig – beinhaltet sie eine Bewegung zum Mitmenschen hin, die aus guter Menschlichkeit stammt. Wie aber auch in diesem thread schon zurecht gesagt wurde kann alles, was nach Güte aussieht, auch nur Heuchelei sein, denn es kommt immer darauf an, ob dahinter diese gütige Absicht für den anderen steht oder ob da jemand nur einen guten, bzw. gütigen Eindruck machen will, um sich dadurch einen irgendwie gearteten Vorteil zu verschaffen.

Von daher ergibt sich, dass Güte kein materialistisches bzw. evolutionäres Prinzip sein kann und folglich auch nicht von dort her zu beeinflussen ist. Die Güte eines Menschen lässt sich nur durch den Blick in das Innere feststellen. Damit bleibt mir ein sicheres Wissen über die Güte eines anderen – auch wieder aus Gründen der Transzendenz - grundsätzlich verwehrt. Das eigene Innere ist unsichtbar, ungreifbar und untastbar für die Sinne und ist daher transzendent gegenüber dem, was wir mit den Sinnen wahrnehmen. Über diese Transzendenz verfügt jeder Mensch. Jeder Gedanke, Marianne, den du in Worte fasst, ist unsichtbar und immateriell. Umgekehrt gilt natürlich auch: Vom Standpunkt des eigenen Inneren aus betrachtet, ist das sinnlich Wahrnehmbare transzendent. So viel zu deiner Frage, ob der Mensch transzendent gerichtet ist. Wie sich zeigt ist er sogar auf verschiedene Transzendenzen gerichtet.

Güte kann meines Erachtens weder Brecht in seinem „guten Menschen“ deutlich machen, noch die Evolution. Es ist mir auch trotz deiner Antwort nicht nachvollziehbar, wie Güte - die ja nach deiner eigenen Meinung etwas ganz unbeständiges ist - evolutionär etwas Allgemeines - und damit verbindet sich doch die Vorstellung von etwas Dauerhaftem oder nicht? - ausbilden soll.

Brecht als Poet und Literat könnte dank der ihm innewohnenden unsichtbaren Kreativität mit der unsichtbaren und damit allem sichtbaren gegenüber transzendenten Gestalt der Güte eigentlich vertraut sein. Ich frage mich, warum er es nicht ist.

Was nützt Güte? Ich denke, wenn wir davon ausgehen, dass Güte aus dem Gutsein eines Menschen erwächst, dann kann Güte eines Menschen, das Gutsein eines anderen fördern.

Mit freundlichen Grüßen
manni
 
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