AW: Grundsätzliche politische Fragen
Das ist kein Trick, Muzmuz, ich habe die Frage nicht beantwortet, weil sie suggestiv war und mich vorführen sollte. Und weil die Antwort völlig klar war: keiner. Der ganze Vergleich dient nur dazu, mich in die Enge zutreiben, in die nämlich, in der du mich haben willst, in die der irrigen Verschwörungstheoretiker. Du führst eine so unehrliche, zielgerichtete Diskussion, dass mir graußt. Ich vermute einmal, dass ich noch vor 20 Jahren näher an deiner Sichtweise gewesen wäre.
Hier sollten wir differenzieren. Chef ist nicht gleich Chef. Ein selbständiger Unternehmer kann nach eigener Wahl führen, er kann auf Verständnis und Motivation setzen, was nur bei vorhandener, echter Autorität funktionieren kann, oder er kann beherrschen. Charakterschwachen bleibt keine andere Variante, weshalb sie heute, auch systembedingt, die Regel ist. Je größer das Unternehmen ist, desto schlimmer wird es. Ein Arzt oder Kleinunternehmer tut gut daran, die erste Variante zu wählen, er kann sich seine Mitarbeiter aussuchen und auch halten, indem er sie gut leitet. Je größer die Firma wird, je größer die Hierarchie, desto größere Seilschaften bilden sich aus, die den Rest unterdrücken. Und innerhalb dieser gilt das von mir beschriebene, widerliche Prinzip Buckeln-Stützen-Treten. Alle anderen müssen einfach nur funktionieren. Ich habe oft genug erlebt, wie gute Leute hinausgemobbt wurden, während die Seilschaftler immer blieben. In fast 40 Jahren habe ich insgesamt 7 Herren gedient. 2 davon waren vom Typ 1, sie hatten meine Achtung. Die restlichen 5 waren vom anderen Format, das sich inzwischen noch mehr durchgesetzt hat, einfach des mörderischen Überlebenskampfes wegen.
Der Trainer einer Mannschaft ist besonders wichtig. Von ihm hängt der Erfolg in besonderem Maße ab. Er dient aber auch oft als Sündenbock, um vom Versagen des Vorstandsklüngels abzulenken. Und das Volk auszutauschen, auf diese Idee ist früher auch noch niemand gekommen.
nein, ich bin völlig frei von dem Neid, den du mir nun hier unterstellen willst. Ich bin voll zufrieden mit den 800€ Rente, die ich beziehe. Mehr noch, ich bin sogar dankbar dafür. 
hier denke ich, dass du diesen Begriff falsch interpretierst. Vielleicht kann ja mal sonst wer was dazu sagen?
Versuchen wir es einmal anders. Jeder von uns hat seine Vorstellung davon, wie unsere menschliche Gesellschaft funktioniert. Du hast deine, ich habe meine. Beide sind subjektiv, ohne jeden Zweifel, und absolut betrachtet niemals voll zutreffend. Sie entsprechen mehr oder weniger den Tatsachen. Hinzu kommt, dass du in einem anderen Land lebst, also anders geprägt wurdest, als ich. Zunächst habe ich all das geglaubt, was mir vorgegeben wurde, wie alle. Dann kamen mir Zweifel. Zu einem Zeitpunkt, als noch keine öffentlichen Diskussionen darüber geführt wurden und wir noch nicht in einem mühsam organisierten Chaos lebten. Dann kam der Zusammenbruch des Ostblocks. Und seit dem geht alles schief. Uns hier kommt dabei eine besondere Rolle zu. Durch unser Land verlief die Trennungslinie der Blöcke, die formal aufgehoben ist, aber dennoch weiter wirkt, und das offenbar nicht positiv, sondern eher zersetzend.
Ich möchte jetzt nicht die Ost/West-Probleme innerhalb unserer Regierung betrachten, das wäre ein eigenes Thema. Ich möchte woanders ansetzen: bei der Gründung unserer Staaten. Die Alt BRD, die Bonner Republik, in der ich aufwuchs, in der gute Bedingungen herrschte, wurde unter dem Diktat der Siegermächte konfiguriert, die es zum Blühen bringen wollten, was auch gelang. Wir erlebten in einer gesunden Mischung aus Kapitalismus und Sozialismus vermutlich die beste Zeit, der letzten Jahrhunderte, vermutlich die beste Periode unseres Kulturkreises überhaupt. Wir konnten mehrheitlich gut leben. Auch demokratische Strukturen wurden sehr ernst genommen.
Die DDR wurde hingegen von Anfang an als Scheindemokratie aufgezogen, es ist belegt, dass Walter Ulbricht gesagt hat: "Es muss demokratisch aussehen, aber die Fäden müssen in unserer Hand bleiben", was sie dann mit der Errichtung der Mauer und der Stasi konsequent umgesetzt haben. All das ist heute bekannt. Auch die Gehirnwäsche, der bereits die Kleinsten ausgesetzt wurden. Bei uns war politische Beeinflussung in Bildungseinrichtungen verboten. Politisch bohrte die FDP allein, aber nur teilweise effektiv in die heutige Richtung. Die sog. Volksparteien nutzten sie als Mehrheitsbeschaffer, verhinderten aber erfolgreich die konsequente Umsetzung neoliberaler Ziele, die schon damals von Netzwerken der Hochfinanz ersonnen und vorgegeben wurden. Nach der Wende brachen diesbezüglich die Dämme, denn mit dem Argument, dass Kommunismus und Sozialismus Mist seien und allein der Kapitalismus gut, ließen viele Politiker ihre Vorbehalte fallen und setzten die Wünche um. Seitdem geriet alles aus den Fugen. Der zentrale Beweis dafür ist, dass inzwischen die Preise unaufhaltsam steigen, die Löhne sich aber noch heute auf dem damaligen Niveau befinden und so die Bevölkerung bei ständig steigendem, auf sie wirkenden Druck, immer mehr in die Zange genommen wird. Und sie hat keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Sie muss es hinnehmen, bis zum bitteren Ende. Allein ein gewaltsamer Aufstand könnte dem Einhalt gebieten, allerdings mit ungewissem Ausgang. An der Zerschlagung der bestehenden Strukturen kann auch nicht wirklich jemand gelegen sein, wohl aber an einem Paradigmenwechsel. Nur der wird mit allen Mitteln blockiert, des Machterhalts der Mächtigen wegen. Und so tarnen und täuschen sie weiter, obwohl ihnen inzwischen fast niemand mehr glaubt. Das ist in der Tat merkwürdig. Und gewählt werden sie immer wieder nur mangels echter Alternativen, deren Entstehung sie auch mit viel Energie entgegen gewirken.
Der heutige Weg führt zielsicher in Rezession, Chaos, Terror, innere und äußere Kriege. Das ist es, was mich nicht ruhen lässt. Dass meine Rente real und auch nominal weiter sinken wird, beunruhigt mich nicht. Darauf bin ich eingestellt und vorbereitet. Wir haben persönlich alles richtig gemacht. Du hingegen machst dich zum Anwalt des gegenwärtigen Systems, offenbar ohne zu begreifen, wohin es führt.