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Ist verständlich, obwohl ich selbst mehrere Jahre Latein hatte, hab ich mir nie überlegt, wo das Wort "Person" seinen Stamm her hat.

Die Idee Gottes als einer echten Person, also eines Vaters mit durch und durch menschlichen Zügen taucht in der Bibel v.a. im AT ständig wieder auf. In der Schilderung des Paradieses schreitet Gott noch höchstpersönlich durch den Garten (vielleicht wäre da die altgriechische oder hebräische Version aufschlussreicher, die Sprachen beherrsche ich allerdings nicht). Diesem Gott werden auch ganz viele typisch menschliche Charaktereigenschaften zugerechnet, etwa wenn Gott zornig wird. In den jüngeren Schriften wird Gott interessanterweise dann immer "unpersönlicher", "allgemeiner", irgendwie "ferner" oder "jenseitiger". Im NT greift Gott kaum oder gar nicht mehr direkt ins Geschehen des Menschen ein. Für viele Menschen (bei uns in Westeuropa) gilt, dass heute Gott nicht mehr die Liebe als Charaktereigenschaft bei sich hat, sondern es geht in meinen Augen die allgemeine Auffassung tendentiell dahin, ihn als ein Prinzip, eine Kraft oder so ähnlich anzusehen, welches beispielsweise der Liebe gleichgesetzt ist.

Damit hat sich das Verständnis, wie Gott "auszusehen" hat über die Zeit verändert. Ich deute das aus dem Blickwinkel des sich entwickelnden Menschen. Dessen Religionsverständnis ändert sich nach und nach mit der Art und Weise, wie er sich selbst und die Welt i.a. sieht. In diesem Sinne hat die Aufklärung einen bedeutenden Beitrag geleistet - sie hat Gott (als Person) getötet.


In Moskau wurde übrigens in den 1990ern (!) eine Kirche fertiggestellt, in welcher man tatsächlich den Schöpfer höchstpersönlich in der Kuppel als älteren Herrn mit weissem, wallenden Bart darstellte (trotz der Forderung, sich kein Bild zu machen) - zur Verteidigung kann man sagen, dass die Kirche eins zu eins wiederaufgebaut wurde nach einem durch Stalin zerstörten Vorbild einer älteren Kirche. Ich glaube nicht, dass heute noch das Verständnis Gottes dasselbe ist, wie vor ein paar hundert Jahren. Ohne das nun irgendwie belegen zu können, vermute ich dennoch, dass zur Zeit des Mittelalters der einfache Mensch, also der im Gegensatz zu den Mönchen nicht in der Disziplin des Lesens und Schreibes ausgebildete Mensch, sich Gott als eine Art menschliche Person vorstellte. Auch die Hölle und den Himmel stellte man sich ja als tatsächlichen Ort vor, in welchem man entsprechend Höllenqualen oder ewige Freuden zu erdulden hat, und dies nun tatsächlich nicht irgendwie in einem übertragenen Sinne, sondern ganz real mit Schwefel und Feuer.


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