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AW: Georg Wilhelm Friedrich  Hegel




Noch was für die Zunge:


Safranski, Schiller oder die Erfindung des Deutschen Idealismus

Prolog 

Nach Schillers Tod am 9. Mai 1805 wurde die Leiche obduziert. Man fand die Lunge »brandig, breiartig und ganz desorganisiert«, das Herz »ohne Muskelsubstanz«, die Gallenblase und die Milz unnatürlich vergrößert, die Nieren »in ihrer Substanz aufgelöst und völlig verwachsen«. Doktor Huschke, der Leibmedicus des Weimarer Herzogs, fügte dem Obduktionsbefund den lapidaren Satz hinzu: »Bei diesen Umständen muß man sich wundern, wie der arme Mann so lange hat leben können«. Hatte nicht Schiller selbst davon gesprochen, daß es der Geist sei, der sich seinen Körper baut? Ihm war das offenbar gelungen. Sein schöpferischer Enthusiasmus hielt ihn am Leben über das Verfallsdatum des Körpers hinaus. Heinrich Voß, Schillers Sterbebegleiter, notierte: »Nur bei seinem unendlichen Geiste wird es erklärbar, wie er so lange leben konnte«. 

Aus dem Obduktionsbefund läßt sich die erste Definition von Schillers Idealismus ablesen: Idealismus ist, wenn man mit der Kraft der Begeisterung länger lebt, als es der Körper erlaubt. Es ist der Triumph eines erleuchteten, eines hellen Willens. 

Bei Schiller war der Wille das Organ der Freiheit. Die Frage, ob es einen freien Willen geben könne, beantwortete er eindeutig: Wie sollte er nicht frei sein dieser Wille, da jeder Augenblick einen Horizont von ergreifbaren Möglichkeiten eröffnet. Man hat zwar stets begrenzte, aber unerschöpfliche Möglichkeiten vor sich. Insofern ist Freiheit offene Zeit. 

Doch es geht nicht nur um die Wahl zwischen Möglichkeiten, noch entscheidender ist der schöpferische Aspekt der Freiheit. Man kann auf Dinge, Menschen und auf sich selbst einwirken nach Maßgabe von Ideen, Absichten, Konzepten. Die schöpferische Freiheit bringt etwas in die Welt, das es ohne sie nicht geben würde, sie ist immer auch eine creatio ex nihilo. Sie ist auch die Kraft der Vernichtung, ebenso kann sie den üblen Wirkungen widerstehen, zum Beispiel den Schmerzattacken des Körpers. Schiller hatte ein kombattantes Verhältnis zur Natur, auch der eigenen. Der Körper ist dein Attentäter! Darum erklärte Schiller, daß wir unsern physischen Zustand, der durch die Natur bestimmt werden kann, gar nicht zu unserm Selbst rechnen, sondern als etwas Auswärtiges und Fremdes (V; 502) zu betrachten hätten.


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