Was die moderne Anthropologie betrifft: Das ist doch ohnehin schon wieder überholt.
Der Homo Sapiens gehört zur Gattung Homo - und zu der gehören auch eine Reihe unserer ausgestorbenen Verwandten und Vorfahren.
Und?
Was ist daran nicht zu akzeptieren?
Gerade der Rationalismus der jüngeren Anthropologie und ihrem sehr viel breiter gestreutem wissenschaftlichen Erkenntnisprozess hat gleich eine ganze Reihe einst so gesicherter, "in Stein gemeisselter" Erkenntnisse über die Herkunft und die Geschichte des Homo Sapiens nicht nur ins Wanken gebracht, sondern widerlegt.
Insbesondere durch die Erkenntnisse der archäologischen Genetik ließ sich zeigen, dass der Weg zum heutigen Homo Sapiens nicht einem Baum gleicht, sondern vielmehr einem Busch (und noch dazu einem ziemlich verwachsenen) - mit dem Homo Sapiens als schließlich der einzigen Art, die übrig blieb.
Die - nicht mehr zu ignorierenden - Erkenntnisse der Genetik haben, im Übrigen auch zum Unmut nicht weniger der klassischen Knochensammler und -interpreter unter den Anthropologen, vielmehr offenbart, dass der heutige Homo Sapiens eine bunte Mischung von derzeit fünf Arten der Gattung Homo ist (und das auch noch davon abhängig, wo man geboren wurde): Neanderthaler, Denisova-Mensch, archaischer Homo Sapiens, Homo Florensis und einer Art, von der keine archäologischen Funde existieren (die sich aber im Genpool einer isolierten afrikanischen Population finden lässt).
Und die haben sich dann zeitweise auch noch untereinander lustig gemischt und sind über weite Strecken gewandert ... und manchmal haben sie vorhandene Populationen abgelöst, ohne sich zu mischen.
Das finde ich spannend, denn es widerspricht dem Bild einer sich beständig weiter entwickelnden, ortstreuen "Krone der Schöpfung" - was keineswegs bedeutet, es fände keine evolutionäre Entwicklung statt. Nur ist sie eben nicht so zielgerichtet, wie sie uns frühere Grafiken einreden wollten, sondern vielmehr bedingungsabhängig, äußeren wie inneren Einflüssen und auch Zufällen unterworfen.
Selbst für die historische Geschichte kann die Genetik ein zumindest ergänzendes Bild liefern. Die Römer beherrschten England rund 400 Jahre, die Dänen später im Mittelalter 150 Jahre. Im Genpool der heutigen Engländer hinterließen sie aber keine Spuren, warum nicht? Es kann eigentlich nur einen Grund dafür geben: Man war zwar die Herrscherkaste, blieb aber unter sich.
Eine Aussage, die man mit den Methoden der klassischen Geschichtswissenschaft so nie erzielen könnte, das finde ich ziemlich spannend.